Warum das Finalturnier der Basketball-Bundesliga für Marko Pesic, den Geschäftsführer des FC Bayern München, ungemein wertvoll ist – auch wenn es nichts zu verdienen gibt.

München - Das Finalturnier der Basketball-Bundesliga beginnt an diesem Samstag in München, zehn Teams spielen um den Titel des Corona-Meisters – und alle sind gespannt, wie es läuft. Auch Mitorganisator Marko Pesic.

 

Herr Pesic, ein Motto von Ihnen lautet: „Wenn du etwas machst, mache es richtig!“ Hat die Basketball-Bundesliga in der Corona-Krise alles richtig gemacht?

Die Ungewissheit war natürlich sehr groß, trotzdem gab es keine reflexartigen Entscheidungen. Wir haben immer versucht, Schritt für Schritt zu gehen – mit dem Ziel, die Saison sportlich zu beenden. Ich finde, die BBL hat ihren Job sehr gut erledigt.

Wurde im Handball, Volleyball oder Eishockey der Fehler gemacht, die Runde zu schnell abzubrechen?

Das ist schwer zu sagen, ich will da auch nicht urteilen, ohne interne Informationen zu kennen. Ich kann nur über unsere Sicht sprechen: Wir wollten keine Entscheidungen am grünen Tisch, die nur Konfliktpotenzial bergen. Die Saison zu Ende zu spielen, ist die ehrlichste, fairste und sauberste Lösung. Deshalb bin ich froh, dass wir die nötige Geduld gezeigt haben.

Wie groß waren die wirtschaftlichen Zwänge?

Jeder Verein, der an dem Turnier teilnimmt, hat natürlich auch finanzielle Interessen – es geht vor allem darum, mögliche Regressanforderungen von Sponsoren abzuwenden.

Was gibt es zu verdienen?

Das Turnier findet in München statt, nicht in Las Vegas, wo man Geld machen kann ohne Ende. Für die Vereine zählt, mit einem blauen Auge davonzukommen. Keiner wird in den nächsten drei Wochen etwas verdienen.

Wo liegt dann der Mehrwert?

Die Antwort ist vielschichtig.

Legen Sie los.

Es geht nicht um einzelne Spieler oder Vereine, sondern um das ganze System. Um die Mitarbeiter auf den Geschäftsstellen, um die Nachwuchsarbeit, um Schul-AGs – um alles, was an der BBL dranhängt. Zudem kann dieses Turnier eine Blaupause sein, sollten wir in die Situation kommen, im Oktober oder November immer noch ohne Fans spielen zu müssen. Und dann gibt es auch noch die politische Ebene: Wir können als Liga zeigen, dass wir ein guter, verlässlicher Partner sind. Auch deshalb sind diese drei Wochen wichtig für die Zukunft der BBL – dieser Verantwortung sind wir uns bewusst.

„Ich bin überzeugt, dass wir den sichersten Weg gefunden haben“

Manche Fußball-Funktionäre haben nach dem Re-Start stolz verkündet, dass die ganze Welt auf die Bundesliga blicke. Schaut die Basketball-Welt nun auf die BBL?

Ich habe zu großen Respekt vor der Situation, um so etwas zu sagen.

Wie würden Sie es ausdrücken?

Wenn wir am Ende das Ergebnis präsentieren können, dass die Basketball-Fans in Europa erlebt haben, wie wir mit Disziplin und Intelligenz ein interessantes Turnier organisiert und unsere Medienattraktivität erhöht haben, dann bin ich gerne dabei. Doch bevor wir das nicht hinbekommen haben, bleibe ich vorsichtig.

Sie waren die Triebfeder beim Konzept der BBL – und jetzt gibt es Zweifel?

Nein, ich bin überzeugt, dass wir den sichersten Weg gefunden haben. Und trotzdem kann es in zwei Richtungen gehen.

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Ihre Hygienebedingungen sind strenger als die Regelungen in der Fußball-Bundesliga.

Was die Minimierung des Risikos angeht, sind sich die Konzepte ziemlich ähnlich. Der große Unterschied ist, dass sich bei uns alle Mannschaften an einem Standort in einer Halle und einem Hotel befinden. Das gibt eine gewisse Sicherheit – und könnte durchaus beispielhaft für andere Ligen sein.

