Nicht nur wegen hoher Kostensteigerungen gab es viele Diskussionen. Doch nun packt Weinstadt das Projekt eines Funktionshallenbads an. Ob die prognostizierten 16,6 Millionen Euro Baukosten realistisch sind?

Mit breiter Mehrheit sei dem Baubeschluss zugestimmt worden, freut sich der Weinstädter Oberbürgermeister Michael Scharmann über das Abstimmungsergebnis im Gemeinderat zum geplanten Funktionshallenbad. So klar war das nicht immer. Hatte das Großprojekt, das die Stadt mit den örtlichen Stadtwerken am Bildungszentrum umsetzen will, erst im Oktober mit einem Aufschlag von mehr als 36 Prozent auf die ursprünglich anvisierten Baukosten von 11,5 Millionen Euro für Schlagzeilen gesorgt. Nur unter Vorbehalt hatte das Gremium der Weiterplanung zugestimmt.

 

Wolf Dieter Forster (SPD) monierte nun vor dem anstehenden Baubeschluss, dass sein Vorschlag, die ortseigenen Thermal- und Mineralwasservorkommen mit einer Bohrung zu erschließen, nicht aufgegriffen wird und stattdessen Fremdwasser genutzt werden soll. „In Zeiten von Wasser- und Energieknappheit sollten wir unsere Bodenschätze nutzen“, sagte er. Dem hielt der Stadtwerke-Geschäftsführer Stefan Maier entgegen, dass man den Vorschlag sehr wohl geprüft und Expertenmeinungen dazu eingeholt habe. Doch habe man sich aus wirtschaftlichen Gründen dagegen entschieden. Sollte man zu einem späteren Zeitpunkt zu einer anderen Auffassung kommen, so lasse sich Forsters Vorschlag auch nachträglich noch realisieren.

Stadtwerke stemmen das Stammkapital

Larissa Hubschneider (Grüne) kündigte an, ihre Zustimmung wegen der hohen Kosten des Projekts zu versagen. Angesichts klammer Stadtfinanzen sowie vieler unerledigter Pflichtaufgaben wie mehr Kita-Plätze, barrierefreie Bushaltestellen, der Bau eines neuen Feuerwehrhauses und einem Sanierungsstau in der Stadt sei der Hallenbadbau zu teuer. Diese Position vertrat auch Ernst Häcker (CDU).

Nach der aktuellen Kostenschätzung des mit der Planung beauftragten Hamburger Architekturbüro Geising und Böker müssen 16,6 Millionen Euro investiert werden. Knapp fünf Millionen sollen die Stadtwerke als Stammkapital beisteuern, wobei sie über die Stadt einen Bundeszuschuss in Höhe von drei Millionen erhalten. Um die übrigen zwei Millionen zu stemmen, sind sie auf die finanzielle Unterstützung der Stadt angewiesen. Die eigentliche Herausforderung sind indes die deutlich gestiegenen Finanzierungszinsen auf mehr als drei Prozent. „In den ersten Jahren macht das 278 000 Euro aus“, erklärte Stefan Maier. Sie seien auch der Grund für den fast eine halbe Million Euro höheren Abmangel, den zunächst ebenfalls die Stadt übernehmen soll.

Vor weiteren Preissteigerungen müsse man sich indes wohl nicht fürchten. „Was wir feststellen ist, dass zumindest die Schwünge, die vergangenes Jahr dramatisch nach oben gingen, nicht mehr stattfinden, sondern sich im Gegenteil nach unten bewegen“, berichtete der Architekt Eshref Bajrami aus den Erfahrungen seines Büros, die auf einem „erheblichen Datensatz“ basierten. „Wir submittieren zwei bis drei Bäder pro Monat.“ Daher könne man davon ausgehen, dass die jetzt anvisierten Kosten eingehalten werden könnten. Zudem versprach er, sie regelmäßig auf ihre Validität zu prüfen.

Von den im vergangenen Herbst im Raum stehenden Einsparungen am Badneubau hatte man indes abgesehen, wie die von Bajrami vorgestellten aktuellen Entwurfspläne zeigten. Danach wurde die Zahl von sechs Bahnen für das Schwimmerbecken beibehalten und nicht auf fünf reduziert, um die Kubatur des Gebäudes zu verkleinern. Damit kann auch das Lehrschwimmbecken in der geplanten Größe und mit Einstiegstreppe zur Wassergewöhnung gebaut werden.

„Wir müssen jetzt Mut haben“, wirbt der OB

Auch auf die Sprunganlage mit einem Drei- und einem Ein-Meter-Brett wird nicht verzichtet. Dies hätte die Nutzung des Bades stark eingeschränkt, weil dann weder Schwimmabzeichen noch Rettungsschwimmer- oder Trainerbescheinigungen hätten erworben werden können. Gleiches hätte für die übrigen Sparvorschläge gegolten, wie etwa statt den beiden Kinderbecken mit Wasserspielen lediglich einen Trockenspielbereich einzurichten.

„Wir müssen jetzt einfach Mut haben. Das ist unsere letzte und einzige Chance, die wir in den nächsten 20 Jahren haben“, warb OB Scharmann kurz vor dem Votum eindringlich um Zustimmung. Ansonsten laufe man Gefahr, komplett ohne Bäderlandschaft in der Stadt dazustehen, warnte er vor dem Hintergrund, dass das marode Cabriobad bereits seit Jahren geschlossen ist, und es nur eine Frage der Zeit sei, bis das desolate Stiftsbad ebenfalls dichtgemacht werden muss.

Bei nur wenigen Gegenstimmen und einer Enthaltung traf das Gremium den Baubeschluss – und erntete kräftigen Applaus von Sitzungsbesuchern.