Ein Projekt nach dem anderen zieht die Stadt mittlerweile durch. Das Kulturzentrum war der Anfang. Rund 25 Millionen Euro investiert die Kommune. Sie hofft, mit diesem Kongress- und Kulturzentrum ein großes Stück vom Veranstaltungskuchen in der Region abzubekommen. Am letzten Septemberwochenende wird die Stadt ihr neues Schmuckkästchen einweihen – und mit ihm das Kulturkarree, von dem die Oberbürgermeisterin so gerne spricht. Rund um den Marktplatz gruppieren sich das K mit Theater und Bücherei, das Museum und das Haus der Musik. Viel Kultur für eine Stadt, die es sich auch bequem machen und ihre Bürger nach Stuttgart und Ludwigsburg schicken könnte.

 

Aber überlegen wir, was – oder besser gesagt wem – Lurchi bei seinem Streifzug durch Kornwestheim noch so begegnen könnte. Ravo zum Beispiel, einem zum Leben erwachten Spielkegel mit nach hinten gedrehter Baseballkappe und Daumen-hoch-Geste. Lurchi trifft Ravo – das ist wie die Begegnung von Vergangenheit und Zukunft. Lurchi steht für knapp 120 Jahre Firmengeschichte, für ein Unternehmen mit in Spitzenzeiten 18 000 Beschäftigten, das Kornwestheim wie kein anderes prägte. Und Ravo – das ist das in den Stadtfarben Blau und Gelb daherkommende Maskottchen der Ravensburger Kinderwelt, die am 1. Juni in Kornwestheim eröffnet wird. Dieses Projekt – eine 2000-Quadratmeter-Spielfläche in einem lange Zeit leer stehenden Einkaufszentrum – ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich. Es ist die einzigartige Kooperation zwischen einem Unternehmen (Ravensburger) und einer Kommune (Kornwestheim), es ist der Versuch einer Gemeinde, ihrer dahinsiechenden Innenstadt Leben einzuhauchen.

Die Innenstadt – auch so ein Fall. Schon in den 1980er Jahren verabschiedete der Gemeinderat einen Rahmenplan. Aber dann mangelte es mal am Geld, mal an Mut und Einigkeit, die Pläne in Taten umzusetzen. 30 Jahre sollte es dauern, bis sich Entscheidendes und Millionenschweres tat. Die Stadt änderte die Verkehrsführung, verpasste ihrer Innenstadt ein neues Aussehen. Und sie wagte, um ein Spielcasino in einem leer stehenden Einkaufszentrum zu verhindern, eine Kooperation mit der Firma Ravensburger. 2,5 Millionen Euro Startkapital steckt die Stadt in einen – so das Ziel – pädagogisch anspruchsvollen Indoor-Spielplatz, jährlich fließt eine sechsstellige Summe aus dem Stadtsäckel in den Betrieb.

Die Kinderwelt als Besuchermagnet

Das Projekt ist so außergewöhnlich, dass sogar das Regierungspräsidium seinen Segen geben musste. Denn wirtschaftlich betätigen darf sich eine Kommune nur in solchen Aufgabenfeldern, die Unternehmen links liegen lassen. Es mögen Zweifel aufkommen, ob ein Indoor-Spielplatz ein solches Betätigungsfeld ist. Deshalb spricht Oberbürgermeisterin Ursula Keck auch lieber von einer „Bildungseinrichtung“. Und für Bildung, argumentiert sie, sei nun einmal die öffentliche Hand zuständig. Sie schiebt noch hinterher: „Andere Kommunen haben Skilifte.“

Ende des Jahres 2006 traten bei Sanierungsarbeiten im Vorgängerbau Asbestfasern aus, und das Kulturhaus musste von jetzt auf gleich geschlossen werden. Von einem Glücksfall mag Oberbürgermeisterin Ursula Keck nicht reden, ein großer Verlust war es für die Stadt allerdings auch nicht. Die Auslastung lag ohnehin nur noch bei zehn Prozent, der Theatersaal strahlte den Charme der 1970er Jahre aus. „Irgendwann“, sagt Ursula Keck, „hätte sich ohnehin die Frage gestellt, was man mit dem Haus tut.“ Aber so sah sich Kornwestheim gezwungen, sich schon eher Gedanken über die Zukunft des Gebäudes zu machen – und nicht nur darüber.

