Bezirksvorsteher Raiko Grieb kritisiert die Schließung der Postbank an der Böblinger Straße. Kunden zeigen sich von der Entscheidung des Unternehmens enttäuscht.

S-Mitte - Die Briefkästen vor der Postbankfiliale an der Böblinger Straße sind mit religiösen Sprüchen beschmiert. „Jesus rettet“ steht auf einem Briefkastenschlitz. Der Filiale ist mit frommen Wünschen nicht mehr zu helfen. Die Postbank wird sie im kommenden Jahr schließen. In der Filiale ist vormittags wenig los. Ein Mann hebt an einem Automaten Geld ab. Die Mitarbeiter unterhalten sich, solange keine Kunden vor dem Schalter stehen. Immer wieder fällt das Wort „Kostendruck“. Nikolaus Pelczer hat an diesem Morgen ein Päckchen abgegeben. Er muss die Nachricht von der Schließung 2019 erst einmal verdauen. „Ich hoffe bloß, dass die Packstation bleibt“, sagt er.

 

Dass es in der Filiale nicht rund läuft, sei ihm schon lange klar gewesen, meint er nach dem ersten Schreck. Er erinnert sich an lange Schlangen von genervten Kunden, die etwas aufgeben oder abholen wollten. Das Personal habe oft Frust abgekommen. „Die konnten einem leidtun“, sagt er. Die Kundin Simone Ernst kommentiert die Nachricht von der bevorstehenden Schließung mit dem Wort „elend“. Sie wirft gerade einen Brief ein. Ernst bezeichnet sich als treue Kundin der Post. „Wenn es aber immer schwieriger wird, irgendwo seine noch Post abzugeben, dann überlege ich mir auch, ob ich zur Konkurrenz wechsle“, meint Ernst. „Schade, die Filiale liegt so günstig hier“, sagt sie,

Bezirksvorsteher ist verärgert

Der Bezirksvorsteher Raiko Grieb ist über die Schließung mehr als verärgert: „Das Konzept der deutschen Post funktioniert einfach nicht mehr. Aber das wird bei uns einfach so hingenommen.“ Er kritisiert vor allem, dass die Deutsche Post immer mehr Dienstleistungen an Kioske oder Supermärkte abgebe. Das habe ja aber noch nie richtig funktioniert. Und aus seiner Sicht ist das auch nicht genug: „Der Süden ist ein Bezirk mit 44 000 Einwohnern, wir brauchen eine Post. Basta!“

Die Postbanksprecherin Iris Ladult-Reichelt bestätigt, dass im kommenden Jahr Schluss ist an der Böblinger Straße. Ein Schließungstermin stehe aber noch nicht fest, sagt Ladult-Reichelt. Kunden, die befürchten, bald keine Postgeschäfte mehr erledigen zu können, sorgten sich aber umsonst. „Wir gehen nicht einfach und klappen hinter uns zu“, sagt sie.

Filiale nimmt Pakete entgegen

Kunden können derzeit in der Filiale nicht nur Bankgeschäfte erledigen. Sie können auch Päckchen abgeben oder abholen. Die Angestellten der Filiale übernehmen Postdiensteistungen. Bevor die Postbankfiliale ihre Pforten schließt, soll eine Alternative im Bezirk gefunden werden, etwa ein Geschäft, das die Postgeschäfte übernimmt. Dann würden die Kunden der Postbank im Bezirk über einen Schließungstermin und den Kooperationspartner der Post informiert, erklärt Ladult-Reichelt. Der Grund für die Schließung ist aus ihrer Sicht derselbe, warum Kunden und Lokalpolitiker nun Unzufriedenheit äußern. „Viele nutzen die Filiale nur, um Postgeschäfte zu erledigen. Damit macht sie aber keinen Gewinn“, sagt die Sprecherin. Das Unternehmen habe sich die Zahlen genau angeschaut, bevor sie sich entschlossen hat, die Filiale aufzugeben, betont sie.

Die Postbank unterhalte immer noch das größte Filialnetz in Deutschland, sagt Ladult-Reichelt. Die Digitalisierung hinterlasse aber Spuren: „Viele erledigen ihre Bankgeschäfte lieber online von zu Hause aus.“

Sprecherin verteidigt Schließung

Dass Banken dieser Trend zupass kommt, um Kosten zu sparen, weist die Sprecherin zurück. Auch ältere Kunden seien nicht pauschal dem Onlinebanking abgeneigt, wie oft kolportiert werde. „Wir haben Angebote, die den unterschiedlichen Bedürfnissen unserer Kunden entgegenkommen.“

Noch ungeklärt sei, was mit dem Geldautomaten an der Böblinger Straße geschehe, sagt Ladult-Reichelt. Die Postbank sei Mitglied der Cash Group. Ihre Kunden können zum Beispiel bei der Commerzbank ohne Gebühr abheben. „Wir schauen uns an, wie die Grundversorgung mit Geldautomaten in der Umgebung ist“, sagt die Sprecherin. Sie vermutet aber, dass es in einer Großstadt wie Stuttgart in der Umgebung genügend Automaten von Cash-Group-Partnern gibt.