Ludwigsburgs Basketballer sind im Halbfinale gegen Bonn ausgeschieden – und wahrscheinlich scheiden nun die meisten Spieler aus dem Kader aus.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Der Fernsehsender Sport 1 hatte in der Halbfinalbegegnung am Freitag zwischen Ulm und dem FC Bayern einen Hinweis eingeblendet auf ein weiteres Play-off-Spiel am Montagabend zwischen Ludwigsburg und Bonn. Dumm gelaufen, denn diese Partie findet gar nicht mehr statt, weil die Serie schon am Samstag nach dem dritten Spiel entschieden wurde. Zu Gunsten der Telekom Baskets Bonn beim 82:73(36:35-)Sieg. Die MHP Riesen allerdings hatten an diesem einmal mehr emotionsgeladenen Abend alles dafür getan, um noch einen weiteren Heim-Auftritt zu erzwingen, allerdings ohne Happy-End.

 

Wobei auch die Schiedsrichter im Mittelpunkt standen. „Nein, sie haben das Spiel nicht entschieden“, stellte Ludwigsburgs Trainer Josh King hinterher klar, fügte aber hinzu: „Ich habe nicht alle Entscheidungen verstanden.“ Strittig war vor allem die Disqualifikation des Spielmachers Will Cherry, der mit 17 Punkten seine bisher beste Leistung bei den Riesen abgerufen hatte, sich aber kurz vor Ende des dritten Viertels zwei unsportliche Fouls einhandelte. „Ich habe die Szene von meinem Platz aus nicht gesehen“, sagte der Vorsitzende Alexander Reil, der in seiner Funktion als Liga-Präsident zurückhaltend sein wollte und nur sagte: „Ich hätte mir vielleicht etwas mehr Fingerspitzengefühl gewünscht.“

Doch Basketball ist, speziell in den Play-offs, kein Wunschkonzert. Später erwischte es auch noch Prentiss Hubb (18 Punkte), der wegen Beinstellens ein disqualifizierendes Foul aufgebrummt bekam. Hart, aber zumindest vertretbar. Und weil ein Unglück selten allein kommt, hatte zuvor schon der in dieser Saison überragende Kapitän Yorman Polas Bartolo mit einer Wadenverletzung vorzeitig vom Feld müssen, Eddy Edigin kam angeschlagen erst gar nicht zum Einsatz. Unter den gegeben Umständen zollte das Aufbäumen der Mannschaft dem sonst durchaus kritischen Reil ein Lob ab: „Man hat heute die Ludwigsburger DNA gesehen.“ Die da lautet: Gefürchtet und stolz darauf.

Die Serie in dieser Woche hatte nicht nur auf dem Feld, sondern ebenso in den (sozialen) Medien hohe Wellen geschlagen, auch wenn davon am Ende keiner mehr viel wissen wollte. Bonns Trainer Tuomas Iisalo hatte Polas Bartolo ja vorgeworfen, sein Stil habe nichts mit Basketball zu tun, „das ist Wrestling“, woraufhin der Ludwigsburger Spieler konterte: „Falls euch die Spielweise nicht gefällt, ist Ballett vielleicht die richtige Sportart.“ Am Ende gab es am Samstag zumindest einen versöhnlichen Handschlag der beiden, während Will Cherry am Mittwoch bei der renommierten Schiedsrichterin Anne Panther auf Instagram anzweifelte, ob sie für ein Männer-Spiel geeignet sei, womit er sich keine Freunde gemacht hat.

Jetzt ist die Saison für die Riesen zu Ende, die Spieler werden sich wieder einmal in alle Himmelsrichtungen verstreuen. Wobei sich die Mannschaft durch ihren vierten Platz im Abschlussklassement ganz nebenbei für die direkte Teilnahme an der Champions League qualifiziert hat, ein Wettbewerb, den just die Bonner vor einem Monat erstmals nach Deutschland geholt haben, verbunden mit einer Million Euro Prämie.

Aber auch für die Riesen lief die Saison ebenfalls nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich. Der Verein hatte vor der Runde (als noch die Corona-Nachwehen aktuell waren) mit einer Hallen-Auslastung von 55 Prozent im Schnitt gerechnet, also 2200 Zuschauern, am Ende waren es 95 Prozent oder knapp 3800 Besucher pro Spiel. „Wenn man in den Play-offs zwei Heimspiele hat, ist das positiv“, sagt Reil, betont aber auch: „Wir stehen wirtschaftlich immer gut da, weil wir vernünftig kalkulieren.“

Riesen liegen vom Etat im Mittelfeld

Von dem Fünf-Millionen-Etat ausgehend belegt der Club einen Mittelfeldplatz irgendwo zwischen Rang sieben und neun der Bundesliga, was im Umkehrschluss heißt, dass die Mannschaft überperformt hat. Mit der vierten Halbfinal-Teilnahme nacheinander haben sich die Riesen in der Beletage des deutschen Basketballs etabliert. Vorerst. Was durchaus zum Problem werden kann, denn die Erwartungshaltung steigt.

Zunächst einmal gibt’s an diesem Montag (19 Uhr) doch nochmals Basketball in Ludwigsburg. Dann aber in der Rundsporthalle bei der offiziellen Saisonverabschiedung der Mannschaft. Die Youngster Jacob Patrick und Sebastian Hartmann zieht es ans College in die USA, Kapitän Yorman Polas Bartolo bleibt definitiv an Bord. Wer sonst? „Eher wenige“, sagt Reil realistisch. Heißt im Extremfall – keiner.