Die Zinsüberschüsse der Banken steigen, auch Kredite haben sich kräftig verteuert. Doch auf dem Bankkonto merken viele Kunden nichts davon.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Die Zinswende ist da – zum Leidwesen der Kreditnehmer. Sparer dagegen werden von vielen Finanzinstituten weiter mit Minizinsen nahe null abgespeist, jedenfalls wenn sie auf Tagesgeld oder kurzfristig verfügbare Sparkonten setzen.

 

Dabei erhalten Banken und Sparkassen für ihre Einlagen bei der EZB derzeit einen Zinssatz von 2,5 Prozent per annum (aufs Jahr hochgerechnet). Für alle deutschen Kreditinstitute zusammen bedeute dies 2023 Zinserträge von mindestens 25 Milliarden Euro, schätzt der Verein Finanzwende. Sie sollten „den EZB-Einlagenzins an ihre Kundinnen weitergeben“, fordert Finanzwende-Experte Michael Peters.

Einen Automatismus gibt es nicht

Bankenvertreter weisen darauf hin, dass sie auch die von der EZB noch bis vergangenen Juli geforderten Negativzinsen nicht vollständig an die Kunden weitergegeben haben. Bei den meisten Instituten waren Guthaben von Kleinsparern von Minuszinsen befreit, wobei die Freibeträge über die Jahre immer niedriger wurden.

Nach Berechnungen der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung Barkow Consulting zahlten die deutschen Kreditinstitute von 2014 bis Ende 2021 Negativzinsen im Volumen von rund 16 Milliarden Euro an die EZB. Diese Belastung werde durch die Erträge, die nach Anhebung des EZB-Einlagenzinses allein dieses Jahr zu erwarten seien, mehr als ausgeglichen, hebt Finanzwende-Experte Peters hervor.

Für die Sparkassen war die Zinswende ein zweischneidiges Schwert

Tatsächlich haben einige Kreditinstitute schon im vergangenen Jahr von der Zinswende profitiert. Beispiel Deutsche Bank: Das Institut erzielte mit einem Nettogewinn von über fünf Milliarden Euro das beste Jahresergebnis seit 2007, auch dank höherer Zinsen. Bei der Direktbank ING Deutschland stieg der Zinsüberschuss um 14 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro.

Für viele kleinere Institute war der schnelle Zinsanstieg indes eine zweischneidige Angelegenheit, wie das Beispiel der baden-württembergischen Sparkassen zeigt. Zwar erzielten auch sie 2022 einen höheren Zinsüberschuss als im Vorjahr, gleichzeitig mussten sie aber hohe Abschreibungen auf ihre Wertpapierbestände vornehmen.

Der Hintergrund: Die Kurse von Anleihen und anderen festverzinslichen Wertpapieren, die noch in der Niedrigzinsphase erworben wurden, sind aufgrund der Zinswende eingebrochen. Da die Sparkassen diese Papiere überwiegend bis zur Endfälligkeit halten und dann sowieso den ursprünglich angelegten Betrag zurückbekommen, handelt es sich um ein vorübergehendes Problem. Gleichwohl ist das Jahresergebnis der baden-württembergischen Sparkassen unter dem Strich um 48 Prozent auf 490 Millionen Euro gefallen.

In den vergangenen Jahren wurden die Banken mit Einlagen überschwemmt

„Wenn die EZB rechtzeitig auf die steigende Inflationsrate reagiert hätte, hätte sie die Zinsen nicht so erratisch erhöhen müssen und keinen derartigen Abschreibungsbedarf ausgelöst“, kritisiert Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim. Unabhängig von dieser aktuellen Problemstellung sei es aber auch früher so gewesen, „dass Banken Zinsen auf ihre Kundeneinlagen nur zögerlich anheben“.

Betriebswirtschaftlich gesehen gibt es dafür aus Sicht der Kreditinstitute nämlich nur einen einzigen Grund: wenn sie mehr Kundeneinlagen einwerben wollen. Viele Banken und Sparkassen haben das derzeit nicht dringend nötig, denn seit Ausbruch der Coronakrise 2020 sind die Guthaben kräftig gestiegen. Vor allem während der Lockdowns 2020 und 2021, als viele Reisen und Ausgehmöglichkeiten wegfielen, schwollen die Kundeneinlagen an.

Festgeld und Sparbriefe werfen etwas höhere Zinsen ab

Gleichwohl werben einzelne Banken mit Tagesgeldzinsen von zwei Prozent und mehr, wenn diese Konditionen auch meist nur für Neukunden gelten. Besonders Direktbanken und Spezialfinanzierer wie Autobanken preschten in den vergangenen Monaten mit solchen Angeboten vor. „Banken, die nur im Internet aktiv sind, können nur über die Konditionen punkten“, sagt Burghof dazu. „Andere müssen erst nachziehen, wenn es zu einer Erosion des Kundenstamms kommt.“

Bei längerfristigen Spareinlagen wie Festgeld oder Sparbriefen haben allerdings auch viele Filialbanken die Zinsen bereits erhöht. Hier können die Kunden über ihre Guthaben, anders als bei Tagesgeldkonten, nicht jederzeit verfügen – für die Bank bedeutet das mehr Möglichkeiten, mit dem Geld auch tatsächlich zu arbeiten.

Für Einlagen mit zwei Jahren Laufzeit bieten viele Filialbanken derzeit Zinssätze zwischen 1,5 und zwei Prozent. „Wer einen größeren Betrag ab etwa 50 000 Euro anlegen will, sollte nachfragen, ob nicht mehr drin ist“, empfiehlt Martin Faust, Bankenprofessor an der Frankfurt School of Finance. Höhere Festgeldzinsen auch auf kleinere Anlagebeträge lassen sich über Vergleichsportale wie Biallo, Verivox, Weltsparen oder Check 24 finden.

Was bei Vergleichsportalen zu beachten ist

Einlagensicherung
Wer auf Online-Portalen nach attraktiv verzinsten Tages- oder Festgeldkonten sucht, stößt oft auf Angebote ausländischer Banken sowie weniger bekannter inländischer Institute. Für alle in der EU ansässigen Banken und Sparkassen gilt: Guthaben bis zu einer Höhe von 100 000 Euro unterliegen der gesetzlichen Einlagensicherung. Sie soll Sparer im Falle einer Bankpleite vor Verlusten schützen. Viele deutsche Institute gehören weiteren Sicherungssystemen an, in dem Fall sind auch Guthaben über 100 000 Euro geschützt.

Fremdwährungen
Gelegentlich wird auch angeboten, das Geld in Fremdwährungen auf einem Festgeldkonto zu parken. Hier gilt es zu bedenken, dass beim Rücktausch in Euro Umtauschgebühren entstehen können. Hinzu kommt das Wechselkursrisiko – also die Gefahr, dass die gewählte Währung bis zum Ende der Laufzeit gegenüber dem Euro an Wert verliert.