Die Stadt Gerlingen setzt den Baubeschluss für die Erweiterung der Einrichtung in der Weilimdorfer Straße aus. Die Entscheidung ist vertagt – der Bürgermeister spricht über die Gründe.
Die Stadt Gerlingen wird die Flüchtlingsunterkunft in der Weilimdorfer Straße vorerst nicht erweitern. Der Gemeinderat hat den im vergangenen Jahr gefassten Baubeschluss für einen Neubau neben der bestehenden Einrichtung ausgesetzt. Hintergrund seien die insgesamt zurückgehenden Flüchtlingszahlen, erklärt der Bürgermeister Dirk Oestringer (parteilos). Dies betreffe sowohl Flüchtlinge aus der Ukraine als auch Asylbewerber. „Deshalb haben wir entschieden, dass wir den getroffenen Baubeschluss zum Neubau einer Flüchtlingsunterkunft in der Weilimdorfer Straße erneut um ein Jahr aussetzen.“
Die Kosten für den Neubau waren beim Baubeschluss im März des vergangenen Jahres mit 4,8 Millionen Euro beziffert worden. Eine Million Euro würde das Land beisteuern. Zusätzlich 100 Menschen sollten in der neuen Unterkunft in insgesamt 24 Wohneinheiten Platz finden. Geplant war ursprünglich, dass das zweigeschossige Gebäude in Modulbauweise im Herbst 2025 fertiggestellt sein sollte.
Neue Bewertung 2026
Voriges Jahr war die Stadt Gerlingen noch davon ausgegangen, 2026 rund 100 Geflüchtete vom Landkreis zugewiesen zu bekommen. Damals erwartete man, dass die Zahl der vom Kreis zugewiesenen Flüchtlinge in den kommenden zwei Jahren deutlich ansteige. Erklärt wurde die Entwicklung unter anderem auch damit, dass der Landkreis ein Hotel in Gerlingen, das als Unterkunft für die vorläufige Unterbringung von Geflüchteten genutzt wurde, aufgeben wollte. Diese Personen waren bis dahin auf die Quote der von Gerlingen unterzubringenden Geflüchteten angerechnet worden. Insgesamt sind in der Stadt zurzeit 482 Geflüchtete untergebracht, unter ihnen 214 Ukrainer und 268 Asylbewerber.
Weil sich jetzt die Rahmenbedingungen insgesamt verändert haben, plant die Stadtverwaltung, Anfang 2026 die Entwicklung der Flüchtlingszahlen erneut zu bewerten. „Dann entscheiden wir, ob wir die Unterkunft bauen“, sagt der Bürgermeister. Oestringer betont in diesem Zusammenhang, dass die Gesamtlage „hoch volatil“ sei. Mit anderen Worten: Die weltweiten Fluchtbewegungen könnten sich jederzeit auch wieder ändern.
Parallel zur Entscheidung, den Baubeschlusses für das Projekt in der Weilimdorfer Straße auszusetzen, hat die Gerlinger Verwaltung den Mietvertrag für die ehemalige Klinik Schillerhöhe verlängert. In dem Gebäude hat die Stadt zurzeit Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht. Teils lebten darin rund 100 Personen, derzeit seien es etwa 40. „Falls es notwendig werden sollte, könnten wir in der ehemaligen Klinik auch Asylbewerber unterbringen“, sagt Oestringer.
Massive Kritik im Vorfeld
Am Neubau einer Flüchtlingsunterkunft in der Weilimdorfer Straße hatten vor allem die Jungen Gerlinger im Gemeinderat massive Kritik geübt: Die ehemalige Fraktionssprecherin Judith Stürmer hatte anlässlich des Baubeschlusses im vergangenen Jahr die Standortwahl neben einer bereits bestehenden Flüchtlingsunterkunft als „eine der größten Fehlentscheidungen, die das Gremium in den letzten Jahren getroffen hat“ bezeichnet. Die Jungen Gerlinger plädieren für eine dezentrale Unterbringung.