Seit drei Monaten gibt es keine Busverbindung in den Böblinger Stadtteil. Vor allem ältere Menschen sind betroffen. Die Stadt räumt Versäumnisse ein und organisiert nun einen Pendelverkehr.

Böblingen - Viele Jahre lang hat Monika Buchheit als städtische Seniorenarbeiterin das Wort für Menschen erhoben, die sich nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens befinden. Nun verspürte die 75-Jährige, mittlerweile längst im Rentenstand, das Bedürfnis, einmal wieder was zu sagen. Zu ungeheurlich erschien ihr, was sich seit Wochen in der Waldsiedlung am Rauhen Kapf abspielt.

 

Bagger haben dort die Taunusstraße komplett aufgegraben, um neue Fernwärmeleitungen zu legen und alte Versorgungsleitungen auszutauschen. Als die Bauarbeiter Anfang Juli anmarschierten, war klar, dass auch die Haltestelle am Ende der Taunusstraße betroffen ist und der Busverkehr dort eingestellt werden muss. Das Problem dabei: Der Rauhe Kapf wird nicht nur von vielen älteren Menschen bewohnt, die Siedlung ist auch in den Wald gebaut und nur von einer Seite per Straße erreichbar. Die Sackgassen-Situation brachte somit alle, die im hinteren Bereich der Siedlung wohnen und auf den Bus angewiesen sind, in eine schwierige Lage. Rund ein Kilometer Fußmarsch wartet auf diese Bewohner seither bis zum nächsten Bushalt an der Schönaicher Straße.

Bildet sich am Waldrand ein „Getto“?

„Ein Unding“, schimpft Monika Buchheit. „Die Leute, die kein Auto haben oder schlecht gehen können, sind komplett vom Leben abgeschnitten“, sagt sie. Nicht jeder könne sich dort ein Taxi leisten oder habe Angehörige, die mit dem Fahrzeug vorbei kommen.

Monika Buchheit erzählt von einer älteren Dame mit schmaler Rente, die von dieser Situation hart betroffen ist. „Deren Herz ist schwer geschädigt, die schafft den Weg bis zur Haltestelle beim IBM-Labor nicht mehr“, berichtet sie. Diese Frau sei seit Wochen auf die Gnade anderer Leute angewiesen. Offenbar ein Beispiel von vielen: „Die Leute jammern alle“, erzählt Monika Buchheit und spricht von einem „Getto“, das sich da am Waldrand bilde.

Bei der Stadtverwaltung versucht man erst gar nicht lange, die Sache zu beschönigen. Gianluca Biela, der stellvertretende Pressesprecher, redet Klartext und räumt Fehler ein: „Das ist dumm gelaufen“, sagt er. Man bedaure, dass nicht rechtzeitig eine Ersatzlösung für den Busverkehr überlegt worden sei. Den Einschränkungen und Belastungen durch diese Baumaßnahme vor allem für ältere Menschen, sei man sich bewusst gewesen.

Auch in der Kommunikation scheint wohl mächtig etwas schief gelaufen. Den Betroffenen wurde nur vom ersten Bauabschnitt berichtet, der Anfang September endete. Dass der Bus bis Ende Oktober nicht fahren wird, war im Stadtteil nicht bekannt.

Beschwerden nötigen Rathaus zum Handeln

Erst mehrere Beschwerden, die inzwischen auf dem Rathaus gelandet sind, haben die Verwaltung nun zum Handeln genötigt. Man habe sich hierauf zusammengesetzt und „intensiv“ nach einer Lösung geschaut, heißt es. Am Dienstag gab es eine Befahrung mit einem Kleinbus, der im Gegensatz zum Linienbus im hinteren Bereich des Stadtteils wenden kann, und ab sofort einen Zubringerverkehr zur nächsten Haltestelle an der Schönaicher Straße anbietet. Ein Angebot, das reichlich spät kommt. Ab dem 27. Oktober soll der Linienbus wieder regulär fahren.

In der Verwaltung möchte man diesen Vorfall aufarbeiten

Warum diese nahe liegende Lösung nicht von Anfang an verfolgt wurde, dafür hat man auf dem Rathaus keine Antwort. Gianluca Biela beteuert jedoch, dass ein solches Versäumnis nicht mehr vorkommen wird. Man werde diese Sache aufarbeiten. „Situationen wie diese haben wir in Zukunft auf dem Schirm“, verspricht er.

Der Kleinbus mit 16 Sitzplätzen fährt ab sofort vier mal vormittags zwischen 8.32 und 10.12 Uhr sowie vier mal nachmittags zwischen 15.20 und 16.50, jeweils montags bis sonntags. Nähere Details gibt es in einem Aushang an der Ersatzhaltestelle.