Während der amtierende Göppinger Baubürgermeister Olav Brinker mit dem Mute der Verzweiflung um sein Amt kämpft, hat sich die Hoffnungsträgerin von Grünen, SPD und Freien Wählern im Bewerberfeld zurückgezogen. Hatte der OB seine Finger im Spiel?

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Die einen wollen die Abstimmung am liebsten verschieben, andere die Sitzung einfach schwänzen, wieder andere triumphieren bereits. Vor der für Donnerstagabend angesetzten Wahl des künftigen Göppinger Baubürgermeisters herrscht im Gemeinderat wieder einmal Streit. Zuvor hat Annegret Michler, Stadtbaumeisterin aus dem bayerischen Landsberg, ihre Kandidatur in einem Schreiben an den Oberbürgermeister Guido Till (CDU) und die Vertreter der Gemeinderatsfraktionen zurückgezogen.

 

Vor allem SPD, Bündnis90/Grüne und Teile der Freien Wähler hatten auf die 37-jährige Mutter von drei Kindern gehofft. Weil auch eine zweite Bewerberin zuvor abgesagt hatte, stehen dem Gemeinderat heute von 17 Uhr an nur noch zwei Männer zur Auswahl: der von der CDU und dem OB favorisierte Tiefbauamtsleiter Helmut Renftle und der als chancenlos geltende Amtsinhaber Olav Brinker, dessen Verhältnis zu Till vollkommen zerrüttet ist.

Viele halten die Wahl für eine Farce

Die „wundersame Absage hochqualifizierter Bewerberinnen“ habe die Wahl zu einer Farce werden lassen, schimpfte Wolfgang Berge (Freie Wähler) gegenüber der StZ. Nicht nur er vermute, dass womöglich Druck ausgeübt worden sei. So wollen manche einen Stimmungsumschwung der Kandidatin Michler just in dem Augenblick beobachtet haben, als sie von einem Vier-Augen-Gespräch mit dem OB zurückgekommen sei. Michler selbst war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. In ihrer Absage hatte sie angegeben, sich in den vergangenen Tagen umorientiert zu haben. Sie habe nachgedacht und wisse nun, dass sie eine wissenschaftliche Karriere anstrebe.

Ob Renftle, der bereits zweimal in Göppingen erfolglos als Baubürgermeister kandidiert hat, mit seiner Arbeit als Tiefbauamtsleiter im Gemeinderat aber durchaus Anerkennung findet, heute Abend gewählt wird, ist offen. SPD, Grüne und Teile der Freien Wähler erwägen mit Unterstützung der Einzelstadträte Joachim Hülscher (parteilos) und Christian Stähle (Linkspartei), eine Verschiebung der Abstimmung zu beantragen. Ob der Antrag Erfolg haben wird, ist wegen der unübersichtlichen Mehrheitsverhältnisse offen. Zusammen kommt diese Formation zwar auf 22 von 40 Stimmen, allerdings gibt es Abweichler. Zudem wollen sich einige Stadträte die Teilnahme an der Sitzung gleich ganz sparen. Laut der Gemeindeordnung dürfen sie dies aber nur aus wichtigem Grund, etwa bei einer beruflichen Verhinderung.

Hat der OB Druck ausgeübt?

Zwei Baubürgermeister seien nacheinander verbrannt worden, „die nächste hat man schon vor der Wahl verbrannt“, merkte der Grünen-Fraktionschef Christof Weber sarkastisch an. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Armin Roos wunderte sich, dass die CDU schon am Wochenende, also vor dem Absageschreiben Michlers, über deren Rückzug gesprochen habe. Das sei nur eine Vermutung gewesen, nachdem sie ihren Vorstellungstermin in der Fraktion kurzfristig abgesagt habe. erklärte der CDU-Fraktionschef Felix Gerber. „Frau Michler ist sehr intelligent“, so Gerber, Wahrscheinlich habe sie erkannt, dass sie keine Chance habe.

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