In der Diskussion um die Ausstattung des Neubaus für die John-Cranko-Schule lohnt ein Blick nach Hamburg, Dresden und Berlin. Der zeigt: anderswo sind die Tanzschulen gut ausgestattet.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Wenn es um professionelle Tanzausbildung in Deutschland geht, zählen vor allem die „Big Five“, die fünf großen Schulen mit internationalem Ruf: die John-Cranko-Schule in Stuttgart, die Schule des Hamburger Balletts, die Ballett-Akademie in München, die Staatliche Ballettschule in Berlin und die Palucca-Hochschule für Tanz in Dresden. Alle fünf Einrichtungen bilden Kinder vom Grundschulalter an aus, je nach Interesse und körperlicher Entwicklung bis zum Studienabschluss im Alter von Anfang 20 Jahren. Außer in München gibt es in allen Einrichtungen auch ein eigenes Internat.

 

Kurze Wege in Hamburg

Den kürzesten Weg zu seinen Schülern hat in Hamburg der Ballettintendant John Neumeier: Die gesamte Kompanie ist im Stadtteil Hamm in einem wunderschön restaurierten alten Schulkomplex aus dem Jahr 1929 untergebracht. Das große Ballett, die Schule und das Bundesjugendballett nutzen gemeinsam neun Ballettsäle, eine große Probenbühne im Maßstab eins zu eins zur Hamburgischen Staatsoper sowie gut ausgestattete Massage- und Krafttrainingsräume. Die Physiotherapeutin des Balletts steht an einem Wochentag exklusiv dem Nachwuchs zur Verfügung. Das Hamburger Internat verfügt über 34 Plätze in Zwei- und Vierbettzimmern.

Die Palucca-Hochschule für Tanz in Dresden trägt den Namen der Tanzpädagogin Gret Palucca. Heute lernen rund 200 Schüler dort; bereits mit zwölf Jahren sind sie immatrikuliert und damit die jüngsten Studenten Deutschlands. Moderner und klassischer Tanz sowie Improvisation sind in der Ausbildung gleichberechtigt. Auf dem Campus am Großen Garten finden sich ein sorgfältig restaurierter DDR-Bau aus den 50er Jahren, schöne alte Villen und ein gläserner Neubau von 2007.

Zwölf Tanzsäle in Dresden

Das Internat bietet 75 Plätze; die Zimmer sind zu zweit belegt und verfügen alle über eine eigene Nasszelle. Ebenfalls auf dem Campus: eine eigenständige physiotherapeutische Praxis; „wir haben schließlich Verantwortung für junge Menschen in ihrer Entwicklungszeit“, meint dazu der Pressesprecher. Mehrere Massage- und Krafttrainingsräume stehen bereit, inklusive, so der Sprecher, einer „Unterwasser-Druckstrahlmassage“ für therapeutische Anwendungen.

Gut vernetzt ist die Paluccaschule inzwischen mit der Semperoper und der Kulturzentrum Hellerau; an beiden Orten sind die Studenten mit eigenen Aufführungen präsent. Auf dem Campus selbst stehen zwölf Tanzsäle zur Verfügung. Zwei davon können verbunden und mit einer Bühne versehen werden; dann sind eigene kleine Studiovorstellungen für maximal 200 Zuschauer möglich.

Rotstift beim Neubau in Berlin

Noch ganz frisch ist der Neubau der Staatlichen Ballettschule im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Etwa 300 Schüler sind dort eingeschrieben – zu zwei Dritteln im Ausbildungsgang Bühnentanz, zu einem Drittel in der Artistik; diese Bündelung ist eine Berliner Besonderheit. 74 angehende Tänzer und Artisten sind im Internat untergebracht, in Zweibettzimmern mit je eigener Nasszelle. Eine fest angestellte Fachärztin, zwei Physiotherapeutinnen und eine Ernährungsberaterin gehören zum Team. „Man glaubt ja gar nicht, was man in diesem Alter und bei unseren Anforderungen allein beim Essen alles falsch machen kann“, erläutert dies die Internatsleiterin Susanne Otto-Günther.

Spardebatten sind im Übrigen auch ihr bekannt. Das notorisch überschuldete Berlin hat beim Neubau der Schule vor allem im Krafttrainings- und Rehabereich kräftig gestrichen. Übrig geblieben ist ein Fitnessraum mit einem sogenannten und eher einsamen Multifunktionsgerät. „Zum Glück gibt es hier im Bezirk viele Fitness-Studios“, meint Otto-Günther. „Da müssen unsere Schüler jetzt abends hinrennen und extra Geld bezahlen.“