Von Montag an wollen neun Kandidaten wieder die große Liebe finden. Nicht alle Landwirte freuen sich über den Start der neuen Staffel.

Digital Desk: Anja Treiber (atr)

Stuttgart - Bald knistert es wieder im Kuhstall: Am Montag startet die siebte Staffel der erfolgreichen RTL-Kuppelshow "Bauer sucht Frau". Wieder sollen neun Landwirte die ganz große Liebe finden. Glanzlicht der diesjährigen Sendungen ist der homosexuelle Pferdewirt Philipp. "Seit drei Jahren sucht RTL nach einem schwulen Bauern, diesmal hat es geklappt", sagt Maren Mossig, die Sprecherin für "Bauer sucht Frau". Liebeshungrige Hetero-Landwirte zu finden, stellt den Privatsender nach eigenen Aussagen dagegen vor keine Probleme. "Ständig trudeln neue Bewerbungen ein", sagt Mossig. Konkrete Zahlen möchte sie aber nicht nennen. Vor der ersten Staffel hätten sich Mitarbeiter des Senders noch in speziellen Land-Flirtportalen umsehen müssen, um gezielt einsame Herzen ausfindig zu machen. Das sei inzwischen überflüssig.

 

Wenn das Angebot aber so groß ist, bleibt die Frage, nach welchen Kriterien der Sender die Kandidaten auswählt. Viele Gesichtspunkte spielen nach RTL-Angaben eine Rolle. Es soll eine gute Mischung sein: junge und alte Landwirte, vom Acker- bis zum Schweinebauer, verschiedene Charaktere, optisch unterschiedliche Männertypen aus möglichst allen Regionen Deutschlands. Besonders ulkig oder schräg zu sein, sei dagegen keine Voraussetzung, beteuert Mossig.

Die Frauen werden in das harte Leben eingeführt

Zehn Wochen lang darf das deutsche Fernsehpublikum dann die Bauern bei der Balz beobachten: Schüchterne Männer tasten sich, bisweilen tölpelhaft, an das andere Geschlecht heran. Die Liebe wird der Angebeteten - mit Kuschelrock-Musik untermalt - im romantischen Heuhaufen erklärt. Weit weg von den meist wahnsinnig altmodisch eingerichteten Wohnzimmern der Bauern, in denen neben der Schwiegermutter in spe sowieso nicht so recht Stimmung aufkommen mag. Die Frauen werden in das harte Leben auf dem Hof eingeführt, müssen Kühe einfangen oder kleine, süße Kälbchen tränken.

"Die Bauern freuen sich, dass nebenbei ihr Beruf eine solch breite Aufmerksamkeit bekommt", sagt Maren Mossig. Das gilt jedoch nicht für alle. Es gibt die, welche die Sendung amüsiert anschauen und sie als das sehen können, was sie ist: Unterhaltung. Und es gibt die anderen. Landwirte, die sich fragen, was das eigentlich mit ihrer Wirklichkeit zu tun haben soll, die sich über die Show ärgern und ihren Berufsstand der Lächerlichkeit preisgegeben sehen, nach dem Motto "Bauer = unbeholfener Hinterwäldler".

Verstaubte und unzeitgemäße Betriebe

Zu diesen gehört auch Gerd Sonnleitner. Von Anfang an übte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes immer wieder scharfe Kritik: "Die Sendung gibt ein dümmliches und falsches Klischee über die Bauern wieder. Mit der Realität hat das alles nichts zu tun. Die Bauern werden als einsame Trottel präsentiert, die nicht wissen, wie sie sich benehmen sollen", sagte er dem "Spiegel". Dabei gebe es nach Auskunft des Verbandes in der Landwirtschaft überproportional viele verheiratete Paare, durchschnittlich mehr Kinder, und in der Regel hielten die Ehen auch länger.

"Das Format ist sicher kein PR-Film für die moderne Landwirtschaft", sagt der Sprecher des Deutschen Bauernverbandes, Michael Lohse. Es werden häufig verstaubte und unzeitgemäße Betriebe gezeigt. "Unter den vielen Landwirten in Deutschland gibt es natürlich auch solche, und die pickt sich RTL dann eben heraus", meint Lohse. Mehrfach habe sein Verband das Gespräch mit dem Sender gesucht, auch mit dem Chefredakteur Peter Kloeppel, der schließlich selbst Agrarwissenschaften studiert hat. Denn wenn heute einer sage, er sei Landwirt, werde er schnell auf  "Bauer sucht Frau" und alle dazu zählenden Klischees reduziert, bedauert der Vertreter des Bauernverbands.

Bauern werden als Muttersöhnchen dargestellt

Ob das tatsächlich so ist, untersucht Cordula Nitsch. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kommunikations- und Medienwissenschaften an der Universität Düsseldorf und beschäftigt sich mit der Wirkung dieses Unterhaltungsformats: "Studien zeigen, dass Fernsehsendungen, auch Doku-Soaps, Einfluss auf die Realitätsvorstellung der Zuschauer haben." Man könne daher annehmen, dass "Bauer-sucht-Frau-Vielseher" glauben, Landwirtschaft finde nach wie vor in Kleinbetrieben statt, in denen wie in den fünfziger Jahren gearbeitet werde. Dies sei umso wahrscheinlicher, als die meisten Menschen heute keinen persönlichen Bezug mehr zur Landwirtschaft haben. Belegen kann sie diese Annahme noch nicht, weil ihre Studie noch nicht abgeschlossen ist. Aber allein diese Vermutung muss deutsche Landwirte die Hände über dem Kopf zusammenschlagen lassen.

Während in der deutschen Serie die Bauern meist als Muttersöhnchen dargestellt werden, die kaum anderes im Kopf haben als ihren Hof, werden nach Nitschs Beobachtung die australischen Landwirte bei "Farmer wants a Wife" als testosteronstrotzende, sexy Männer mit Waschbrettbäuchen gefeiert, die heldenhaft gegen wilde Tiere kämpfen. Also das glatte Gegenteil ihrer deutschen Kollegen, jedenfalls auf dem Fernsehbildschirm.

RTL, Montag 21.15

Liebe auf dem Land lohnt sich

Liebesglück: In den sechs bisherigen Staffeln von „Bauer sucht Frau“ haben insgesamt 51 Bauern mitgemacht. Zwanzig von ihnen haben über die Sendung eine Frau gefunden. Sechs Paare haben geheiratet (eines davon lebt mittlerweile wieder getrennt). Sechs Babys wurden seitdem geboren.

Quotenhit: Die sechste Staffel verfolgten durchschnittlich etwa acht Millionen Zuschauer. Bei den 14- bis 49-Jährigen erreichte „Bauer sucht Frau“ 2010 einen Marktanteil von knapp 25 Prozent.

Vermarktung: Bereits seit 2005 gibt es die Sendung, die von Inka Bause moderiert wird. Neben einer regulären Staffel pro Jahr gibt es immer wieder Spezialsendungen. Besonders Josef und Narumol hat der RTL nicht mehr aus den Augen gelassen: „Die romantische Hochzeit“, „Die Hochzeitsreise“ oder „Josef und Narumol im Babyglück“.