Die Gemeinde Baltmannsweiler und ein von ihr fristlos gekündigter Hausmeister haben sich vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht geeinigt. Nach dem getroffenen Vergleich, wurde der Bürgermeister Martin König verbal attackiert.

Baltmannsweiler - Die Gemeinde Baltmannsweiler und ein von ihr fristlos gekündigter Hausmeister haben sich gestern vor dem Arbeitsgericht Stuttgart geeinigt. Wenn der Gemeinderat dem Vergleich zustimmt, stellt die Kommune den 53-Jährigen mit sofortiger Wirkung frei und zahlt ihm sein Gehalt bis zum 30. Juni – das Ende des mehr als 23 Jahre dauernden Arbeitsverhältnisses – weiter. Dann erhält er noch eine Abfindung von 50 000 Euro netto. Darüber hinaus nehmen beide Parteien ihre gegenseitig erhobenen Vorwürfe zurück, und der Hausmeister erhält ein „wohlwollendes“ Zeugnis.

 

Der Mann, der unter einer chronischen Krankheit leidet und einem Schwerbehinderten gleichgestellt ist, hatte in den vergangenen Jahren zehn Abmahnungen und zuletzt die fristlose Kündigung erhalten. Sein Anwalt Andreas Spätgens hatte der Verwaltung mit dem Bürgermeister Martin König an der Spitze im Vorfeld des gestrigen Gütetermins „klassisches Mobbing wie aus dem Lehrbuch“ vorgeworfen.

Eine Weiterbeschäftigung kommt für die Gemeinde nicht infrage

Die Einigung vor dem Arbeitsgericht klingt einvernehmlich, doch harmonisch ging der Gütetermin nicht über die Bühne. Eigentlich hatte der 53-Jährige weiterbeschäftigt werden wollen. Doch die Anwältin der rund 5600 Einwohner zählenden Kommune stellte gleich zu Beginn klar, „dass man nicht miteinander weiter machen will“. Eine Fortdauer des Arbeitsverhältnisses „ginge nicht gut“, erklärte sie gestern. Deshalb unterbreitete die Verwaltung, die vom Bürgermeister Martin König und von der stellvertretenden Hauptamtsleiterin Monika Mattes vertreten wurde, das Vergleichsangebot. Auf Anraten seines Anwalts Andreas Spätgens nahm dies der 53-Jährige an, doch nach dem Ende des Termins spielten sich dramatische Szenen im Gerichtssaal ab. Die Ehefrau des Hausmeisters erlitt eine Art Nervenzusammenbruch. Sie weinte und schrie die Ungerechtigkeit, die die Verwaltung ihrem Mann und der Familie ihrer Meinung nach angetan habe, hinaus. „Schämen Sie sich“, rief sie dem Bürgermeister Martin König zu, und auch aus den mit Baltmannsweiler Bürgern voll besetzten Zuschauerreihen wurde Unmut über den Ausgang des Gütetermins geäußert. Ein Sohn der Familie warf König persönlich vor, „meine Familie kaputt gemacht“ zu haben.

Wie berichtet, wiegen die Vorwürfe gegen die Gemeinde schwer. Der Anwalt Andreas Spätgens hatte im Vorfeld geäußert, sein Mandant sei über Jahre hinweg schikaniert, kontrolliert und drangsaliert worden. Beispielsweise habe er nach seiner Rückkehr aus dem Krankenstand eine Abmahnung erhalten, weil er während dieser Zeit keine Rufumleitung eingestellt hatte, was noch nie zuvor von einem Mitarbeiter oder von ihm verlangt worden sei. Möglicherweise habe die Kommune das Gehalt seines Mandanten sparen wollen, um einen Bautechniker einstellen zu können, wie es der Wunsch des Bürgermeisters sei.

Bürgermeister sieht den Betriebsfrieden massiv beeinträchtigt

Der Rathauschef Martin König sieht sich und die Gemeinde Baltmannsweiler „ungerechtfertigt an den Pranger gestellt“. Er könne zwar die persönliche Betroffenheit nachvollziehen, aber er habe auch Schaden von der Kommune fernhalten müssen, denn der Betriebsfrieden innerhalb der Belegschaft sei durch die Verfehlungen des Mitarbeiters „massiv beeinträchtigt“ gewesen. Auf diese wollte er gestern zwar nicht eingehen, aber sowohl die Abmahnungen als auch die Kündigung „haben ihre Berechtigung“, so König. Er wolle kein Öl ins Feuer gießen, aber wenn die Gemeinde dazu gezwungen werde, gehe sie bezüglich der Vorwürfe gegen den Hausmeister ins Detail, „das wäre fatal für die Gegenseite“. Unter anderem hatte die Kommune ihrem Mitarbeiter offenbar vorgeworfen, unter Alkoholproblemen zu leiden. Doch nach Meinung des Bürgermeisters ist nun mit dem vor dem Arbeitsgericht erzielten Vergleich für beide Seiten „die beste Lösung“ erreicht worden.

Der Anwalt des 53-jährigen Haumeisters sieht die Belastungsgrenze für die Familie seines Mandanten als erreicht an – „wegen der Phänomene, die wir nicht mehr Mobbing nennen werden“. Aber schon diese Forderung der Kommune spreche für sich, „wenn es zutrifft, dass Hunde, die bellen, getroffen sind“, erklärte er vor Gericht.

Kommentar: Schlechtes Gewissen?

Mobbingvorwürfe - Mit dem gestern vor Gericht geschlossenen Vergleich hat der Bürgermeister Martin König nur vordergründig die Mobbingvorwürfe gegen sich und seine Gemeinde vom Tisch geräumt. Die Gerüchte, die Kommune habe dem Hausmeister über Jahre übel mitgespielt, werden in dem Ort auf dem Schurwald nicht verstummen.

Denn: würden die gegen den langjährigen Mitarbeiter in zehn Abmahnungen und einer fristlosen Kündigung unterstellten Verfehlungen tatsächlich zutreffen, hätte es König ja ruhigen Gewissens auf eine Gerichtsverhandlung ankommen lassen können. Aber er sagt noch nicht einmal konkret, was dem Mann vorgeworfen wird. Stattdessen handelt er in einem Gütetermin die Zahlung von sage und schreibe rund 70 000 Euro netto aus, um den eigentlich unkündbaren Mann loszuwerden und nicht weiterhin des Mobbings bezichtigt zu werden. Man wird das Gefühl nicht los, es würden Steuergelder verwendet, um das Gewissen des Bürgermeisters zu erleichtern. Wenn der Gemeinderat dem Vergleich zustimmt, ist nur die Auseinandersetzung mit dem Hausmeister zu den Akten gelegt. Die Art der Beilegung und die daraus resultierenden öffentlichen Diskussionen verursachen in der Gemeinde einen nachhaltigen kommunalpolitischen Schaden.