Allein im vergangenen Jahr sank die Zahl der Bankfilialen bundesweit um ein Zehntel. Vor allen für ältere Menschen ist das ein Problem.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Die Petition eines spanischen Pensionärs, die Anfang dieses Jahres in ganz Europa Schlagzeilen machte, begann mit folgenden Worten: „Ich bin fast 80 Jahre alt, und es macht mich sehr traurig zu sehen, dass Banken ältere Menschen wie mich vergessen haben. Jetzt ist alles online, und wir verstehen uns nicht alle mit Maschinen.“

 

Fast 650 000 Menschen haben die Petition auf der Online-Plattform Change.org unterzeichnet. Eine vergleichbare Protestaktion wurde in Deutschland bisher nicht bekannt. Doch die Probleme, die der Spanier Carlos San Juan De Laorden schilderte, dürften auch vielen Deutschen bekannt vorkommen. „Sie hören nicht auf, Filialen zu schließen. Einige Geldautomaten sind kompliziert zu bedienen, andere fallen aus“, schrieb er.

Allein die Großbanken schlossen mehr als 1000 Filialen

In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 2388 Bankfilialen geschlossen, wie die Bundesbank Anfang dieser Woche mitteilte. Das entspricht einem Rückgang um zehn Prozent. Allein dem Sparkurs der Deutschen Bank und ihrer Tochter Postbank fielen 867 Zweigstellen zum Opfer. Die Commerzbank machte 243 dicht. Die Sparkassen schlossen 617 Filialen, mit den verbleibenden 7911 verfügen sie aber weiter über das größte Netz. Bei den Genossenschaftsbanken sank die Zahl der Zweigstellen um 468 auf 7310.

Gleichzeitig ist auch die Zahl der Geldautomaten gesunken, wie Bundesbank-Statistiken bis zum Jahr 2020 zeigen. Dieser Trend dürfte sich fortgesetzt haben. So kündigte die Sparkasse Heidelberg nach einer Welle von Geldautomaten-Sprengungen im Frühjahr den Abbau von neun weiteren Geräten an. Begründung: Die betroffenen Standorte seien aufgrund ihrer Lage schwer zu schützen. Die Zahl der Automaten-Sprengungen steigt bundesweit seit Jahren.

Über die Hälfte der Kunden nutzt hauptsächlich Online-Banking

Immerhin sind Bargeld-Abhebungen auch an den Kassen von Supermärkten und Drogerieketten möglich. Und laut einer Umfrage des Bankenverbandes erledigen 56 Prozent der Kunden ihre Bankgeschäfte ohnehin „hauptsächlich“ online. Aber: In der Altersgruppe über 60 tut das nur jeder Dritte.

Die Banken müssten mehr tun, um diese Gruppe bei der Digitalisierung mitzunehmen, mahnt Oliver Geiseler, Partner bei der Unternehmensberatung Capco. „Bei Online-Banking-Portalen und Mobile-Apps sollte es möglich sein, zwischen verschiedenen Einstellungen zu wählen. Hilfreich wäre eine abgespeckte Version, in der dafür die wichtigsten Funktionen besonders hervorgehoben sind – beispielsweise mit einem dicken Knopf für die Überweisung.“

„Ältere Kunden sind ein wichtige Zielgruppe“

Das Argument, die Entwicklung verschiedener Versionen wäre zu teuer, lässt Geiseler nicht gelten. Es gebe Softwareunternehmen, die sich darauf spezialisiert hätten, identische Inhalte in verschiedene Benutzeroberflächen zu überführen. Der Berater mahnt: „Ältere Kunden sind eine wichtige Zielgruppe. Sie sind im Zweifel diejenigen, mit denen gute Geschäfte gemacht werden können, da sie bereits einen gewissen Wohlstand erlangt haben.“ Im Übrigen würden auch die Augen der heute noch Jungen irgendwann schlechter – Investitionen in übersichtlichere Apps lohnten also auch langfristig.

Banken in der Region verweisen auf Erklärstücke und Videos auf ihren Websites, in denen die Funktionsweise des Online-Bankings erläutert werde. Bei Fragen helfe auch ein Anruf im Kundendialogcenter, das montags bis freitags von 8 bis 19 Uhr erreichbar sei, teilte die Volksbank auf Anfrage mit. Bei der BW-Bank ist die Online-Beratung werktags von 8 bis 20 Uhr verfügbar. Gelegentlich würden auch Veranstaltungen zum Thema Online-Banking angeboten, erklärte ein Sprecher.

Bankbus und Hausbesuche

Als Ausgleich für die 2019 und 2020 erfolgten Einschnitte ins Filialnetz bietet die Volksbank einen Bankbus an, das „Volksbank Stuttgart Mobil“, das die Gemeinden Birkmannsweiler, Geradstetten, Haubersbronn, Oeffingen, Rohracker, Schnait und Sommerrain anfährt.

Die BW-Bank bietet auf Wunsch Beratungsgespräche bei den Kunden zuhause an. Zudem könne Bargeld bei der nächsten Filiale bestellt und von einem Familienmitglied oder einer anderen Vertrauensperson abgeholt werden.