Der Eckensee als Bühne: Ein tanzender Weltstar überm Wasser ist ein Hit im Netz. Viele denken, das Foto sei montiert. Doch es ist echt. Friedemann Vogel vom Stuttgarter Ballett verrät, wie diese herausragende Aufnahme entstanden ist.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - So hat man den Schwanensee noch nie gesehen. Ist’s ein verwunschener Schwanenprinz, der scheinbar ohne Kleidung aus dem Wasser springt?

 

Bis in den letzten Muskel ist der Tänzer durchtrainiert, der eine hautfarbene Balletthose trägt. Sonst erfreut Friedemann Vogel , momentan der einzige Stuttgarter in der Compagnie des Stuttgarter Balletts, im Opernhaus sein Publikum. Nun hat der 39-Jährige es verlassen, um davor im Eckensee zu tanzen. Wassertropfen spritzen von seinen Beinen.

Das Foto, das in den sozialen Medien für große Begeisterung sorgt, ist kein Statement für eine Interimsoper im Eckensee, die einige Planer unweit des sanierungsbedürftigen Kulturdenkmals in eine der wenigen Wasserflächen der City bauen wollten. Der park- und klimazerstörende Vorschlag ist längst vom Tisch. Mit diesem großartigen Foto unterstreicht der Erste Solist, der 2015 zum Kammertänzer ernannt wurde und auf den großen Bühnen der Welt auftritt, seine Heimatliebe.

Nach 20 Jahren fühlt sich seine Arbeit „noch immer frisch“ an

Der Fotograf ist selbst Tänzer. Der in Bratislava geborene Roman Novitzky, seit 2009 beim Stuttgarter Ballett, seit 2015 als Erster Solist, hat die Fotoserie in einem freien Shooting aufgenommen. Der Slowake, der auch als Choreograf gefeiert wird, ist einer der offiziellen Ballettfotografen. „Wir haben das Foto am letzten einigermaßen warmen Tag im Oktober gemacht“, verrät Friedemann Vogel unserer Zeitung. Dafür wurde eine Plattform in den Eckensee getaucht, auf der der international gefragte Erste Solist steht und tanzt. Viele denken, man habe mit Fotoshop gearbeitet. „Nix da“, sagt Thomas Lempertz, Vogels Lebensgefährte, der mithalf, damit die ganz besondere Aufnahme entstehen konnte.

Im Theatermagazin „Reihe 5“ ist das Foto zum ersten Mal erschienen, um das 20-Jahr-Jubiläum von Friedemann Vogel beim Stuttgarter Ballett zu würdigen.

Nach 20 Jahren Stuttgart fühlt sich die Arbeit des Startänzers „noch immer ganz frisch und neu an“, wie er uns sagt. Dies liege vielleicht daran, „dass ich auch sehr viel an anderen Theatern tanze und für mich nie eine Routine aufkommt“.

„Ich bin ein Mensch, der den Moment lebt“

Was für ihn die Höhepunkte in 20 Jahren sind? Seine Antwort: „Ich bin ein Mensch, der den Moment lebt und in die Zukunft blickt, nicht so sehr zurück. Doch wenn ich meinen Lebenslauf sehe, bin ich immer ganz erstaunt, wie viele Höhepunkte in 20 Jahren entstanden sind. Da ich in Stuttgart geboren bin, war ich als Kind schon oft im Ballett und immer fasziniert von Onegin. Als ich vor ein paar Jahren mein Rollendebüt als Onegin in Stuttgart hatte, war dies sicherlich einer der Höhepunkte.“

Wo er sich in 20 Jahren sieht? „Ich werde dem Tanz immer treu bleiben, das ist, was ich liebe und bin“, antwortet Vogel. Gern möchte er in 20 Jahren seine Erfahrungen und sein Wissen weitergeben, seine Ideen und seine Visionen für den Tanz weiterhin verwirklichen. „In welcher Rolle wird sich ergeben“, sagt er, „offen für Neues bin ich immer.“

Über Wasser kann er vielleicht auch in 20 Jahren noch nicht gehen. Aber tanzen! Wie das möglich ist? Friedemann Vogel ist Teil eines Wunders, Teil des Stuttgarter Ballettwunders.