Mit hängenden Köpfen verlassen die Ludwigsburger Basketballer die Halle in Frankfurt und die erste Basketball-Bundesliga. Doch die Chance auf Klassenerhalt bleibt – mit einer Wildcard.

Frankfurt - Der Frankfurter Devin Gibson fängt einen Ball ab und rast mit drei Mitspielern in den Schnellangriff – gegen einen Ludwigsburger. Der Rest der Neckar Riesen bleibt vorne stehen, ist damit beschäftigt sich die Schuld gegenseitig in die Schuhe zu schieben. Eine Szene, symptomatisch für ein Spiel und für eine verkorkste Saison der Neckar Riesen Ludwigsburg, die mit der 72:77-(20:31-)Niederlage und dem Abstieg in die zweite Basketball-Bundesliga (Pro A) ihren traurigen Höhepunkt am Samstagabend fand.

 

Bei der Szene waren gerade einmal fünf Minuten absolviert im wichtigsten Spiel der Saison. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt ahnte der Trainer John Patrick nichts Gutes. „Frankfurt hat von Anfang an mit Herz gespielt und mehr gegeben, sie haben hier verdient gewonnen“, sagte er.

Zehn Punkte in den ersten 17 Minuten

Die Partie vor ausverkauften Rängen (5002 Zuschauern) war früh entschieden, auch die rund 350 mitgereisten Fans konnten ihrer Mannschaft nicht helfen. Offensiv hatte kein Ludwigsburger den Mut, Verantwortung zu übernehmen, so kam Ludwigsburg in den ersten 17 Spielminuten auf lächerliche zehn Punkte. Und defensiv konnte der Frankfurter Centerspieler Zachery Peacock nicht gestoppt werden, der zwischenzeitlich mehr Punkte auf dem Konto hatte, als die gesamte Ludwigsburger Mannschaft. 20 Zähler gelangen dem US-Amerikaner, alleine 18 davon in der ersten Hälfte, ehe er wegen eines Kopfstoßes gegen Max Weber des Feldes verwiesen wurde. „Als Peacock völlig zu Recht vom Feld musste, begann ein komplett neues Spiel für die letzten zwölf Minuten“, sagte Frankfurts Trainer Muli Katzurin. „Da haben wir plötzlich das nötige Adrenalin gehabt, und den Mut, den man für solch ein Spiel braucht“, sagte John Patrick. Zu spät.

„Wir hatten es aber auch nicht verdient“, sagte Patrick. „Das Umfeld und die Fans sind in Ludwigsburg sicher erstligareif, aber die Mannschaft war es ganz sicher nicht.“ Damit bezieht sich der Coach auf die Einstellung der Spieler. „Wir sind vom Können her sicher nicht die zweitschlechteste Mannschaft der Liga gewesen. Aber für mich heißt Qualität, nicht dieselben Fehler noch einmal zu machen, diese Qualität hat uns über die gesamte Saison gefehlt. Und das ist auch Kopfsache“, sagte Patrick. Er habe bereits bei seinem Amtsantritt Anfang Januar die miserable Einstellung seiner Spieler bemerkt und gehofft, diese ändern zu können.

Doch lediglich der neu verpflichtete Aufbauspieler Derrick Zimmerman habe die richtige Mentalität gehabt, wäre auch bei freiwilligen Trainingseinheiten gekommen und habe ständig an sich gearbeitet, so Patrick. „Sonst kein einziger.“ „Ich habe die Unterstützung von allen Seiten erhalten, von den Fans, vom Vorstand, das war wirklich vorbildlich. Nur im Team hat es einfach gefehlt“, sagte der Coach.

Unsicherheit über die Zukunft in der zweiten Liga

„Die Mannschaft hat versagt“, sagte Ludwigsburgs Vorsitzender Alexander Reil. „Bei der Antwort nach dem Warum sind wir nicht weitergekommen. Ich habe gestern noch bis spät in die Nacht mit unserem Trainer zusammengesessen“, sagte Reil, in dem vor allem viele Fans einen der Schuldigen an der Misere sehen.

Wie es jetzt weitergehen wird? Schulterzucken. Sämtliche Verträge laufen aus, lediglich die Nachwuchsspieler haben noch einen Kontrakt für die zweite Liga. Auch Trainer John Patrick ließ seine Zukunft offen: „Ich habe mir zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Gedanken darüber gemacht.“ Reil hofft auf eine weitere Zusammenarbeit mit dem Trainer, mit dem er sich auf einer Wellenlänge sieht.

Ob Reil überhaupt weitermacht, in welcher Halle künftig gespielt wird und mit wem ist offen – selbst in welcher Liga. Die Chance auf eine Wildcard für die Bundesliga besteht, falls der Lizenzantrag des potenziellen Aufsteigers Düsseldorf abgelehnt wird; die Entscheidung fällt in den nächsten zwei Wochen. Dafür wäre jedoch eine Gebühr von 250 000 Euro fällig, die dann im Etat fehlen dürften. Das könnte gleichbedeutend mit einem Abstieg auf Raten sein – wie das jüngste Beispiel der Gießen 46ers zeigt. Die haben sich in der vergangenen Saison den Ligaverbleib auf diese Weise gesichert und steigen jetzt nicht nur ab, sondern stehen auch vor der Insolvenz.