Die Fußballer haben erste Erfahrungen mit Geisterspielen gesammelt. Wie wird es im Basketball laufen?

Bei uns spielt die Interaktion zwischen Fans und Spielern eine noch größere Rolle, weil die Zuschauer viel näher dran sind. Deshalb will niemand Geisterspiele.

Aber?

Es gibt aktuell keine Alternative – und aus meiner Sicht auch interessante Aspekte.

Zum Beispiel?

Basketball ist komplex, schnell, es gibt hohe Ergebnisse und viele Aktionen. Die Fans werden die Kommunikation auf dem Feld mitbekommen, ganz andere Einblicke erhalten. Ich bin gespannt, wie das ankommt.

„Wir spielen nicht, um am Ende Zweiter zu werden“

Wie hoch wird die Qualität der Spiele sein?

Das weiß ich nicht. Ich kann nur sagen, dass ich in diesem Punkt den Fußball als vorbildhaft empfinde: wie gut vorbereitet, wie seriös, wie engagiert, wie motiviert die Profis die Spiele bestreiten, das verdient allerhöchsten Respekt.

Für viele Ihrer Konkurrenten sind die Basketballer des FC Bayern der klare Favorit auf den Titel. Für Sie auch?

Dieses Thema interessiert mich nicht (lacht).

Neuer Versuch: Wie groß ist die Chance des FC Bayern auf den dritten Titel in Serie?

Es gab keine Testspiele, ich habe keine Ahnung, wer in welcher Verfassung ist. Klar ist für mich deshalb nur: Wir spielen das Turnier nicht, um am Ende Zweiter zu werden.

Welche Faktoren werden entscheiden?

In Geisterspielen ist die mentale Komponente viel wichtiger als sonst. Aus meiner Sicht ist sie sogar mindestens so wichtig wie die Qualität der Spieler.

Gibt es, auch ohne Fans, einen Heimvorteil für den FC Bayern?

Es ist, wie wenn man ein paar Freunde zu sich nach Hause einlädt, das Essen aber nicht selbst kocht. Man isst zwar auf seinem Teller und mit seinem Besteck, es ist aber nicht sicher, dass es einem auch am besten schmeckt. Klar kennen wir unsere Halle, aber auch die anderen Teams werden sich ganz sicher sehr schnell akklimatisieren.

„Für mich wäre dieser Titel sogar noch wertvoller“

Wie viel wert ist der Titel eines Corona-Meisters?

Es gibt ja Kritiker, die meinen, diese Meisterschaft zähle nicht richtig . . .

. . . Sie sehen das anders?

Komplett anders. Für mich wäre dieser Titel sogar noch wertvoller.

Warum?

Weil wir alle durch eine enorm schwierige Zeit mit vielen Sorgen, Ängsten und Unsicherheiten gegangen sind. Wer nun auch noch den Weg findet, sportlich erfolgreich zu sein, der hat eine ganz außergewöhnliche Leistung vollbracht.

Die MHP Riesen Ludwigsburg waren, als die Saison unterbrochen wurde, Zweiter. Ist dieses Team ein Titelkandidat?

Auf jeden Fall, und das sage ich nicht nur, weil wir in Ludwigsburg verloren haben.

Sondern?

Dieser Verein verfolgt seit Jahren ein Konzept, hat zudem einen sehr guten, erfahrenen Trainer mit einer Philosophie, für die er über die richtigen Spieler verfügt. Ich habe nicht nur vor Ludwigsburg Respekt – aber vor allem vor Ludwigsburg.

Zuletzt gab es in der Bundesliga Anti-Rassismus-Proteste von Fußball-Profis. Rechnen Sie während des Turniers mit ähnlichen Aktionen von Basketballern?

Wir leben in einer Zeit, in der Solidarität und Zusammenhalt absolut nötig sind, vielleicht mehr als je zuvor. Ich werde sicherlich niemandem verbieten, seine Meinung zu sagen. Und zugleich vertraue ich den Spielern, dass sie ganz genau wissen, was sie tun und für was ihr Verein und der Basketball-Sport weltweit stehen.

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