Gelingt nun sogar der Einzug in Runde vier? Nachdem die Zweitliga-Basketballerinnen des MTV Stuttgart unlängst überraschend den elffachen deutschen Meister TSV Wasserburg aus dem Wettbewerb geworfen haben, folgt an diesem Samstag (16.30 Uhr) die nächste DBB-Pokal-Aufgabe. Gegner ist der Staffelrivale Baskets Jena. „Wir haben große Chancen, auf jeden Fall“, sagt Selma Yesilova, „vor allem weil wir zuhause spielen, in unserer ‚Hölle‘ West.“ Eben von der 24-Jährigen dürfte dabei erneut einiges abhängen. Sie ist bei den Gastgeberinnen der namhafteste Neuzugang für diese Saison – und befindet sich auf einem guten Weg, die in sie gesteckten Erwartungen zu erfüllen.
Die ersten Schritte unter dem Korb machte Yesilova einst bei ihrem Heimatverein TG Nürtingen. Seither führte ihr Weg konstant nach oben. Baden-Württemberg-Auswahl, Stuttgarter Regio-Team, in Ludwigsburg Nachwuchs-Bundesliga und gleichzeitig schon zweite Liga bei den Frauen. Und nach dieser Ausbildungsperiode ging es auch im Aktivenbereich in die höchste nationale Spielklasse mit Stationen in Nördlingen, Marburg und Hannover. Nun also wieder Stuttgart. Man kennt sich. Mit ihrer Mitspielerin Nikolina Antic teilte Yesilova einst in Ludwigsburg ein Internatszimmer. Der Kreuzbandriss im linken Knie von Ende 2022, ihrer Marburger Zeit, ist längst geheilt und vergessen. „Das war schon komisch. Passiert ist mir das in einem Pokalspiel gegen Wasserburg. Und mein Comeback nach der OP und Reha hatte ich ausgerechnet wieder im Pokalspiel gegen Wasserburg, ein Jahr später“, sagt Yesilova.
Und nun also erneut Cup-Konkurrenz. Letzte Runde, bevor auch die Erstligisten ins Geschehen einsteigen. „Diese Begegnung ist eine große Herausforderung für uns, weil wir einerseits im Hinblick auf die Liga nicht zu viel von uns verraten wollen. Andererseits haben wir damit einen guten Indikator, wo wir stehen“, sagt der MTV-Trainer Cyril Da Silva. Und dabei soll seine Spielerin mit der Trikotnummer 7 genau das machen, was sie am besten kann: werfen – und vor allem treffen. Da Silvas Einschätzung: „Selma gehört zu den besten Spielerinnen der Liga, bringt viel Erstligaerfahrung mit, auch wenn sie länger verletzt war. Sie kennt die Intensität und hat einen super Wurf.“ Die eigentliche Aufbauspielerin, also Point Guard, wurde vom Trainer als Shooting Guard nach Stuttgart geholt. Sie soll sich auf dem Spielfeld erst gar nicht darum kümmern, den Ball nach vorne zu bringen. Diese Aufgabe übernehmen andere für sie.
Coach und Spielerin sind sich in den vergangenen Jahren immer wieder über den Weg gelaufen – bis es heuer matchte. „In der Sommerpause habe ich mit Cyril an meinem Spiel gefeilt“, sagt Yesilova, während sie sich die Schuhe bindet. Ganz besondere Schuhe. Sie sind eine Hommage an Kobe Bryant, der als einer der besten Shooting Guards aller Zeiten gilt und vor knapp sechs Jahren bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kam. Seine Trikotnummern 24 und 8, die er bei den Los Angeles Lakers trug, bilden das Design der Schuhe. „Ich fühle mich mit seiner Spielmentalität sehr verbunden“, sagt Yesilova. „Und außerdem ist der 24. August mein Geburtstag, ein Tag nach seinem.“
Als Neuzugang aus der ersten Liga spürte sie anfangs in Stuttgart schon einen gewissen Druck. „Aber das war ein guter Druck. Ich habe mich reingefunden und das Team hat sich gefunden. Es läuft“, sagt die einstige 3 x 3-U-23-Nationalspielerin. Für Letzteres sei sie inzwischen „leider zu alt. Schade“. Aber in der Szene unterwegs ist sie immer noch. Und natürlich hat sie die deutsche 3 x 3-Goldmedaille der Frauen von Paris 2024 mitverfolgt. Beim Ball des Sports hat Yesilova ihre Freundin Elisa Mevius begleitet, als die Goldmedaillen-Gewinnerinnen auch noch als Mannschaft des Jahres ausgezeichnet wurden. „Das war ein Wahnsinnserlebnis, und es ist ein Traum, in seiner Karriere so weit zu kommen“, sagt sie.
Yesilova selbst verfolgt freilich einen anderen Weg. Sie studiert Ernährungswissenschaften und macht eine Ausbildung zum Personal Trainer. Auch ein Grund für den Wechsel nach Stuttgart, zweite statt erster Liga. So lassen sich Sport und Beruf besser kombinieren. Doch derzeit liegt der Schwerpunkt auf dem orangenen Lederball: fünf Trainingseinheiten pro Woche, dazu ein Spiel am Wochenende. Darüber hinaus trainiert Yesilova die U-12-Mädchen im Verein. Macht drei weitere Trainingseinheiten plus ein weiteres Spiel. Und sie wohnt mit drei Mitspielerinnen gemeinsam in einer WG – auch da dreht sich viel um ein Thema. Natürlich, wie könnte es anders sein: Basketball.