Als Keck im Jahre 2007 als Oberbürgermeisterin kandidierte, da spürte sie die „Sehnsucht nach einem Aufbruch“. Kornwestheim wirkte wie gelähmt. Reihenweise schlossen die Läden in der Innenstadt, das große Salamanderwerk lag mehr oder weniger brach, das Kulturhaus war geschlossen. Und zwischen Gemeinderat und Stadtspitze herrschte Eiszeit. Der Erste Bürgermeister Dietmar Allgaier sieht darin den eigentlichen Grund für den Stillstand. Er kennt die Stadt so gut wie kaum ein anderer. Allgaier ist in Kornwestheim aufgewachsen. Er engagierte sich in Vereinen, wurde 1998 in den Gemeinderat gewählt, war Vorsitzender der CDU-Fraktion und ist seit 2008 Bürgermeister. „Die Politik“, sagt er, „war vor 2007 nicht mehr in der Lage, Entscheidungen zu treffen.“ Und die Stadtverwaltung habe kaum Vorschläge unterbreitet, wie sie Kornwestheim voranbringen wolle. Das hat sich mit der Wahl der parteilosen Ursula Keck, die gleich im ersten Anlauf mehr als 70 Prozent der Stimmen auf sich vereinigte, gründlich geändert.

Der Hoffnungsträger heißt Ravo

Ein Projekt nach dem anderen zieht die Stadt mittlerweile durch. Das Kulturzentrum war der Anfang. Rund 25 Millionen Euro investiert die Kommune. Sie hofft, mit diesem Kongress- und Kulturzentrum ein großes Stück vom Veranstaltungskuchen in der Region abzubekommen. Am letzten Septemberwochenende wird die Stadt ihr neues Schmuckkästchen einweihen – und mit ihm das Kulturkarree, von dem die Oberbürgermeisterin so gerne spricht. Rund um den Marktplatz gruppieren sich das K mit Theater und Bücherei, das Museum und das Haus der Musik. Viel Kultur für eine Stadt, die es sich auch bequem machen und ihre Bürger nach Stuttgart und Ludwigsburg schicken könnte.

Aber überlegen wir, was – oder besser gesagt wem – Lurchi bei seinem Streifzug durch Kornwestheim noch so begegnen könnte. Ravo zum Beispiel, einem zum Leben erwachten Spielkegel mit nach hinten gedrehter Baseballkappe und Daumen-hoch-Geste. Lurchi trifft Ravo – das ist wie die Begegnung von Vergangenheit und Zukunft. Lurchi steht für knapp 120 Jahre Firmengeschichte, für ein Unternehmen mit in Spitzenzeiten 18 000 Beschäftigten, das Kornwestheim wie kein anderes prägte. Und Ravo – das ist das in den Stadtfarben Blau und Gelb daherkommende Maskottchen der Ravensburger Kinderwelt, die am 1. Juni in Kornwestheim eröffnet wird. Dieses Projekt – eine 2000-Quadratmeter-Spielfläche in einem lange Zeit leer stehenden Einkaufszentrum – ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich. Es ist die einzigartige Kooperation zwischen einem Unternehmen (Ravensburger) und einer Kommune (Kornwestheim), es ist der Versuch einer Gemeinde, ihrer dahinsiechenden Innenstadt Leben einzuhauchen.

Die Innenstadt – auch so ein Fall. Schon in den 1980er Jahren verabschiedete der Gemeinderat einen Rahmenplan. Aber dann mangelte es mal am Geld, mal an Mut und Einigkeit, die Pläne in Taten umzusetzen. 30 Jahre sollte es dauern, bis sich Entscheidendes und Millionenschweres tat. Die Stadt änderte die Verkehrsführung, verpasste ihrer Innenstadt ein neues Aussehen. Und sie wagte, um ein Spielcasino in einem leer stehenden Einkaufszentrum zu verhindern, eine Kooperation mit der Firma Ravensburger. 2,5 Millionen Euro Startkapital steckt die Stadt in einen – so das Ziel – pädagogisch anspruchsvollen Indoor-Spielplatz, jährlich fließt eine sechsstellige Summe aus dem Stadtsäckel in den Betrieb.

Die Kinderwelt als Besuchermagnet

Das Projekt ist so außergewöhnlich, dass sogar das Regierungspräsidium seinen Segen geben musste. Denn wirtschaftlich betätigen darf sich eine Kommune nur in solchen Aufgabenfeldern, die Unternehmen links liegen lassen. Es mögen Zweifel aufkommen, ob ein Indoor-Spielplatz ein solches Betätigungsfeld ist. Deshalb spricht Oberbürgermeisterin Ursula Keck auch lieber von einer „Bildungseinrichtung“. Und für Bildung, argumentiert sie, sei nun einmal die öffentliche Hand zuständig. Sie schiebt noch hinterher: „Andere Kommunen haben Skilifte.“

Die Kinderwelt soll zum Magneten werden. Von dem haben die Kornwestheimer schon lange für ihre Innenstadt geträumt. Gedacht haben sie eher an einen Mediamarkt oder an ein Kaufhaus. Aber die Chance, einen solchen Konsumtempel in der Stadt anzusiedeln, habe es eigentlich nie gegeben, sagt der Erste Bürgermeister Dietmar Allgaier. „Den Platz haben wir gar nicht.“ Also hat die Stadt selbst in ihre Schatulle gegriffen und die Kinderwelt mit aus der Taufe gehoben. „Wir haben etwas, was es nirgends sonst gibt“, schwärmt Keck.

