Mit einem formalen Beschluss hat der Gemeinderat das vielleicht letzte große Baugebiet in Ditzingen auf den Weg gebracht. Manch Kommunalpolitiker hatte schon an einer Realisierung gezweifelt.

Ditzingen - Wohnraum ist im Strohgäu knapp, noch dazu, wenn er bezahlbar sein soll. Was also tun, um zu verhindern, dass junge Menschen zur Familiengründung abwandern oder Unternehmen kein Interesse mehr an der Kommune zeigen, weil ihre Mitarbeiter keinen Wohnraum im Umfeld finden? Die Ausweisung von Baugebieten dauert, vor bald einem Jahrzehnt, im Herbst 2012, hatte der Gemeinderat das städtebauliche Konzept beschlossen – zwei Jahre, nachdem er den Grundsatzbeschluss für das Baugebiet gefasst hatte.

 

Der Rat legte damit die Grundlage für die Ausgestaltung des Wohngebiets. Rund anderthalb Jahre später, im Sommer 2014, fasste der Rat den Aufstellungsbeschluss: Es war der Beginn des Bebauungsplanverfahrens. Das Verfahren hat der Gemeinderat vor der Sommerpause zum Abschluss gebracht. Einstimmig fasste er den Satzungsbeschluss.

Weil das Verfahren schon so lange läuft, rannte den Ditzingern die Zeit davon, um die gesetzliche Frist zu wahren. Noch besteht nicht Baurecht im Gebiet „Ob dem Korntaler Weg“. Das ist erst der Fall, wenn alle Grundstückseigentümer verkauft haben. Doch anders als im Jahr 2019 gehen die Beteiligten nun von einer Realisierung des Projekts aus.

Was ist geplant? Es sind 146 Wohneinheiten in Einzelhäusern und verdichteten Einzelhäusern sowie 154 Wohneinheiten im Geschosswohnungsbau geplant. Das Plangebiet ist rund 8,9 Hektar groß. Einen guten halben Kilometer entfernt verläuft die Autobahn 81. Das letzte große Baugebiet der Stadt entstand vor 13 Jahren.

Warum hat es so lange gedauert? Wäre alles nach Plan gelaufen, wäre das Gebiet „Ob dem Korntaler Weg“ längst bewohnt. Aber das Vorhaben stockte lange, weil die Grundbesitzer nicht verkaufen wollten. In dem Gebiet haben sich alle im Landkreis tätigen Bauträger eingekauft. Das Projekt wurde zur Geduldsprobe.

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Was wäre die Alternative gewesen? In öffentlicher Sitzung bat der Chef der Freien-Wähler-Gemeinderatsfraktion, Manfred Grossmann, im Jahr 2019 die Verwaltung darum, einen „Brexit mit dem Korntaler Weg“ zu prüfen.

SPD und Grüne äußerten sich deutlicher: SPD-Fraktionschefin Sabine Roth forderte, sich stattdessen mit kleineren, noch möglichen Baugebieten in der Stadt zu befassen. Doris Renninger (Grüne) meinte gar, Rat und Verwaltung sollten sich nicht so erpressen lassen.

Der Oberbürgermeister Michael Makurath (parteilos) hielt an einer Lösung für „Ob dem Korntaler Weg“ fest. Doch klar ist auch, dass das Baugebiet vorerst das letzte große gewesen ist. Zumal die Freien Wähler bereits signalisiert haben, sich wegen der Dauer der Umsetzung auf kleine Gebiete fokussieren zu wollen.

Hat der Rat Konsequenzen gezogen? Ditzingen soll bis 2035 moderat um rund 1300 Bürger auf 26 300 Einwohner wachsen. Wohnraum soll zu einem Drittel in Ein- und Zweifamilienhäusern entstehen, zu zwei Dritteln in Mehrfamilienhäusern. Zudem ist öffentlich geförderter Wohnraum geplant.

Der Rat beschloss vor den gemachten Erfahrungen, bei der Entwicklung von Baugebieten nicht länger auf die Umlegung zu setzen. Die Stadt erwirbt die Flächen nun vorab. So soll verhindert werden, dass die Stadt erneut in eine Situation wie im Gebiet „Ob dem Korntaler Weg“ kommt.

Dafür war das gängige Umlegungsverfahren gewählt worden: Grundstückseigentümer geben ihre Flächen ab, erhalten dafür gleichwertige an anderer Stelle oder – wie in diesem Fall – Geld.

Wie geht es im Gebiet weiter? Das Baugebiet wird erschlossen, die Voraussetzungen für die Infrastruktur werden geschaffen, also für Wasser, Strom und Licht.

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