In der Stadtkind-Bandserie stellen wir alle fünf Musiker und Bands vor, die für den Mars Zukunftsaward nominiert sind. Diesmal: Hannes Orange.

Stuttgart - Hannes Orange, bürgerlich Hannes Steim, macht ziemlich viel (oder hat schon viel gemacht). Den monatlichen Yeah! Club im Keller Klub zum Beispiel, den er neulich nach zehn Jahren in den Stuttgarter Nightlife-Annalen vergraben hat, das große PopNotPop Festival auf die Beine gestellt, als DJ ist er ebenso aktiv und außerdem ist Steim seit über anderthalb Jahren Mitbetreiber der Shop/Galerie-Kombi Là Pour Là/Jenseits von Jedem am Hauptbahnhof. Nur neue Kompositionen hat man seit seinem letzten Album „Am Ende des Tages“ nicht mehr von ihm gehört. Wieso also ist dieser Hannes Orange beim diesjährigen MARS Award in der Kategorie Zukunftspreis Bands/Musiker nominiert, der mit 5000 Euro dotiert ist?

 

Rückblende: 2003 hat Hannes Orange sein erstes Album „Komm mit“, herausgebracht, damals noch bei der großen BMG. Dank deren Rückenwind lief die Singles auf MTV und allen Radiostationen. Der erwähnte Nachfolger von 2005 erschien in Eigenregie auf dem seinem Label Yeah! Records. Danach war Steim müde von der Musikbranche. „Irgendwann ging mir das Künstler-Produzent-Promoter-Labelinhaber-Booker-in-Personalunion-Ding mächtig auf die Nerven und ich dachte, was soll der Stress, mache ich Musik lieber wieder, wie davor, für mich selbst und ohne das ganze Zeugs drumherum.“

Stuttgart-London-Berlin-Stuttgart

Heißt: Seit 2005 hat der Allrounder stetig weiter komponiert. Mit dem Blick auf das viele angesammelte Material traf vor er einiger Zeit die Entscheidung, das Comeback in Angriff zu nehmen. „Scheinbar fanden die MARS-Jungs das auch eine gute Idee und so kam es zu der Nominierung“, spekuliert er. Genauer gesagt muss die Jury seine neuen Songs für gut empfunden haben. Für Zukunftspreis Bands / Musiker konnte man sich ab Anfang März diesen Jahres mit Hörbeispielen bewerben. Die Öffentlichkeit muss sich dagegen noch etwas gedulden. Hannes steckt mitten in der Albumproduktion, tritt aber mit seinem frischen Material ab und zu auf, wie z.B. am 8. Juni im zwölfzehn.

Hannes Orange, der in den 90ern von Stuttgart wegzog und über die Umwege London, Köln und Berlin wieder in der alten Heimat landete, hat dem Stadtkind wiederum drei Songs vorgespielt. Seinem Grundstil bleibt er darauf treu und setzt weiterhin auf eingängige, deutschsprachige Gitarrenmusik, die das Ohr nicht übermässig provoziert, sondern sich eher sanft an die Muschel schmiegt. Allzu brachiale Rockriffs waren sowieso noch nie so richtig sein Ding und deswegen steckte man ihn damals auch gerne in die, denkt man kurz darüber nach, etwas skurrile Schublade „deutscher Brit-Pop“: „Abgesehen davon, dass der Begriff „deutscher Brit-Pop“ ja schon fast etwas Dadaistisches an sich hat, klingt es auf jeden Fall besser als „Raop“. Ich kann gut damit leben.“ Noch ein kleiner Seitenhieb auf Cro und vielleicht unterschwellig auch auf dessen „gib Gas, ich will Spass“-Attitüde - oder wie man heutzutage besser und einfachhalber sagt: Yolo. Damit hat Steim eher weniger gemein und dichtet lieber ernstere Textzeilen „abseits vom allgegenwärtigen fun, fun, fun“, wie er meint.

Nur weil das Motorrad kaputt war

Weniger „funny“ und mit Glück im Unglück ist übrigens vor über zehn Jahren seine Karriere durchgestartet. „Eigentlich ein Zufall: In Berlin ist mir damals mein altes Motorrad kaputt gegangen und auf der Suche nach einer Werkstatt stand ich plötzlich vor einem Tonstudio und habe da mal reingeschaut. Wir haben dann ein paar Songs aufgenommen und zack war die BMG am Start und das Unheil nahm seinen Lauf.“

Vielleicht wird dieses „Unheil“ nun mit einem zweiten Frühling abgerundet und natürlich eventuell mit dem wichtigsten regionalen Musikpreis. Für Hannes hat der MARS jedenfalls eine große Bedeutung: „I ´m lovin´ it!“