Ulrich Knödler hat sich durch eine Kameralinse im Schaukasten am Rathaus in Baltmannseiler-Hohengehren beobachtet gefühlt. Die Verwaltungsspitze beteuert jedoch, die zugehörige Kamera sei längst deinstalliert worden.

Baltmannsweiler - Die in einem Schaukasten am Rathaus im Baltmannsweiler Teilort Hohengehren verborgene Kameralinse hat Ulrich Knödlers Misstrauen geweckt. Der Schorndorfer und seine Frau fühlten sich videoüberwacht, als sie am 6. Januar einen Aushang zu einer Zwangsversteigerung in der Vitrine studierten. Doch Verantwortliche der Gemeinde beteuern, dass die zugehörige Kamera längst abgebaut sei, lediglich die Linse sei hinter der Glasscheibe vergessen worden.

 

Zunächst hatte Ulrich Knödler seine Frau noch scherzhaft aufgefordert: „Mach mal ein freundliches Gesicht, du wirst gerade gefilmt.“ Doch ihm ließ die Sache keine Ruhe, weshalb er zunächst mit seinem Smartphone den Schaukasten fotografierte und drei Tage später beim Baltmannsweiler Bürgermeister Martin König anrief und eine Stellungnahme zum vermeintlichen Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte forderte.

Videoüberwachung wegen Sachbeschädigungen

Der Rathauschef habe erklärt, er wisse von nichts, kümmere sich aber um die Angelegenheit. Die Unkenntnis habe er König nicht abgenommen, berichtet Knödler, „und das habe ich ihm auch gesagt“. Ein Rückruf des Hauptamtsleiters Bernd Rath habe schließlich bestätigt, dass der Bereich vor dem Rathaus tatsächlich wegen ständig randalierender Jugendlicher per Video überwacht worden ist. Allerdings liege das schon mehr als drei Jahre zurück und die Maßnahme sei sofort eingestellt worden, nachdem ein Verdächtiger aufgrund der Aufnahmen überführt worden ist.

Martin König und Bernd Rath bestätigen das in einem Gespräch mit unserer Zeitung. Weil sich vor dem Verwaltungsgebäude „ein Brennpunkt“ entwickelt habe, sei die Kamera wegen „massiver Vandalismusschäden“ kurzzeitig zum Jahreswechsel 2009/2010 installiert worden, erklärt Bernd Rath. Beispielsweise seien von den Tätern der Briefkasten aufgehebelt und die darin befindliche Post verbrannt worden.

Kameralinse inzwischen abmontiert

Die Aufnahmen hätten schließlich zum Erfolg geführt. Es sei seinerzeit gelungen, einen Hauptverdächtigen, „der direkt in den Schaukasten geschaut hat“, zu identifizieren. Der habe unter dem Druck der detaillierten Bilder gestanden und später unter anderem ein Hausverbot erhalten. Danach sei die Kamera sofort deinstalliert worden, denn „das Thema war erledigt, der Zweck war erfüllt“, sagt Rath. Die Aufnahmen seien alle gelöscht worden, es sei ohnehin immer nur ein bestimmter Zeitraum aufgezeichnet und danach wieder mit neuen Aufnahmen überspielt worden.

Doch, so gibt Bernd Rath zu, sei die Linse beim Abbau schlichtweg im Schaukasten übersehen worden. Die zurückgelassene Kameraoptik habe noch nicht einmal den Zweck der Abschreckung erfüllen sollen, beteuert der Hauptamtsleiter. Sie sei dank des Anrufs von Ulrich Knödler jetzt abmontiert worden, „um nicht mal einen Anscheinsverdacht zu erwecken“. Der Bürgermeister Martin König verteidigt die Nutzung der Kamera, um den Tätern auf die Spur zu kommen. Er gehe davon aus, dass der Einsatz dieses Mittels den Datenschutz nicht verletzt habe.

Bedenken wegen Datenschutzes

Jörg Klingbeil, der baden-württembergische Landesbeauftragte für Datenschutz, sieht das etwas differenzierter. Zwar sei es unter „gewissen Voraussetzungen“ zulässig, öffentliche Gebäude zu überwachen. Ob die Bedingungen in Baltmannsweiler erfüllt waren, könne er nicht beurteilen. Doch die Kommune habe es – wie von Bernd Rath bestätigt – versäumt, auf den Kameraeinsatz hinzuweisen. Ein Schild mit dem Aufdruck „Dieser Bereich ist videoüberwacht“ müsse die Maßnahme kenntlich machen, betonte Klingbeil. Denn grundsätzlich habe „jeder Mensch das Recht, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen, ohne dass sein Verhalten permanent mit Hilfe von Kameras beobachtet oder aufgezeichnet wird“, heißt es in den Richtlinien zur Videoüberwachung durch öffentliche Stellen. Es müsse demnach gewährleistet sein, „sich einer Überwachung entziehen zu können“, erklärt Jörg Klingbeil. Doch das sei eben nur möglich, wenn man etwas davon wisse.