Die Lokführer streiken, zum dritten Mal schon. Doch an den Bahnhöfen in der Region Stuttgart bricht deshalb kein Chaos aus. Woran liegt das? Haben Reisende und die Bahn dazu gelernt?

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Region Stuttgart - Von einem Chaos kann man am Donnerstag in der Region Stuttgart nirgendwo sprechen: weder am Stuttgarter Hauptbahnhof noch in Stuttgart-Vaihingen noch in Waiblingen. Trotz des dritten Lokführerstreiks in Folge und der vielen ausgefallenen Züge bleibt es am ersten Streiktag, dem Donnerstag, recht ruhig an den Bahnhöfen.

 

Züge sind etwas voller als bei vorigen Streiks

„Die Kunden sind immer besser informiert“, sagt Nikolaus Hebding, Bahnhofsmanager in Stuttgart. „Jeder hat ein Smartphone, wo er in Apps oder in Medienberichten nachschauen kann, welcher Zug fährt.“ Im Jahr 2015, als ebenfalls gestreikt wurde, sei dies noch ganz anders gewesen, erinnert er sich.

Nikolaus Hebding war am Donnerstagmorgen sowohl am Stuttgarter Hauptbahnhof als auch in Waiblingen unterwegs. „Mir ist aufgefallen, dass es in den S-Bahnen und Zügen, die fahren, etwas voller ist als bei den zwei vorangegangenen Streiks“, sagt er. Offenbar wüssten inzwischen viele, wie der Ersatzfahrplan funktioniere. Manches habe auch die Bahn optimiert, etwa die Kommunikation: So würden nicht mehr all jene Züge angezeigt, die ausfallen, sondern nur jene, die tatsächlich auch fahren.

Beim letzten Streik wurden Hotel- und Taxigutscheine verteilt

Auch wenn manche Fahrgäste durchaus verärgert über den erneuten Streik sind, nimmt der Bahnhofsmanager die Stimmung als recht entspannt wahr. „Mich erinnert die Situation ganz stark an die anderthalb Jahre Corona, als wirklich nur die unterwegs waren, die es mussten“, sagt Nikolaus Hebding.

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Er führt die entspannte Atmosphäre auch auf Maßnahmen der Bahn zurück: So seien am Donnerstag zusätzlich zum normalen Personal auch die Azubis der Bahn präsent gewesen und hätten Fragen von Reisenden beantwortet. Außerdem würden viele zum Informationsschalter kommen und sich dort erkundigen, wie sie an ihr Ziel kommen. Überrascht vom Streik seien vor allem Reisende gewesen, die vom Flughafen und aus dem Ausland kämen, weiß Hebding. Beim vergangenen Streik hätte die Bahn am Stuttgarter Hauptbahnhof deshalb an einem Abend rund 20 Hotel- und Taxigutscheine verteilt.

Dass kein Wasen ist und noch Ferien sind, ist hilfreich

Der Streik der Lokführer soll noch bis Montag, 6. September, andauern. „Ich rechne auch am Wochenende mit keinem Chaos“, sagt Hebding. Durch die Ferien und weil keine Großveranstaltungen wie der Cannstatter Wasen oder Ähnliches anstünden, sei sowieso weniger los. „Und ich gehe davon aus, dass am Wochenende die Leute noch besser informiert sind, weil der Streik dann schon etwas andauert.“

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Bei den vergangenen zwei Streiks hätten sie festgestellt, dass jeweils am Tag vor und am Tag nach einem Streik deutlich mehr Reisende unterwegs seien. An den Streiktagen selbst scheinen sich viele andere Möglichkeiten der Fortbewegung zu suchen. Das sieht man auch an den mobilitätseingeschränkten Personen, die am Stuttgarter Hauptbahnhof eine Umstiegshilfe anmelden. Vor der Pandemie seien dies bis zu 100 Umstiegshilfen pro Tag gewesen, vor dem Streik waren es rund 50. Am Donnerstag hatten nur drei Personen eine Umstiegshilfe angemeldet.

So fahren die Bahnen während des Streiks

Während des fünftägigen Streiks ist laut VVS geplant, dass die S-Bahnen im Stundentakt fahren, nicht aber die Baustellenlinien. Bahnen, die von Privatunternehmen betrieben werden, sind nicht von dem Streik betroffen – etwa die Schönbuchbahn zwischen Böblingen und Dettenhausen (Kreis Tübingen), die zur Württembergischen Eisenbahngesellschaft (WEG) gehört. Die Busse des Schienenersatzverkehrs zwischen dem Stuttgarter Hauptbahnhof und Vaihingen sollen planmäßig fahren. Diese ersetzen die gesperrte S-Bahn auf der Strecke der S 1.

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