Bad Urach - Die Szene, die sich am 27. Juli 1930 bei strahlendem Sonnenschein auf der Terrasse am Haus auf der Alb abspielt, wirkt rückblickend wie ein letzter Hoffnungsstrahl. Eugen Bolz steht mit ausgebreiteten Armen am Rednerpult, daneben sitzt Georg Goldstein, den Arm lässig auf die Terrassenmauer gelehnt. Unten, auf der Wiese vor dem Haus, haben sich reichlich Zuhörer aus dem nahen Urach eingefunden, Männer, Frauen, Kinder in Sommerkleidern. Die Stadtkapelle wird aufspielen, und der Chor des Sängerkranzes „Sonntagsseele“ singen. Sommerfrische vor Albkulisse. Ein Bild zum Durchatmen. Drei Jahre später sind Staatspräsident Bolz und der Jude Goldstein, Direktor der Deutschen Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime (DGK), nicht mehr in ihren Ämtern. Vierzehn Jahre später sind beide ermordet – der eine in Berlin-Plötzensee, der andere in Auschwitz.