Fritz Hanßmann hat die Bauhütte der evangelischen Kirche gegründet und mehr als 25 Jahre lang geleitet. Nun überlässt er die Führung einem jüngeren Gemeindemitglied. Geplant ist, das Glockenmuseum zu erweitern.

Herrenberg - Von der Decke baumeln Glocken. Überall liegt Werkzeug bereit. Kupferbleche und Hölzer sind in Reichweite. Kleine und große Glockenstühle warten darauf, dass sie ein Geläut erhalten. Alles liegt wohl geordnet an seinen Platz. Dafür hat der Leiter der Herrenberger Bauhütte gesorgt, wie auch in den vergangenen fast 26 Jahren. Seit dem 1. Januar hat Fritz Hanßmann aber den Chefposten an einen jüngeren Ehrenamtlichen übergeben. Diesen macht er zurzeit mit allem vertraut.

 

Auch drei 84-Jährige gehören zur Truppe

Bauhütten gab es bereits vor vielen Jahrhunderten: Spezialisten finden darin zusammen, um Kirchen zu errichten. Auch in der Werkstatt im evangelischen Dekanat in Herrenberg wird gefräst und gebohrt. Metalle werden zurechtgeschnitten, Hölzer geleimt, gehämmert und vieles mehr. Die Arbeiten dienen auch zum Erhalt des Glockenmuseums und zu dessen weiteren Ausbau. Dabei ist einiges an technischem Sachverstand nötig.

30 Ehrenamtliche engagieren sich in der Herrenberger Bauhütte – darunter sind auch zwei Frauen. Die Jüngsten sind 17 bis 18 Jahre alt, auch drei 84-Jährige gehören zur Truppe. Zwei Drittel der Mitglieder sind Rentner, unter ihnen sind Elektroingenieure, Mechaniker und andere Handwerksberufe. Manche der Berufstätigen kommen auch samstags in die Werkstatt. Insgesamt werden laut Hanßmann im Jahresschnitt 4500 Arbeitsstunden für die Bauhütte geleistet.

Andreas Rodewald übernimmt Leitung

Angefangen hat das Ganze vor 26 Jahren: Weil den Gläubigen das Geld fehlte für den Ausbau und die Renovierung des evangelischen Gemeindehauses, packten einige Ehrenamtliche mit an. Als sie fertig waren, stand die Eröffnung des Glockenmuseums an. „Da gab es viel zu tun, also haben wir weiter gemacht“, erinnert sich der 78-Jährige. Mehr als 20 Jahre lang war Hanßmann technischer Leiter des Herrenberger Krankenhauses, zuvor arbeitete er als Maschinenbauingenieur im Hoch- und Tiefbau.

Nun möchte der Vater von drei Kindern und neun Enkelkindern kürzer treten und rückt ins zweite Glied der Bauhütte. Seine Leitungsfunktion hat der 52 Jahre alte Andreas Rodewald übernommen.

Aus Kupferblechen von Kirchendächern wird Schmuck

Jüngst hat die Bauhütte eine alte Schiffsglocke gekauft. „Sie wurde im Internet angeboten, wir haben sofort zugegriffen“, berichtet Hanßmann. Solche Exemplare seien begehrt, landauf landab gebe es zahlreiche Sammler für solche seltenen Stücke. Für sie wurde eine Glockenstuhl gebaut. Für die Planung und Konstruktion war wie eh und je Hanßmann zuständig. Die Glocke wird den Bestand der derzeit 31 Geläute im Glockenmuseum ergänzen. Seit dem Jahr 2012 verfügt es zudem über ein Carillon mit 50 läutbaren Glocken.

In naher Zukunft kommt eine neue Herausforderung auf die Mitarbeiter der Bauhütte zu: Sie wollen einen weiteren Raum für das Glockenmuseum schaffen. Besonders wichtig dabei sei der Brandschutz, sagt Hanßmann. Natürlich wird das Ganze auch Geld kosten. Damit hin und wieder etwas in die Kasse kommt, werden Kupferbleche von Kirchendächern zu Weihnachtsschmuck verarbeitet und andere Accessoires aus Metall hergestellt. Diese werden dann ein Mal im Monat beim Glockenkonzert in der Kirche verkauft.

Verein hat 180 Mitglieder

Bauhütte:
Eine private Initiative schloss sich im Jahr 1992 zu einer Bauhütte zusammen. Sie entstand aus der Erkenntnis, dass die Stiftskirche eine ständige Betreuung braucht. Die Mitarbeiter haben wesentlich zum Ausbau des Glockenmuseums beigetragen. Die Einrichtung wird vom Verein zur Erhaltung der Stiftskirche Herrenberg getragen.

Verein
: Der Verein wurde 1974 gegründet. Er leistet tatkräftige und finanzielle Unterstützung etwa bei Renovierungsarbeiten. Ihm gehören 180 Mitglieder an, die einen Besucherservice in der Kirche und Führungen organisieren.

Museum:
Das Glockenmuseum in der Stiftskirche ist von November bis März mittwochs von 14.30 bis 16 Uhr, samstags von 17 bis 18.30 Uhr und sonntags von 14.30 bis 16 Uhr geöffnet (April bis Oktober: mittwochs 14.30 bis 17 Uhr, samstags 14.30 bis 18.30 Uhr, sonntags 11.30 bis 17 Uhr). Der Eintritt kostet drei Euro, ermäßigt 1,50 Euro.