Die Züge auf der wichtigen Nord-Süd-Achse sollen einmal Rastatt in zwei Röhren unterfahren. Nach der Havarie im August 2017 steht die Baustelle noch immer still. Doch das soll sich ändern – wobei die Kosten nach oben schnellen dürften.

Rastatt - Die Deutsche Bahn will den Bau der beiden wichtigen Tunnelröhren der Rheintalbahn bei Rastatt im kommenden Jahr fortführen. Das hat das Unternehmen am Mittwoch im Rahmen einer Besichtigung angekündigt. Die Arbeiten an der zweigleisigen, ursprünglich auf Kosten von rund 700 Millionen Euro kalkulierten Unterfahrung der Stadt Rastatt sind seit der Havarie an der für den Transitverkehr bedeutsamen Nord-Süd-Achse am 12. August 2017 unterbrochen. Geplant ist, dass im Jahr 2025 die ersten Züge über die ausgebaute Strecke fahren können – das wäre drei Jahre später als einstmals vorgesehen. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge? Zwei Jahre nach dem Unglück auf der Baustelle, als Wasser und Erde in eine der fast fertig gestellten Röhren eindrangen, will die Bahn verbleibende letzte Meter der Tunnelröhren an der Neubaustrecke der Rheintalbahn bei Rastatt nun von Anfang nächsten Jahres an weiterbauen. Begonnen werden soll zunächst mit der unbeschädigten Weströhre, erst ein Jahr später wird die östlich gelegene Röhre – die 2017 in Teilen mit Beton ausgegossen wurde – angegangen. Die einst rund 18 Millionen Euro teure Tunnelvortriebsmaschine steckt weiter fest und ist nicht mehr verwendbar; die zweite Maschine in der Weströhre ist seit 2017 „geparkt“. Die beiden rund vier Kilometer langen Röhren waren, zum Zeitpunkt des Unfalls, zu 98 Prozent im Rohbau fertig gestellt.

 

Wie laufen die Arbeiten an der Havariestelle weiter? Anders als zuvor angekündigt, wird die zirka 80 Meter lange Bohrmaschine nun in offener Bauweise gehoben. Von 2020 an sollen aber zunächst die noch fehlenden 200 Meter der nicht beschädigten Weströhre fertiggestellt werden, sagt die Bahn. Danach werden auf einem Abschnitt von 700 Metern die bestehenden oberirdischen Gleise zeitweilig weiter nach Westen verschwenkt, um von 2021 an die Oströhre in offener Bauweise zu sanieren. Auf dem durch die Verschwenkung frei werdenden Baufeld werden zwei Wohnhäuser abgerissen, und es entsteht eine bis zu 17 Meter tiefe Baugrube. Die Häuser hat die Bahn bereits gekauft. Man habe sich, sagt Edgar Schömig, Vorstand der Züblin AG, bei einer sorgsamen Abwägung der Varianten „gegen eine bergmännische Hebung entschieden“. Wie wirkt sich das auf die Kosten des Gesamtprojekts aus? Rastatt soll künftig mit einem zweiröhrigen Tunnel in der Länge von 4270 Metern unterfahren werden. Bei der Planfeststellung 2012 war von Gesamtkosten von rund 700 Millionen Euro ausgegangen worden. Diese werden sich infolge der Havarie und der Sanierung absehbar erhöhen. Dirk Rompf, Vorstand Infrastruktur-Großprojekte DB Netz, wollte sich im Blick auf konkrete Mehrkosten am Mittwoch aber nicht festlegen. Was war im August 2017 passiert? Am 12. August 2017, einem Samstag, drangen unter der bestehenden Bahnstrecke bei dem Rastatter Stadtteil Niederbühl Wasser, Sand und Kies in den bereits gebohrten Tunnel ein. Eine neue „Vereisungsmethode“ zur Stabilisierung des Untergrunds hatte nicht funktioniert: die Gleise sackten ab, die Strecke blieb sieben Wochen lang gesperrt. Bauarbeiter pumpten später auf einem circa 150 Meter langen Abschnitt rund 10 000 Kubikmeter Beton in den beschädigten Tunnelabschnitt. Auf einer 275 Meter langen Betonplatte über der Baustelle liegen jetzt die zwei Gleise der Bahnstrecke. Wer kommt für den Schaden auf? Bahn und Baufirmen befinden sich in einem Schlichtungsverfahren. Laut dem DB-Vorstand Rompf hat es bisher zehn Workshops gegeben. Die Schlichtung solle „eine schnelle partnerschaftliche Aufklärung der Schadensursachen“ ermöglichen, sagt er. Auch geht es um die Kostenaufteilung. Bis Sommer 2020 solle eine Einigung per Schlichtungsspruch folgen.