Wie funktioniert der Zugfunk und wie das Notrufsystem? Und wie gefährlich können Funklöcher werden? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Wie funktioniert der Zugfunk?

 

Das Streckennetz der Deutschen Bahn wurde nach der Jahrtausendwende zum großen Teil mit dem digitalen Zugfunk GSM-R ausgestattet. GSM steht für Global System für Mobile Communication. Auf diesem weltweiten Funkstandard basieren viele hundert Mobilfunknetze und auch die deutschen D- und E-Netze, die jeder für Handygespräche nutzt.

Der Zugfunk wurde für die speziellen Bedürfnisse im Bahnverkehr angepasst. Dafür steht bei GSM-R der Buchstabe R (Rail). Besonders wichtig: die schnelle und sichere Kommunikation zwischen dem Fahrdienstleister im Stellwerk und den Lokführern in den Zügen. Die Lokführer fahren zwar streng nach den Signalen entlang der Strecken. Doch im Notfall und bei Störungen soll der sofortige persönliche Kontakt möglich sein, um Unfälle zu verhindern.

Wie funktioniert das Notrufsystem?

Das GSM-R-Netz ermöglicht blitzschnelle Not-Rundrufe an alle Lokführer, mit denen Züge sofort gestoppt werden können. Dazu drückt der Fahrdienstleiter im Stellwerk dauerhaft die Notruftaste. Alle anderen Gespräche werden dann unterdrückt, der Notruf hat absoluten Vorrang und erreicht alle Lokführer gleichzeitig per Sammelruf mit höchster Priorität.

Die Lokführer hören dann zunächst einen wechselnden Hochton über Lautsprecher im Führerstand und wissen, dass Gefahr droht. Schon jetzt sind sie verpflichtet, abzubremsen und nur noch sehr langsam zu fahren. Folgt die mündliche Durchsage des Fahrdienstleiters, müssen alle Züge in der Regel sofort gestoppt werden.

Warum sind Funklöcher gefährlich?

Mobilfunk kann gestört sein und ganz ausfallen. Das weiß jeder Handybesitzer und jeder WLAN-Nutzer. Ursachen können zu geringe Sendeleistung, ungünstige Empfangslagen, Lücken im Netz, aber auch häufig Störungen durch andere Sendeanlagen und Funknetze sein. Für private Nutzer sind Empfangslöcher meist nur ärgerlich, beim Zugfunk aber können sie lebensgefährlich sein.

Denn in den vielen hundert Funklöchern entlang deutscher Bahnstrecken funktioniert dann auch der Notruf nicht. Im schlimmsten Fall können Lokführer also nur mit Verzögerung vor drohenden Kollisionen und anderen Gefahren gewarnt werden. Dann kann es aber bereits zu spät sein. Es gibt daher Experten, die generell davor waren, den störanfälligen Digitalfunk als Notrufsystem einzusetzen.

Im Luftverkehr wird auch aus diesen Gründen noch immer der analoge Funk genutzt, der zwar rauscht und abgehört werden kann, aber nicht so leicht abbricht. Im Schienenverkehr versuchen die DB Netze und das EBA, die Risiken durch einen „Regelprozess“ zu minimieren. Dazu werden den Angaben zufolge halbjährliche Messfahrten durchgeführt, die Funklöcher erfasst und in Mängellisten für die Lokführer laufend dokumentiert.

Die Lokführer können in Funklöchern umständlich auf ein öffentliches Ersatznetz umschalten, wenn sie das Stellwerk kontaktieren wollen. Der Fahrdienstleiter allerdings kann die Lokführer in Funklöchern generell nicht per Notrufsystem erreichen. Der Notruf geht dann ins Leere - mit im schlimmsten Fall tödlichen Folgen.