Zum 1. Januar 2015 gilt auch für Erntehelfer der Mindestlohn. Zunächst sind 7,40 Euro fällig, ein Jahr später 8,50 Euro. Das verteuert die Ware, vor allen den Spargel, sagen schon jetzt die Bauern in Baden.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Der Mindestlohn für Saisonkräfte in der Landwirtschaft kommt. Nach einigen Verzögerungen müssen Erntehelfer vom 1. Januar 2015 an auf deutschen Feldern mindestens 7,40 Euro verdienen, ein Jahr später klettert der Lohn auf 8,50 Euro. Angesichts der Jahreszeit und des Winterwetters werden die Helfer erst in einigen Wochen oder Monaten von der erhöhten Entlohnung profitieren, die Landwirte äußern ihre Kritik freilich bereits heute. „Der Mindestlohn bedeutet eine Steigerung der Kosten für landwirtschaftliche Produkte und somit die Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe“, kritisiert Werner Räpple, Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV).

 

Insbesondere die südbadischen Bauern mit Sonderkulturen grummeln lauter oder leiser gegen den Mindestlohn, der zudem „mehr Bürokratie“ bringe, weil Beginn, Dauer und Ende der täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet und bei einer Kontrolle der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) vorgezeigt werden muss. „Auf Erdbeer- und Spargelfeldern oder im Weinberg können unsere Landwirte keine elektronischen Stechuhren aufhängen“, meint Bauernpräsident Räpple, der selbst Winzer am Kaiserstuhl ist.

Maschinen statt Menschen

Nur zähneknirschend wollen auch Spargelbauern den Einkommenszuwachs der meist ausländischen Saisonkräfte akzeptieren. Ein Erntehelfer erwirtschafte in einer Saison das Jahreseinkommen von zwei Jahren in seinem Heimatland, sagt Landwirt Jochen Raith in Weisweil (Landkreis Emmendingen). Sein 150 Hektar großer Waldeckhof in der Rheinebene nördlich des Kaiserstuhls beschäftigt im Ackerbau jedes Jahr 25 bis 40 Saisonkräfte. Dabei geht es um Körner- und Saatmais, Weizen, und bei den Sonderkulturen um Spargel, Erdbeeren, Feldsalat. Im ersten Jahr des Mindestlohns erwartet Jochen Raith bis zu 35 000 Euro, im zweiten etwa 70 000 Euro an Mehrkosten. „Dafür müssten wir eigentlich einen Euro mehr für das Kilo Spargel verlangen“, erklärt Raith.

Eigentlich – aber der Landwirt zweifelt daran, dass die Verbraucher bereit sind, den höheren Preis zu bezahlen. Deswegen hat Raith vorsichtshalber weniger Spargelsetzlinge bestellt und zudem eine Wasch- und Sortieranlage für dieses Stangengemüse angeschafft. Die Maschine ersetzt die bisherige Handarbeit. Das ist der Weg, die der Bauernverband seinen Mitgliedern empfiehlt: „Die Landwirte müssen mechanisieren, wo es möglich ist“, sagt Werner Räpple. Doch die Rationalisierung auf dem Feld hat ihre Grenzen, und Handarbeit ist eben immer noch billiger als die Anschaffung von Vollerntemaschinen. Diese sind zudem nicht überall und für alle Feldfrüchte einsetzbar. „Wir müssen den Wert der regionalen Ware noch stärker herausstreichen“, sagt Jochen Raith.

Kampf gegen Billigmentalität

Doch der Kampf gegen die Billigmentalität der Verbraucher ist hart. Gerade beim Spargel greift der Konsument schon kurz nach Fastnacht zum Spargel aus Ländern, in denen früher geerntet wird. Selbst peruanische Ware wird eingeflogen, anschließend kommen spanische, etwas später französische Spargel in die Restaurants.

Erst kurz nach Ostern lugt das weiße Königsgemüse der Rheinebene aus den Dämmen im Ackerboden. In nur wenigen Wochen bis zum 24. Juni, dem Johannistag, müssen die einheimischen Spargelbauern den Vorteil der frischen regionalen Ware in bare Münze umsetzen. In der Spargelernte wird in Deutschland in vielen Regionen an diesem Tag, der eng mit der Sonnenwende verknüpft ist, der letzte Spargel einer Saison gestochen.