Regelmäßig listet die Stadtverwaltung auf, wo in Stuttgart gebaut werden könnte. Mit Blick auf die Bezirke Birkach, Plieningen, Sillenbuch und Degerloch fällt auf: Neue Wohnungen und Häuser entstehen woanders.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Filder - Sie haben das Thema nie aus den Augen verloren, versichert Udo Strauss. „Wir haben die Füße stillgehalten und haben die Szene beobachtet, denn wir waren stets misstrauisch.“ Strauss ist der Sprecher einer Bürgerinitiative, die sich vor ein paar Jahren gegründet hat. Damals, als es akut war mit Hoffeld-West.

 

2006 hat sich das Interesse der Stadt plötzlich auf die Felder beim Degerlocher Stadtteil Hoffeld gerichtet – als Fläche für ein Neubaugebiet. Die Anwohner und Naturschützer sind auf die Barrikaden – ohne den von den Baugegnern gewünschten Effekt: Kurze Zeit später sind 3,2 Hektar in Hoffeld-West in die Zeitstufenliste Wohnen aufgenommen worden.

Das Ziel sind 1800 Wohnungen im Jahr

In der Zeitstufenliste fasst die Verwaltung Gebiete in Stuttgart zusammen, die sich als Baugebiete eignen. Es ist das erklärte Ziel der Stadt, 1800 Wohnungen im Jahr zu bauen. Denn Stuttgart wächst – und soll weiter wachsen. Die als Potenzial identifizierten Flächen sind in insgesamt vier Zeitstufen sortiert. Diese reichen von der Kategorie „die Bagger können kommen“ bis „nicht vor sechs Jahren“. Hoffeld-West wurde 2008 in die Kategorie „bis in sechs Jahren, wenn es dringend gebraucht wird“ eingeordnet.

Diese sechs Jahre sind inzwischen rum, gebuddelt hat im Westen Hoffelds keiner. Und so, wie sich die Dinge zurzeit darstellen, können sich Udo Strauss und seine Mitstreiter von der Bürgerinitiative ein neues Thema suchen. In der aktuellen Zeitstufenliste, die die Stadtverwaltung erarbeitet hat, taucht Hoffeld-West gar nicht mehr auf. Am Dienstag, 21. April, werden sich die Mitglieder des gemeinderätlichen Ausschusses für Technik und Umwelt mit dem Papier befassen, der endgültige Beschluss über die Zeitstufenliste soll voraussichtlich am 19. Mai fallen.

Das Wohngebiet Schießhausäcker in Plieningen Foto: Sägesser

Dass die Äcker in Hoffeld-West nicht mehr zu den insgesamt 174 potenziellen Baugebieten auf der Liste der Stadt gehören, sei ein Vorschlag der Verwaltung, sagt Axel Fricke vom Stadtplanungsamt. Der Grund: „Das lohnt den Aufwand nicht.“ Es würde laut Fricke etliche Jahre dauern, bis die bürokratischen Hürden genommen wären, das Gebiet erschlossen wäre und die damals vorgesehenen 120 Wohnungen bezugsfertig wären. Im ungünstigsten Fall stünden die Wohnhäuser dann – und keiner interessiere sich mehr dafür.

Kaltluftschneisen nicht zubauen

„Ich glaube, dass die Diskussion um Neubaugebiete in dieser Stadt durch ist“, sagt Fricke. „Wir haben ein Klimaproblem in der Stadt, wenn wir die Kaltluftschneisen weiter zubauen.“ Dies sei inzwischen in der Politik angekommen, weshalb sich die Verwaltung darauf konzentriere, dort zu bauen, wo Fläche bereits versiegelt ist. Als Beispiele nennt er den Neckarpark und das Messegelände am Killesberg. Unter dem Strich heißt das: „Die nächsten Jahre kommen wir klar“, sagt Fricke.

Grundsätzlich nehmen die größeren Flächen in der Stadt, auf denen neuer Wohnraum entstehen kann, allerdings ab. Deutlich zu erkennen ist dies in den Bezirken unter dem Fernsehturm. So stehen weder Degerlocher noch Sillenbucher Grundstücke als mögliches Bauland in der neuesten Zeitstufenliste. Einzig der Hinweis, dass auf der Heumadener Zirkuswiese an der Bernsteinstraße derzeit bereits etwa 100 Wohnungen entstehen. Und auch in Plieningen werden auf den vorhandenen Flächen schon Häuser hochgezogen: nämlich Scheurenwiese, Im Köpfert und auf den Schießhausäckern.

Die Geschichte ist wohl vom Tisch

Zu den neuen Gebieten, die die Stadtverwaltung in der Kategorie „bis in drei Jahren“ einsortiert hat, gehört das Pallotti-Areal in Birkach mit 78 Wohneinheiten und die Steckfeld-/Karlshofstraße im Steckfeld mit 75 Wohneinheiten. Was nicht darüber hinwegtäuschen soll: „Die Musik spielt im Moment woanders“, sagt Fricke.

Dass das so ist, stimmt Udo Strauss fröhlich. „Wir sind glücklich darüber, dass diese Bebauungsgeschichte vermutlich endgültig vom Tisch ist“, sagt er und spricht für den harten Kern der Bürgerinitiative gegen die Bebauung von Hoffeld-West, der etwa aus zehn Leuten besteht. Zu den Protestaktionen damals kamen aber weitaus mehr. „Wir wollen die Natur erhalten.“ Damit ihnen das wirklich gelingt, will er Kontakt zu Stadträten aufnehmen – damit diese dem Vorschlag der Stadtverwaltung zustimmen, und Hoffeld-West nicht mehr auf die Liste geschrieben wird.