Die Sparkonten der Stadt sind gut gefüllt. Allgaier, auch für die Finanzen der Stadt zuständig, widerspricht dem Eindruck, dass all das, was sich die Stadt derzeit leistet, nur deshalb finanziert werden kann, weil seine Vorgänger so eisern gespart haben. Natürlich nage Kornwestheim nicht am Hungertuch. Aber auch die jetzige Führungsriege habe zusammen mit dem Gemeinderat dafür gesorgt, dass die Rücklagen nicht schwinden. Sie haben Grundstücke verkauft, um Gewerbegebiete zu erweitern. Kornwestheim, sagt Dietmar Allgaier, habe eine gute Wirtschaftsstruktur und in den vergangenen Jahren von teils erheblichen Gewerbesteuernachzahlungen profitiert. Und die Stadt habe sich über einen steten Steuerfluss freuen können, sei nie von nur einem Steuerzahler abhängig gewesen, auch nicht von Salamander.

Lurchis alte Heimat

Seine einstige Wirkungsstätte würde Lurchi nicht wiedererkennen. Als das verbliebene knappe Dutzend Salamander-Beschäftigter im Jahre 2008 zunächst nach Offenbach, später ins rheinische Langenfeld zog, da stand der Großteil der einstigen Produktionsflächen leer. Diverse Unternehmen waren daran gescheitert, das Areal zu vermarkten – weil ihnen der lange Atem fehlte oder weil sie nicht die passenden Kontakte hatten. Dieses Kunststück gelang der Immovation AG, die im Dezember 2009 das Gebäude und das Grundstück erworben hat. Der Unterschrift beim Notar, berichtet der Immovation-Vorstand Lars Bergmann, seien intensive Analysen vorausgegangen. Dass das Immobilienunternehmen aus Kassel letztlich das Wagnis einging, das 90 000 Quadratmeter große Areal mit dem über die Stadtgrenzen hinaus bekannten 100-Meter-Bau zu kaufen, hängt auch mit der Vergangenheit zusammen. Mit der Marke Salamander und der Figur Lurchi verbänden viele Menschen eine positive Geschichte. „Diese Bekanntheit weit über die Grenzen Kornwestheims hinaus hat sicherlich dazu beigetragen, potenzielle Mieter für das Areal zu begeistern“, sagt Bergmann.

Salamander heute – das sind 70 Loftwohnungen, Einzelhandelsgeschäfte vom Küchenstudio bis zum Hemdenladen, ein Fitness-Studio. Das Grundbuchzentralarchiv des Landes Baden-Württemberg hat – es war ein entscheidender Schritt für die Entwicklung des Areals – 19 000 Quadratmeter angemietet. Natürlich, sagt Bürgermeister Dietmar Allgaier, habe die Stadt den Investor bei der Mietersuche unterstützt. Was ihn besonders freut: „Wir haben wieder eine Wertschöpfung aus dem Salamander-Areal.“ Ein Supermarkt und Seniorenwohnungen sind noch geplant, mit dem Bau einer Kindertagesstätte ist bereits begonnen worden. Ende 2016 will Immovation sein Bauvorhaben abgeschlossen haben.

Dass sich dieses industriegeschichtliche Denkmal nicht direkt in der Landeshauptstadt befindet, sondern in der vergleichsweise kleinen Nachbarkommune, sieht Lars Bergmann eher als Vorteil: „Sogenannte B-Standorte wie Kornwestheim, die an der Peripherie städtischer Zentren liegen, verfügen aufgrund der aktuellen Preisentwicklung bei Immobilien häufig über ein höheres Renditepotenzial.“ Immobilien in den Zentren ermöglichten zwar höhere Mieten, die Kosten für einen Kauf seien im Verhältnis jedoch wesentlich höher. „Das schmälert die Rendite erheblich“, sagt Lars Bergmann.

Die Gleise stören das Stadtbild noch

Bleibt der Bahnhof. Aber den hat Oberbürgermeisterin Ursula Keck auch schon ins Visier genommen. Bei der Deutschen Bahn hat sie vorgefühlt, ob die Gleisflächen, die sich mitten durch das Stadtgebiet ziehen, nicht reduziert werden können. Und ob man die noch notwendigen Gleise nicht so weit wie möglich tiefer legen und anschließend überdeckeln könne.

Stellen wir uns also vor, Lurchi kommt in zehn, 20 Jahren noch einmal nach Kornwestheim. Und wieder steht er da mit seinem Köfferle. Wenn alles wie geplant und erhofft läuft, dann eilen Geschäftsreisende zu einem Kongress im K, Kindergruppen pilgern lärmend zu Ravo, und ein begrünter Deckel verbindet die Innenstadt mit dem quirligen Salamanderareal. So hätten sie es gerne in Kornwestheim – und derzeit lassen sie nichts unversucht, diese Ziele zu erreichen.