Die Banken in Zypern stehen im Verdacht, reichlich vorhandenes Kapital per Gefälligkeitsdarlehen an Prominente und Politiker vergeben zu haben.

Zypern - Die großen Banken auf Zypern haben in den vergangenen Jahren offenbar prominenten Politikern und Geschäftsleuten Gefälligkeitsdarlehen gewährt und den Schuldnern dann die Rückzahlung der Kredite ganz oder teilweise erlassen. Die Affäre wirft ein grelles Schlaglicht auf die bizarren Geschäftspraktiken der zyprischen Geldinstitute, deren unkontrollierter Boom die Insel jetzt fast in die Staatspleite gerissen hätte.

 

Wohin mit dem vielen Geld? Vor dieser Frage standen die Manager der Bank of Cyprus und der Laiki Bank in den vergangenen Jahren ständig. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion strömten immer mehr Gelder aus Russland und der Ukraine zu den zyprischen Banken, die mit Diskretion und hohen Zinsen lockten. Nach dem Beitritt zur EU 2004 und zur Währungsunion vier Jahre später verstärkte sich der Zufluss, auch aus Großbritannien, dem Libanon und Israel. So wuchsen die Einlagen der Bank of Cyprus von 2005 bis 2012 von 18,7 auf 28,4 Milliarden Euro. Die Laiki Bank verdoppelte die Einlagen nahezu auf 18,8 Milliarden. Die Banker legten die Gelder nicht nur in griechischen Staatsanleihen an, was den Instituten beim griechischen Schuldenschnitt Anfang 2012 Verluste von 4,5 Milliarden Euro bescherte. Die zyprischen Banken vergaben auch großzügig Kredite, um die Kundengelder gewinnbringend anzulegen – oft ohne ausreichende Sicherheiten. Fragwürdiger noch: Politiker und Unternehmen, die bestimmten politischen Parteien nahestanden, bekamen offenbar Darlehen, die sie gar nicht oder nur zu einem Teil zurückzahlen mussten. Die griechische Zeitung „Ethnos“ und das zyprische Internetportal „24h.com.cy“ veröffentlichten Listen mit Namen der angeblich begünstigten Schuldner. Die Liste soll von einem Mitarbeiter der zyprischen Zentralbank stammen. Auf ihr finden sich Abgeordnete, frühere Minister und deren Verwandte. Die Bank of Cyprus soll einem prominenten Parlamentarier der heutigen Regierungspartei Disy von einem Kredit über 168 000 Euro 101 000 Euro erlassen haben. Der Bruder eines Ministers brauchte von einem 1,59-Millionen-Kredit, den seine Firma aufgenommen hatte, nur 310 000 Euro zu tilgen. Einem Hotelier mit engen Verbindungen zur kommunistischen Akel-Partei, die auf Zypern bis zum Februar 2013 regierte, soll die Bank 2,8 Millionen Euro erlassen haben. Eine Gewerkschaft brauchte von geliehenen 554 000 Euro nur 361 000 Euro zurückzuzahlen. Auch die Laiki Bank soll Politikern der großen zyprischen Parteien mehrere Darlehen erlassen haben. „Wir werden uns mit dem Material beschäftigen“, sagte der zyprische Generalstaatsanwalt Petros Kliridis.

Haben Politiker Geld außer Land geschafft?

Die Affäre schlägt umso höhere Wellen, weil sich jetzt herausstellt, dass die Inhaber höherer Guthaben für die Rettung der Bank of Cyprus viel mehr beisteuern müssen als angenommen. Für Einlagen über 100 000 Euro wird eine Zwangsabgabe von 37,5 Prozent fällig. Dafür erhalten die Kontoinhaber Aktien des Instituts. Weitere 22,5 Prozent werde man „sozusagen beiseite legen“, für den Fall, dass die Bank noch mehr Geld zur Rettung benötige, sagte Finanzminister Michalis Sarris. Noch härter trifft es Kunden der Laiki Bank: Alle Einlagen über 100 000 Euro gehen in die Insolvenzmasse.

Das zyprische Parlament will jetzt untersuchen lassen, wer vor dem 15. März, als die Eurogruppe die Beteiligung der Bankkunden an der Zypernrettung beschloss, größere Geldbeträge ins Ausland geschafft hat. Nach inoffiziellen Angaben sind in den Tagen vor der Schließung der Banken, als bereits Spekulationen über eine Zwangsabgabe auf Bankeinlagen kursierten, rund vier Milliarden Euro aus Zypern abgeflossen. Untersucht werden soll vor allem, ob Politiker Geld außer Landes schafften. In diesem Zusammenhang könnten unbequeme Fragen auf den neuen konservativen Staatspräsidenten Nikos Anastasiades zukommen. Die zyprische Zeitung „Charavgi“, das Zentralorgan der kommunistischen Akel-Partei, berichtete, eine Firma, die Verwandten von Anastasiades gehört, habe am 12. und 13. März in mehreren Raten rund 21 Millionen Euro von Zypern nach London transferiert.