Mit einer veränderten Baulandpolitik will Leinfelden-Echterdingen schneller zu neuen Baugebieten kommen. Der Gemeinderat führt die neuen Spielregeln mit großer Mehrheit ein.

Leinfelden-Echterdingen - Die Große Kreisstadt Leinfelden-Echterdingen ändert die Spielregeln für die Entwicklung neuer Baugebiete. Mit großer Mehrheit hat der 26-köpfige Gemeinderat am Dienstagabend den Vorschlägen von Baubürgermeisterin Eva Noller zugestimmt. Vier Stadträte stimmten gegen den Paradigmenwechsel, zwei enthielten sich der Stimme. Die Stadtverwaltung will nun zügig Gebiete benennen, die für eine Entwicklung in Frage kommen.

 

Kernpunkte der neuen Vorgehensweise sind laut dem beschlossenen Papier der Zwischenerwerb von Grundstücken, eine faire und gerechte Wertermittlung der Flächen je Gebiet und eine an städtischen Interessen ausgerichtete Bauleitplanung. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass mit dem neuen Verfahren der Wohnungsbau in den Stadtteilen insgesamt beschleunigt und gleichzeitig Bodenpreisspekulationen die Grundlage entzogen wird. In der Sitzung am Dienstag betonte die Bürgermeisterin noch einmal die Notwendigkeit dieser andernorts bereits erfolgreich angewendeten Vorgehensweise. Ohne eine Abkehr von der bisherigen, zeitintensiven Praxis werde man dem Ziel, insbesondere auch Wohnraum für untere Einkommensschichten zu schaffen, nicht näher kommen.

CDU fordert Sensibilität ein

Der Chef der CDU-Fraktion im Gemeinderat, Bernd Stäbler, unterstützte ausdrücklich den Vorschlag der Stadtverwaltung: „Wir sehen in dem Konzept einen guten Ansatz.“ Seine Fraktion lege allerdings großen Wert auf die Gerechtigkeit. Er forderte „Sensibilität im Umgang mit Eigentümern“ ein. Ingrid Grischtschenko, Fraktionschefin der Grünen, bewertete den Ansatz positiv, „dass wir überhaupt mal ein Mitspracherecht erhalten“. Außerdem sei es aus grüner Perspektive wichtig, dass die Stadt an drei Prinzipien – Innenentwicklung vor Außenentwicklung, Arrondierung von Siedlungsrändern und Neuentwicklung auf der Basis des Flächennutzungsplans – festhalten wolle. Wohnflächen, sagte Grischtschenko, seien für ihre Fraktion „wichtiger als Gewerbeflächen“. Mit mehr Gewerbeflächen fördere man nur noch mehr Verkehrsbewegungen.

Für die Freien Wähler wiesen Beatrix Hess und Walter Vohl darauf hin, dass ihre Fraktion dem Austausch der Rahmenbedingungen mehrheitlich nicht zustimmen werde. „Wir behalten uns vor, von Fall zu Fall zu entscheiden“, sagte Vohl. Nach dem Geschmack der Sozialdemokraten, die geschlossen zustimmten, „kommt die Vorlage um viele Jahre zu spät“, sagte ihr Fraktionsvorsitzender Erich Klauser. Er hätte sich Veränderungen nicht erst unter dem Eindruck „der aktuellen Notlage“ gewünscht.

„Zwangsmaßnahmen“ umstritten

Umstritten war in der Diskussion die von der Verwaltung beschriebene Strategie im Umgang mit jenen Eigentümern, die sich Gesprächen verweigern. Einige Stadträte sprachen in diesem Zusammenhang von „Zwangsmaßnahmen“, denen sie nicht zustimmen könnten. Weder dieser Terminologie noch der Einschätzung wollte sich die Bürgermeisterin anschließen: „Es gibt noch so viele Flächen, dass wir niemanden zwingen müssen.“ Außerdem behalte der Gemeinderat jeden einzelnen Schritt mehr noch als bisher selbst in der Hand.

Allerdings wird die Mitwirkungsbereitschaft der Grundbesitzer für das Tempo bei der Baulandentwicklung entscheidend sein. Ein Prinzip der Neuregelung sind parallele Verhandlungen in mehreren Gebieten. Dort, wo sich die Eigentümer zuerst einig sind, soll auch zuerst gebaut werden. Sie erhalten – stärker als bisher – auch ein Erstzugriffsrecht auf baureife Flächen.

„Wir kratzen nicht an der Verfassung“

Oberbürgermeister Roland Klenk wies die von Wolfgang Haug (LE-Bürger/FDP-Fraktion) geäußerten Bedenken, man begebe sich mit der Neuerung auf den Pfad der „gelenkten Marktwirtschaft“ als unbegründet zurück. „Wir kratzen nicht an der Verfassung“, sagte Klenk. Der Rathauschef bot an, den als „Zwang“ interpretierten Passus aus der Vorlage zu streichen. Auf Antrag der Grünen wurde darüber abgestimmt. Sie fanden aber keine Mehrheit. Das Papier wurde schließlich unverändert beschlossen.