Die Verwaltung zaubert ständig neue Bauprojekte aus dem Hut. Die Stadträte müssen aufpassen. Sie sind im Begriff, ihre Macht aus der Hand zu geben, meint unser Kommentator.

Ludwigsburg - Nun wird also auch noch die Rathauskantine umgebaut. Damit wächst die Liste der Bauprojekte, die die Verwaltung seit September aus dem Hut gezaubert hat, auf sechs Posten an. Vermutlich werden weitere folgen.

 

Die Debatten über neue Vorhaben wie die Stadtbad-Mensa, eine neue Grundschule, den Umbau des Bürgerbüros, eine Künstlergarderobe für die Karlskaserne sowie die Erneuerung des Foyers im Kulturzentrum sind fast identisch abgelaufen: Die Stadträte wünschten Angaben über Kosten oder zumindest Schätzungen, um zu wissen, worüber sie überhaupt entscheiden sollen. Doch Zahlen wurden ihnen verweigert – oder, wie im Fall der Mensa, erst genannt, als die vermeintliche Obergrenze von deutlich weniger als einer Million schon gerissen war. Inzwischen werden dafür zwei Millionen veranschlagt.

Zum Prozedere gehört außerdem, dass die Räte an die vor zwei Jahren vereinbarte Prioritätenliste für große Bauvorhaben erinnern und anmahnen, dass bereits platzierte Projekte wie die Mehrzweckhalle Oßweil oder das Bildungszentrum West dadurch in immer weitere Ferne rücken. Auch die Antwort ist immer gleich: Die Liste sei nicht in Stein gemeißelt, und demnächst präsentiere die Verwaltung dem Gremium eine revidierte Liste.

Und was tun die Stadträte? Sie murren und grummeln etwas, aber am Ende schlucken sie doch jede Kröte. Warum sie das tun ist leicht zu erklären: Sie wollen es sich nicht mit der jeweiligen Klientel verscherzen. Trotzdem müssen sie sich endlich zu einer klaren Haltung aufraffen. Im Interesse aller Bürger – und in ihrem eigenen. Denn das Gremium ist dabei, sich mit der Prioritätenliste ein wichtiges Kontrollmittel abluchsen zu lassen: Die Räte haben diese Liste in jahrelangem Streit erfochten, aber nun lassen sie zu, dass ihnen das Rathaus wieder diktiert, was und in welcher Reihenfolge gebaut wird. Damit ist die Prioritätenliste Makulatur.

Auch in Sachen Kostenschätzungen war der Gemeinderat schon sehr viel weiter: Er setzte einen Baucontroller durch, und solange es den gab, gab es auch Zahlen. Die Räte sollten sich nicht so leicht abspeisen lassen. Sie haben – wie auch die Bürger – ein Anrecht auf Information. Beschlüsse zu fassen, ohne zuvor den finanziellen Horizont abzustecken, ist ein Vabanquespiel.