Jahrzehntelang war Batman ein düsterer Geselle, aber stets ein Kämpfer für das Gute. Nun wird der Held zur perversen Karikatur seiner selbst, zum übelsten aller Schurken. Die Superhelden-Comics reagieren auf Donald Trump.

Gotham City - Vorstadthäuschen, offene Haustüren, selbstgebackener Apfelkuchen, Barbecues mit netten Nachbarn: Das war mal das eine Selbstbild, das Amerika von sich hatte. Batman war das andere. Der Vigilant im Fledermauskostüm stand für die Wehrhaftigkeit nach innen, für die Bereitschaft, in einer außer Kontrolle geratenden Großstadtwelt voller Freaks um die bürgerliche Sicherheit zu kämpfen.

 

Im Lauf der Jahrzehnte ist der schon 1939 erfundene Comic-Held dann ganz unterschiedlich interpretiert worden. Er war mal strahlende Lichtgestalt, mal ein rabiater Besessener. Aber erst jetzt, in der Ära Trump, wird diese amerikanische Ikone als durch und durch fieses Miststück gezeichnet, als die Freiheit und das Licht hassender Agent der Finsternis, der alles Bestehende zum Einsturz bringen möchte.

Grenzen des Wachstums

„Batman Metal“ heißt der in Deutschland beim Stuttgarter Panini-Verlag erscheinende Erzählzyklus, der nicht nur Batmans Heimatstadt Gotham City in den Untergang reißt. Das ganze vielfach aufgefächerte Multiversum, in dem der Verlag DC die Geschichten um Batman, Superman, Flash, die Grüne Laterne und viele andere Superhelden angesiedelt hat, steht vor der Auslöschung.

Wieder mal, könnten erfahrene Comic-Leser zu Recht stöhnen, denn die beiden großen Superhelden-Welten, die von DC und die des Konkurrenz-Verlages Marvel, sind längst an die Grenzen des Krisenwachstums gestoßen. Anfangs hatte Batman es noch mit ganz normalen Kriminellen zu tun. Bald kamen die Superschurken, denen Gefahren aus dem Weltall folgten, Götter und Dämonen traten auf den Plan, dann die nächste Rangstufe intergalaktischer Daseinszerstörer, denen interdimensionale Verheerensbringer folgten.

Etwas zerbricht

Mit anderen Worten, Amerikas Superhelden-Comics stecken seit langen in einem Schlamassel lachhafter Selbstübertrumpfungsversuche, aus dem sich die Verlage ab und an halbherzig zu befreien versuchen, nur um noch tiefer darin zu versinken. Auch „Batman Metal“ ist eine erzählerische Katastrophe. Trotzdem finden sich faszinierende Momente. Etwas bricht hier auseinander. Ein Rest Glaube von Amerika an die eigene innere Stärke und Rechtschaffenheit wird zu Grabe getragen.

Dass ein Superheld aufgrund irgendwelcher Besessenheiten, Infektionen oder Hypnosen kurz mal auf die dunkle Seite der Macht hinüberwechselt, ist zwar nichts Neues. Aber hier kommt das Böse wirklich von innen. Das Universum hat auch noch eine brodelnde Unterwelt, erfahren wir. In der existieren seine weniger lebensfähigen Varianten mit geringer Halbwertszeit. Ihre Entstehung verdanken die den Ängsten, Zweifeln und falschen Handlungsoptionen des irdischen Batman. Vielleicht fiel dem Autorenteam nicht einmal auf, dass es damit ein schrilles Bild für amerikanische Hybris liefert, für die Vorstellung, man sei das Schicksalszentrum allen Seins.

Macht im Hintergrund

Auf den zum Untergang bestimmten Welten jedenfalls haben sich schreckliche Varianten von Batman herausgebildet, massenmörderische Paranoiker, Tyrannen und Wahnsinnige, die in Misstrauen, Missgunst und Machtgier auch ihre Verbündeten abgeschlachtet haben. Unter der Führung des schrecklichsten von ihnen, eines lachenden Batman, der mit seinem verrückten Erzfeind, dem Joker, zu einer einzigen Person verschmolzen ist, setzen die Bat-Monster zum Sturm auf unsere Welt an, um ihr ewige Dunkelheit zu bringen. Wobei auch der lachende Batman der höhnischen Destruktionslust von einer Macht aus dem Hintergrund gelenkt wird.

Es fällt schwer, bei all dem nicht an Donald Trump zu denken, an die Entartung der amerikanischen Vision vom Weg an die Spitze für jeden Tüchtigen, an eine in Umnachtung und Korruption gekippte republikanische Partei, die unter Trumps Führung ihre alten Ideale und Positionen verrät, und an Wladimir Putin, dessen lenkende Hand manchen Beobachtern in Trumps Aktionen sichtbar zu werden scheint.

Beliebtes Scheusal

Batman war in den Interpretationen der letzten vier Jahrzehnte meist der verschlossenste aller Superhelden, der humorloseste, der düstere Wahrer eines strengen Wertekanons – auch wenn er tagsüber als der Milliardär und Playboy Bruce Wayne lebte. Aber nichts, was er tags, und nichts, was er nachts erlebte, konnte ihn von seinem Kurs abbringen.

„Batman Metal“ bringt ihn nun gründlich vom Kurs ab und reagiert damit auf eine politische Erschütterung ohnegleichen in den USA, auf die Erkenntnis, dass die personifizierte Missachtung von Regeln und Werten im Zentrum der Macht landen kann. Superhelden-Comics haben immer wieder, mal bewusster, mal unbewusster, auf die politische Lage und auf gesellschaftliche Stimmungen reagiert. Mal haben die Leser das gemocht, mal übersehen, mal abgestraft. Der lachende Batman, der als nihilistischer, sadistischer, zynischer Verführer und Gewaltfreak zerschlagen will, was andere aufgebaut haben, ist das politischste und das größte Scheusal der Bat-Welt. Und er werde, hat DC angekündigt, seiner Beliebtheit wegen bald eine eigene Reihe bekommen. Aber vorerst, ein wenig Hoffnung bleibt ja immer, beschränkt auf die sechs Bände einer Miniserie.

Lesetipps

Die Varianten von Batman:

Das Monster: Wer der aktuellen Geschichte um die fiesen Batman-Varianten folgen will, muss vier mehrbändige Zyklen lesen: neben „Batman Metal“ noch „Batman Metal: Die Vorgeschichte“ „Der Aufstieg der dunklen Ritter“ und „Widerstand in Gotham“. Alle erscheinen auf Deutsch bei Panini.

Der Rächer: Wer einen erwachsenen Wiedereinstieg in Batmans Welt sucht, ist mit Frank Millers „Die Rückkehr des dunklen Ritters“ (Panini) von 1986 noch immer gut beraten, der düsteren Vigilanten-Variante aus der Reagan-Ära.

Der Ritter: Wer Batman als Helden schätzt, kann mit Jeph Loebs eleganter Erzählung „Das lange Halloween“ (Panini) nichts falsch machen.