Der Drogerieunternehmer Erwin Müller hat in seinem Streit um missglückte Dividendengeschäfte mit der Schweizer Bank Sarasin einen Etappensieg errungen. Der Prozess kommt vor ein deutsches und nicht vor ein Schweizer Gericht.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm - Der Ulmer Drogerieunternehmer Erwin Müller hat das Recht, die Schweizer Bank Sarasin beim Landgericht Ulm auf Schadenersatz in Höhe von knapp 50 Millionen Euro zu verklagen. Das entschied am Montag das Oberlandesgericht Stuttgart (AZ 5U 120/14). Damit wurde ein Urteil des Landgerichts Ulm bestätigt. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Der Bank bliebe jetzt nur noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof.

 

Seit 2013 verlangt Müller seine Millionen von der Basler Bank zurück. Durch einen Anlageberater sei er, unter Vorspiegelung falscher Behauptungen, in so genannte Cum-Ex-Geschäfte gelockt worden. Fonds – im Falle Müllers der so genannte Sheridan Fund, in den auch andere deutsche Prominente investierten – haben jeweils um Dividendenstichtage herum Aktien verkauft und gleich wieder gekauft. Beim deutschen Fiskus sind sodann vom Ausland aus Anträge auf Rückerstattung der Kapitalertragsteuer gestellt worden. Dem deutschen Steuerzahler ist durch solche jahrelangen Überweisungen ein Schaden in Höhe von vielen Millionen Euro entstanden.

Die Bank wollte in ihrem Stammland Schweiz vor Gericht

Müller hat damit ein wichtiges Etappenziel erreicht, denn die Überweisung an ein Schweizer Gericht hätte seine Chancen auf Erfolg wohl deutlich verringert. Bisher hatten die Sarasin-Vertreter mit Berufung auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für hauseigene Kontoverträge den Standpunkt vertreten, der Unternehmer müsse, wenn schon, vor ein Schweizer Gericht ziehen. Doch in diesem Fall gelte, wie die Stuttgarter Richter feststellten, das Lugano-Übereinkommen, das Europarecht zur Frage der gerichtlichen Zuständigkeit in internationalen Streitfällen fast gleichlautend auch auf die Schweiz überträgt. Das Übereinkommen dient dem Verbraucherschutz. Wer sich durch ein ausländisches Unternehmen geschädigt sieht, soll seine Ansprüche in der Heimat stellen können.

Erwin Müller, argumentierten die Sarasin-Anwälte in der mündlichen Verhandlung in Stuttgart vor einigen Wochen, sei aber nicht als Verbraucher zu sehen, sondern als Finanzinvestor, der danach getrachtet habe, das Betriebsvermögen zu mehren. Müllers Unternehmen habe sich zum Zeitpunkt seiner Anlage bei Sarasin „in finanzieller Bedrängnis befunden“, hieß es während der Verhandlung. Die Rendite aus dem Geschäft – angeblich waren zwölf Prozent versprochen – hätte wieder dem Unternehmen zufließen sollen.

Die Richter sehen ein privates Geschäft

Die OLG-Richter folgten dieser Sichtweise nicht. Zwar habe Müller die Hälfte seiner Einlage bei Sarasin in Form eines 25-Millionen-Euro-Darlehens finanziert. Doch habe er ansonsten sein Privatvermögen eingesetzt und auch als Privatmann gehandelt. Als Beleg dafür sah der 5. Zivilsenat, dass alle für das Geschäft relevanten Konto- und Darlehensunterlagen die Privatadresse Erwin Müllers tragen. Zudem sei Müller vor Abschluss des Handels durch einen Berater der Bank in Ulm aufgesucht worden, so ein OLG-Sprecher am Montag. Insgesamt umfassen die Entscheidungsgründe 24 Seiten.

Die Verteidigung Erwin Müllers will nun rasch Klage beim Landgericht Ulm erheben. Möglicherweise kommt es damit noch in der zweiten Jahreshälfte zum eigentlichen Prozess. In dessen Rahmen will der Unternehmer beweisen, wie er unter anderem damit hereingelegt wurde, seine Einlage sei über eine Versicherung bei der Allianz geschützt – und dass das gesamte Investitionskapital in den Sheridan Fund von den Handelsbeteiligten vorab als Vergütung oder Provision abgeschöpft wurde. Wahr oder nicht? Die vielen Millionen aus dem Fond sind jedenfalls tatsächlich längst verschwunden.