Die britische Band Bastille hat in der Porsche-Arena gespielt – mit einer feinen Lichtregie und allen Hits, aber vor halb leeren Rängen.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Vielleicht liegt’s einfach nur am Überangebot. Drei Konzerte in der Schleyerhalle und zwei in der Porsche-Arena gibt es allein in diesen Tagen, irgendwann scheint da dann auch mal die Verfügbarkeit des Publikums endlich, zumal Konzertbesuche ja nicht gerade ein preiswertes Hobby sind.

 

Womöglich liegt’s aber auch an der seit vielen Jahren ungelösten Misere, dass die Hauptstadt des Landes Baden-Württemberg keine Konzerthalle besitzt, die rund dreitausend Besuchern Platz bietet. Seit dem Abriss des Messecongresscentrums machen aus diesem Grund viele Bands per se einen Bogen um Stuttgart, Debatten um dieses gravierende Strukturproblem werden in Stuttgart allerdings nicht geführt; entweder wird über einen Philharmonieneubau räsoniert, oder es wird – wie im Fall der Opernhaussanierung – seit zwei Jahrzehnten erfolglos diskutiert.

Woran liegt’s?

Eventuell liegt es aber auch an der Band und ihrer Musik selbst, dass der Publikumszuspruch längst nicht so ausfällt, wie man sich dies im Vorfeld gedacht hat. Die Porsche-Arena ist jedenfalls erstaunlich schlecht besucht. Gerade ein Drittel der Sitzplätze ist belegt, die Stehplätze unten im Saal sind so luftig besetzt, dass die Besucher sich zwischendurch bequem niederlassen können, um die quälend lange Wartezeit zu überbrücken, bis die Band sich – an einem Sonntagabend wohlgemerkt – um Viertel nach Neun auf die Bühne bequemt. Das ist für die Künstler unbefriedigend, verhindert allerdings auch, dass richtige Stimmung im Saal aufkommt. Exemplarisch zu besichtigen ist das im scheint’s obligatorisch gewordenen balladesken Konzertmoment, in dem – statt wie früher Feuerzeuge – jetzt bekanntlich die leuchtenden Mobiltelefone geschwenkt werden. Eher wie das Gegenteil einer sternklaren Nacht sieht in diesem Moment die halbdunkle Halle aus.

Doch wie gesagt, vielleicht liegt’s ja auch an der Musik. Definiert wird Bastille etwa von Wikipedia als Indierockband, aber: Indierock ist das beim besten Willen nicht. Dissonanzen, Brüche, Volten, stilistische Varianz oder irgendetwas, das wider den Stachel der Genrekonventionen löcken würde – alle Kennzeichen der Indiekultur sucht man in der Musik der britischen, live mit einem Keyboarder zum Quintett verstärkten Band beim Auftritt in Stuttgart vergebens. Der schroffste Moment des Konzerts ist eine der sehr sparsam dosierten Zwischenansagen des Bandvorstehers, in der Dan Smith sehr erwartbar das macht, was die Weltpresse seit vielen Monaten tut: nämlich die Politik des amerikanischen Präsidenten und der britischen Premierministerin zu geißeln.

Was fehlt?

Ansonsten gibt es eine sehr schön zu betrachtende, sehr farbenfrohe optische Begleitung auf dem großen Videotuch, ein a capella vorgebrachtes Coverversions-Intro von Cat Stevens’ Hit „Wild World“ und 75 Minuten später ein Coverversions-Outro mit ihrem aus zwei Achtziger-Jahre-Popsongs zusammengefügten Hit „Of the Night“, dazwischen ihren Riesenhit „Things we lost in the Fire“ sowie ihre anderen Hits „I know you“, „Pompeii“, „Good Grief“ und „Laura Palmer“, danach eine kleine Zugabe und in der Summe sehr viel, das sehr nach Formatradio klingt. Alles ist in Ordnung, die – laut Veranstalterangaben – 3500 Besucher sind nichtsdestotrotz eine Hausnummer, von der viele andere Bands nur träumen können, aber dennoch: Ein richtig aufregendes Konzerterlebnis sieht ganz anders aus.