Das Liegenschaftsamt muss wegen der Fällung von sieben mutmaßlich gesunden Bäumen am Killesberg nun doch kein Bußgeld bezahlen. Die Stadt hat das Verfahren gegen den verantwortlichen Mitarbeiter des Liegenschaftsamts eingestellt. Der Mann habe glaubhaft machen können, dass Gefahr im Verzug gewesen sei. Anlieger reagieren empört.

Stuttgart - Die Abholzaktion, bei der im vergangenen Februar mindestens sieben gesunde Bäume auf einem städtischen Areal am Killesberg der Motorsäge zum Opfer gefallen waren, bleibt für den verantwortlichen städtischen Mitarbeiter ohne Folgen. Wie die Stadt auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte, sei das Verfahren gegen den Mann eingestellt worden. Der Betroffene habe bei der stadtinternen Aufarbeitung des Vorgangs glaubhaft machen können, dass aufgrund der damaligen örtlichen Gegebenheiten von einer Gefahr im Verzug für die Anwohner auszugehen gewesen sei.

 

Die Bäume, die aufgrund ihrer Stammdicke und Höhe eigentlich unter die städtische Baumschutzsatzung gefallen wären, waren im Auftrag des Liegenschaftsamts von einer Firma aus dem Remstal gefällt worden. Gegen einen Mitarbeiter dieser Firma ist beim zuständigen Amt für Stadtplanung und Wohnen noch ein weiteres Verfahren anhängig.

Zur Erinnerung: Das Liegenschaftsamt hatte im Februar 2019 die Fällarbeiten auf einem Hanggrundstück zwischen der Straße Auf der Kanzel und der Friedrich-Ebert-Straße veranlasst und beaufsichtigt. Allerdings waren die Arbeiten ohne die laut Baumschutzsatzung zwingend vorgeschriebene Begutachtung der zu fällenden Bäume durchgeführt worden.

Eine von Bäumen ausgehende Gefahr muss von einem Fachmann dokumentiert werden

Erst der Protest von Anwohnern sorgte dafür, dass die Arbeiten ausgesetzt wurden und ein Gutachter eingeschaltet wurde. Dieser hatte dann den Zustand und vor allem die Standsicherheit weiterer acht, ebenfalls zur Fällung vorgesehener Gewächse überprüft. Das Ergebnis: Die Bäume seien standsicher und stellten somit keine Gefahr für die unterhalb des Hanggrundstücks liegenden Häuser dar. Warum dies bei den bereits abgeholzten Gewächsen anders gewesen sein soll, bleibt offen. Der Vorfall hatte seinerzeit auch den Umweltausschuss des Gemeinderats beschäftigt: Der Leiter des Amts für Liegenschaften, Thomas Zügel, hatte sich im April vor dem Gremium öffentlich für das Vorgehen entschuldigt und gravierende Fehleinschätzungen seiner Mitarbeiter eingeräumt. Unter anderem hatte Zügel gesagt, der verantwortliche Mitarbeiter vor Ort sei zu einer Gefahrenabschätzung gar nicht in der Lage gewesen.

Tatsächlich heißt es in der städtischen Baumschutzsatzung: „Müssen geschützte Bäume oder Teile von solchen zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr beseitigt werden, so ist dies der Stadt gegenüber unverzüglich schriftlich anzuzeigen und durch eine Dokumentation nachzuweisen.“ Dies war aber nach Informationen unserer Zeitung im vorliegenden Fall nicht geschehen. Daraufhin hatte das für die Einhaltung der Satzung verantwortliche Amt für Stadtplanung und Wohnen, das dem Umweltbürgermeister Peter Pätzold (Grüne) untersteht, eine rechtliche Untersuchung eingeleitet.

Anlieger: Verstoß gegen Baumschutzsatzung wird unter den Teppich gekehrt

Die Einstellung des Verfahrens führt dazu, dass das Liegenschaftsamt nun doch kein Bußgeld wegen illegaler Fällungen an die Stadtkasse abführen muss, wie dies eigentlich in der Baumschutzsatzung geregelt ist. Immerhin lässt die Stadt derzeit auf dem Hanggrundstück zehn einheimische Laubbäume nachpflanzen, um so den angerichteten Schaden nachträglich zu kompensieren.

Eine Sprecherin der Anwohner erklärte auf Anfrage, man sei empört darüber, dass der offensichtliche Verstoß gegen die Baumschutzsatzung von der Stadt „unter den Teppich gekehrt wird“. Die Argumentation, es sei „Gefahr im Verzug“ gewesen, sei durch die nachträgliche Begutachtung der restlichen Gewächse widerlegt und somit „fadenscheinig“. Die Tatsache, dass nun der Steilhang wieder aufgeforstet werde, dokumentiere das schlechte Gewissen des Liegenschaftsamts. Immerhin, so die Sprecherin, könne der Protest gegen die Fällungen den städtischen Ämtern vielleicht als Warnung dienen, künftig sensibler mit Baumfällungen im Stadtgebiet umzugehen.