Traktoren-Demo in Stuttgart Wie viel rechte Ideologie steckt im Bauernprotest?
Mehrere Anzeigen gehen nach dem Protestzug der Bauern am Donnerstag in Stuttgart an die Polizei. Die muss die Sachverhalte nun prüfen.
Mehrere Anzeigen gehen nach dem Protestzug der Bauern am Donnerstag in Stuttgart an die Polizei. Die muss die Sachverhalte nun prüfen.
Nach ein paar Stunden Stillstand aufgrund eines Protestzugs mit Traktoren am Donnerstag herrscht am Nachmittag wieder normaler adventlicher Trubel in Stuttgart. Hier und da fährt noch ein einzelner Landwirt mit seinem Fahrzeug davon, ein Hingucker, denn das sieht man auf den Straßen in der Innenstadt selten. Mehrer Tausend Landwirte aus dem ganzen Land waren am Donnerstag mit Traktoren nach Stuttgart gekommen, um gegen die Streichung der Subvention des Agrardiesels und gegen den Wegfall der KfZ-Steuerbefreiung für ihre Nutzfahrzeuge zu demonstrieren.
Ganz so ruhig war der Stuttgarter Ulrich Mehrlinger (Name geändert) jedoch nicht, als sich die Demonstrierenden verzogen hatten. Er regte sich auf. So sehr, dass er mehrere Anzeigen aufgab, im Onlineportal der Polizei. Er habe sich aufgrund des Verdachts auf Volksverhetzung, Beleidigung und Bedrohung an die Ermittlungsbehörden gewandt, noch bevor alle landwirtschaftlichen Nutzfahrzeuge die Landeshauptstadt wieder verlassen hatten. Er habe rechtsextreme Sprüche und Symbole gesehen und Dinge wie Galgen, an denen eine Ampel baumelte: eine Drohung gegen die Rot-Gelb-Grüne Bundesregierung, deren Politik die Demonstration am Donnerstag galt.
Eine der Fahnen, um die es Ulrich Mehrlinger geht, ist seit mehreren Jahren ein Thema am Rande der Proteste der Landwirte: Das Symbol der Landvolk-Bewegung aus den Zeiten der 1920er und 1930er Jahre. Sie zeigt einen Pflug und ein Schwert auf schwarzem Grund und steht für eine völkisch-nationalistische Bewegung. „Diese Fahne wollen wir auf den Demos nicht“, sagt Christian Coenen, der Vorsitzende des Vereins „Land schafft Verbindung“ (LSV), der zum Protest am Donnerstag mit aufgerufen hatte. Auf seiner Internetseite distanziert sich der LSV von jeder Form des Extremismus, links wie rechts. „Aber ich kann bei ein paar Tausend Teilnehmern nicht hinter jedem her sein und nachschauen, was er auf dem Traktor hat“, sagt Coenen. Im August sei er eingeschritten, als eine Bewegung sich an die Demo anhängen wollte. „Da kamen mehrere zu mir und sagten, sie hätten Reichsbürger entdeckt. Die haben wir dann als Versammlungsleiter von der Polizei entfernen lassen“, betont Coenen. An der Diskussion um die Fahne stört ihn, dass diese immer wieder die Diskussion über die Inhalte des Protestes überschatte.
Die Polizei kann Stand Freitag noch nichts zu den Anzeigen sagen, da diese noch nicht bearbeitet wurden. Aber man habe „rechtsextreme Symbole“ gesehen beim Einsatz, unter anderem eine Fahne. Jedoch hätten die Beamtinnen und Beamten bei den Symbolen und Sprüchen „nichts Verbotenes“ entdeckt, sagt eine Sprecherin der Stuttgarter Polizei.
Auch die Vertreter des Ordnungsamtes der Stadt als Versammlungsbehörde hätten keine „strafrechtlich relevanten“ Dinge gesehen. Auch habe sich die Demo an alle Auflagen gehalten, zum Beispiel an die Zahl der im Kernerviertel zugelassenen Fahrzeuge.