Seit Monaten warten die Energiekonzerne auf die Kraftwerksstrategie des Bundes – jetzt ist klar: vor den Neuwahlen wird das nichts mehr. Das Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) hatte am Mittwoch angekündigt, seine Pläne für ein neues Kraftwerksgesetz in dieser Legislaturperiode zu begraben. Das bleibt nicht ohne Folgen für Baden-Württemberg. Landesumwelt- und Energieministerin Thekla Walker (Grüne) bedauerte die Absage: „Alle Ländervertreter – egal welcher politischen Farbe – haben auf der jüngsten Energieministerkonferenz einstimmig betont, dass das Kraftwerkssicherheitsgesetz so schnell wie möglich kommen muss“, sagte Walker unserer Zeitung. „Es ist auch ein Schlüsselfaktor für den Kohleausstieg im Land und entscheidend, dass wir unsere Klimaziele erreichen können.“
Klimaziele hängen am Kohleausstieg
Das Land ist auf eine zügige Umsetzung der Kraftwerksstrategie angewiesen, will es seine selbstgesetzten Klimaziele erreichen. Die wackeln ohnehin schon gehörig und hängen in hohem Maße vom Kohleausstieg ab, wie der vom Land eingesetzte Klimasachverständigenrat zuletzt erneut konstatierte. Je weiter der Bau neuer Kraftwerke hinausgezögert wird, desto mehr Fragezeichen müssen hinter den vom Land anvisierten vorgezogenen Kohleausstieg im Jahr 2030 gemacht werden. „Für Baden-Württemberg bringt es zudem hohe Investitionen in unsere Energiewirtschaft“, so Walker. „Das ist ein fertig geknüpftes Konjunkturpaket. Es ist sehr bedauerlich, dass es aus wahltaktischen Gründen jetzt womöglich ein Jahr lang im politischen Warenlager liegen bleibt.“
Walker appelliert an die CDU als Koalitionspartner im Land: „Die Klimaziele haben wir in der Landesregierung gemeinsam beschlossen“, sagte sie. „Ich hoffe, dass sie nun nicht im Bundestagswahlkampf unter die Räder kommen.“
Anfang 2024 hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach langen Verhandlungen Eckpunkte für die Kraftwerksstrategie vorgestellt. Ein Kernpunkt sind neue Gaskraftwerke, die für Energiesicherheit sorgen sollen und perspektivisch mit Wasserstoff betrieben werden können. Bei der EnBW fürchtet man, dass die Kraftwerke ohne entsprechende Anreize eher im Norden entstehen könnten, wo mit Hilfe von Erneuerbaren Energien Wasserstoff schneller verfügbar wäre. Für die Konzerne ist die gesetzliche Grundlage deshalb wichtig, weil sie auf Förderung für den Bau der neuen Kraftwerke setzen. Dabei gab es durchaus schon laute Kritik an dem Konzept.
Alle mahnen zur Eile
Vom Versorger EnBW heißt es nun, die neue Bundesregierung müsse sich im 100-Tage-Programm des Gesetzesvorhabens annehmen. Dabei sollten die Stimmen der Umsetzer gehört werden, teilte ein Sprecher mit. Die EnBW wolle sich zudem dafür einsetzen, dass bereits vor den ersten Ausschreibungen zu einem Kraftwerkssicherheitsgesetz Klarheit über den sich anschließenden Kapazitätsmechanismus geschaffen werde.
Es war aber ohnehin unwahrscheinlich, dass das Gesetz mit der Union hätte verabschiedet werden können. CDU-Bundesvize Andreas Jung betonte aber, dass Kraftwerksgesetz sei nun nicht an der Union, sondern an der Uneinigkeit der Regierung gescheitert. „Alles andere sind rot-grüne Nebelkerzen“, sagte der Sprecher der Unionsfraktion für Klimaschutz und Energie. Zwei Jahre nach den ersten Überlegungen sei das Projekt nun abgeräumt worden. Es werde Aufgabe der neuen Regierung sein, „sehr zeitnah“ ein solides Konzept vorzulegen.“ Das sieht auch Umweltministerin Walker so. Sie mahnt zur Eile: „Unternehmen wie die EnBW brauchen Planungssicherheit.“