Informationen über Börsenkurse, Bank-Öffnungszeiten und Fonds: Immer mehr Geldinstitute setzen auf elektronische Unterstützung.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Der Kleine heißt Numi, ist ungefähr 1,20 Meter hoch und hat große Glupschaugen. „Ich bin das neueste Sparkassen-Mitglied“, stellt sich der Roboter mit leicht metallischer Stimme vor, wenn ihn ein Kunde in der Schalterhalle der Sparkasse Marburg-Biedenkopf anspricht. Numi hilft hier beim Empfangsdienst, er ist eine Mischung aus Info-Desk und Wegweiser. Sucht man einen Berater, so hebt er einen Arm und sagt zum Beispiel: „Bitte folge meinem Handzeichen, es ist das letzte Büro auf der linken Seite.“ Mithilfe eines Touchscreens auf seiner Brust kann er außerdem erklären, wie eine Überweisung funktioniert.

 

Numi solle seine menschlichen Kollegen „von solchen Standardfragen entlasten“, sagt ein Sparkassen-Sprecher über das Pilotprojekt. Bankangestellte könne und solle der Roboter nicht ersetzen.

Es gibt aber digitale Finanzassistenten, die auch als Berater aktiv werden. Erica zum Beispiel. So heißt ein Computerprogramm, das die Bank of America entwickelt hat. Was Erica alles kann, führte das US-Institut schon Ende 2016 auf einer Messe vor: Das Programm analysiert Kontobewegungen und erteilt auf dieser Basis individuelle Ratschläge. „Ich habe eine großartige Möglichkeit für dich gefunden, Schulden abzubauen und 300 Dollar zu sparen“, zitierte der Fernsehsender CNBC damals aus der Vorführung des Chatbots, der sowohl mit Text- als auch mit Sprachbotschaften kommunizieren kann. Bis Erica Marktreife erreichte, hat es allerdings eine ganze Weile gedauert: Erst jetzt wird sie in die Smartphone-App der Bank of America integriert.

Immer mehr Banken setzen auf Spracherkennung

Vergleichbares gibt es auf dem deutschen Markt bislang nur in Ansätzen. Individuelle Spartipps bietet zum Beispiel das Start-up dwins an: Wer sein Online-Konto mit der dwins-App Finanzguru verknüpft, bekommt bei der Nutzung gebührenpflichtiger Geldautomaten kostenlose Alternativen in der Umgebung angezeigt. Für die Zukunft sind weitere Funktionen geplant, etwa Hinweise auf Einsparmöglichkeiten durch den Wechsel des Stromanbieters.

Eine wachsende Zahl von Banken setzt zudem auf das Thema Spracherkennung: Siri, die Sprachassistentin des iPhone-Herstellers Apple, kann mündliche Überweisungsaufträge annehmen. Eine Funktion, die beispielsweise in die App der Deutschen Bank sowie von deren Tochter Postbank oder der Deutschen Kreditbank (DKB) integriert ist. Zur Sicherheit ist neben dem Sprachbefehl die Eingabe einer TAN (Transaktionsnummer) nötig. Auch die Sparkassen-App Kwitt, die für die Überweisung kleiner Beträge von Handy zu Handy gedacht ist, kann über Siri bedient werden.

Überweisungen per Spracheingabe sollen ab dem Frühsommer auch über den interaktiven Lautsprecher Google Home möglich sein. Daran arbeitet gegenwärtig der IT-Dienstleister der Sparkassen, Finanz Informatik. Die Firma hat eine Voicebanking-Anwendung für Google Home entwickelt, über die heute schon Kontostandsabfragen möglich sind. Bislang wird diese Anwendung erst von neun Sparkassen bundesweit angeboten, doch es kommen ständig neue hinzu. Andere Banken bieten die Abfrage von Börsenkursen oder auch Öffnungszeiten über die Sprachassistentin von Amazon, Alexa, an.

Immer weniger Bankkunden gehen an den Schalter

Von künstlicher Intelligenz (KI) kann man bei diesen Anwendungen noch nicht wirklich sprechen. Schließlich verstehen die Sprachassistenten bislang nur wenige Befehle, auf die sie gemäß einer vorab festgelegten Regel reagieren. Letztlich geht es schlicht um Bequemlichkeit – der Nutzer muss nicht mehr tippen. Auch für die Kundenbindung sei der Einsatz von Sprachassistenten sinnvoll, sagt Markus Alberth, KI-Experte bei der Unternehmensberatung Capco. Denn Siri, Alexa oder Google Home könnten den Kunden „in seinem Alltag begleiten“. Die Banken hätten damit die „Chance, sich in das Leben des Kunden zu flechten“.

Geldautomaten, Selbstbedienungsterminals und schließlich das Online-Banking haben dazu geführt, dass nur noch wenige Menschen den Bankschalter aufsuchen. Das hat zwar die erwünschten Einsparungen ermöglicht. Gleichzeitig haben Bankmitarbeiter aber nur noch selten Gelegenheit, Kunden im Alltagsgeschäft auch auf andere Bankdienstleistungen aufmerksam zu machen und damit den Absatz etwa von Sparprodukten zu steigern.

Auch Überweisungen per Spracheingabe sollen bald möglich sein

„Der Charme an Software-Agenten ist: sie ermöglichen einen pseudopersönlichen Kontakt“, sagt Capco-Experte Alberth. Insofern böten selbst Chatbots und Sprachassistenten, die nur einfache Anfragen etwa nach Öffnungszeiten oder Kartensperrungen beantworten könnten, einen Mehrwert: „Damit fühlen die Kunden sich jedenfalls besser betreut, als wenn sie beim Anruf bei ihrer Bank erst einmal in der Warteschleife mit automatischer Ansage landen.“

Auch bei der Auswahl von Fonds kann man sich elektronisch unterstützen lassen – von einem sogenannten Robo-Advisor. Anders als der Name suggeriert, handelt es sich dabei allerdings nicht um Roboter wie Numi. Auch sprechen können die heute verfügbaren Robo-Advisors nicht. Wer bei einem von ihnen Rat sucht, ruft vielmehr eine Website im Internet auf – hinter der sich eine spezielle Software verbirgt. Auf Basis von Einkommen, Sparzielen und Risikoneigung der Kunden stellen diese Programme ein Fondsportfolio zusammen.

Eine wirklich individuelle Beratung ist das nicht. Capco-Experte Alberth gibt allerdings zu bedenken: „Auch das Gespräch beim Bankberater ist heute schon standardisiert und das Sortiment an verfügbaren Finanzprodukten für den jeweiligen Anlegertyp begrenzt. Letztlich kommt es darauf an, welches Vertrauen Sie der Bank an sich entgegenbringen.“

Wer trotzdem lieber von einem Menschen als von einem Computerprogramm beraten werden will, wird nach Einschätzung Alberths aber auch künftig zu seinem Recht kommen: „Menschliche Berater wird es weiter geben, aber nur noch in wenigen Filialen – dagegen mehr als telefonische Beratung oder als Hausbesuch.“