Private Bauherren sollen bei Projekten nach dem sogenannten Stuttgarter Innenentwicklungs-Modell mehr geförderte Wohnungen und vor allem Sozialwohnungen schaffen. Das ist für die Verwaltung und die Mehrheit im Gemeinderat klar. Dennoch musste man den Beschluss jetzt vertagen.

Stuttgart - Das sogenannte Stuttgarter Innenentwicklungs-Modell (Sim) mit Vorgaben für Bauherren zum Bau von geförderten Wohnungen ist bisher möglicherweise doch nicht so erfolgreich gewesen, wie die städtische Bauverwaltung bei der Einführung im Laufe des Jahres 2011 vorhersagte und wie die Stadtverwaltung es heute bewertet. Die erste Sozialwohnung, die sich bei Bauvorhaben unter Anwendung des Sim-Modells ergab, sei 2017 bezogen worden, sagte Sven Matis, Sprecher der Stadt, unserer Zeitung. Wenn man die Projekte des städtischen Wohnungsunternehmens SWSG nicht mitbetrachte, seien im Zuge von drei privaten Sim-Projekten bisher 21 Sozialwohnungen auf den Weg gebracht worden.

 

Man müsse aber bedenken, dass es einen Zeitversatz gebe. Nach dem Sim-Modell werden Bauherren nur dann zu Quoten von geförderten Wohnungen verpflichtet, wenn für ihre Projekte neue Bebauungspläne nötig sind, mit denen eine höhere Zahl von Wohnungen und damit ein finanzieller Planungsgewinn für Investoren möglich wird. Das Erarbeiten der notwendigen Bebauungspläne koste Zeit.

Der Ertrag des Modells gilt als bescheiden

Der bisherige Ertrag von Sim kommt beispielsweise dem SPD-Fraktionschef Martin Körner arg mager vor. Er hatte mit seinen Kollegen eine ehrliche Bilanz des Sim-Modells angemahnt, in einem gemeinsamen Antrag vom Dienstag dieser Woche fordern mit der SPD auch die Grünen und die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus eine belastbare Bilanz. Das liegt auch daran, dass ein städtischer Sprecher unserer Zeitung Anfang September gesagt hatte, bisher sei Sim bei 53 Bauvorhaben angewendet worden. 15 Vorhaben seien bereits abgeschlossen, 38 noch am Laufen. Die 53 Verfahren würden den Bau von insgesamt 2223 geförderten Wohnungen umfassen, darunter 709 Sozialmietwohnungen, 253 Mietwohnungen für mittlere Einkommensbezieher und 167 Einheiten des preiswerten Wohneigentums für junge Familien. 1094 geförderte Wohneinheiten müssten im Rahmen der Verfahren noch den jeweiligen Förderprogrammen zugeordnet werden.

An der Sinnhaftigkeit von Sim zweifelt die Mehrheit nicht

Trotz der Skepsis bezüglich des bisherigen Ertrages von Sim zweifelt das ökosoziale Lager aber nicht an der Sinnhaftigkeit. Die Fraktionen pochen vielmehr auf mehr Effektivität, Kontrolle und städtische Strenge bei der Anwendung. Dabei stützt sich die SPD beispielhaft auf einen Vorgang: Eine Firma habe sich in einem städtebaulichen Vertrag mit der Stadt im Jahr 2014 verpflichtet, im Stuttgarter Norden eine Kindertagesstätte sowie 15 Sozialmietwohnungen zu errichten. Luxuswohnungen zu Preisen von bis zu 2,7 Millionen Euro seien bereits fertiggestellt, von den Sozialmietwohnungen und der Kindertagesstätte sei âber noch keine Spur zu erkennen.

Die Sim-Richtlinien, mit denen die Stadt den Bau von bezahlbaren Wohnungen ankurbeln und bis zu zwei Drittel der durch die Bebauungspläne ermöglichten Planungsgewinne für das Allgemeinwohl und öffentliche Einrichtungen abschöpfen will, sollen auch nach einem Vorschlag von OB Fritz Kuhn (Grüne) verschärft werden.

Ökosoziales Lager will noch anspruchsvollere Richtlinien

Bauherren im Geltungsbereich von Sim sollen nicht mehr bloß ein Fünftel der geplanten Wohnflächen für geförderte Wohnungen bereitstellen müssen, sondern 30 Prozent – also 50 Prozent mehr. Zugleich will die Stadt auch noch innerhalb des Kontingents für die geförderten Wohnungen die Gewichte verschieben – zugunsten regelrechter Sozialmietwohnungen mit begrenzter Miethöhe.

Aus dem ökosozialen Lager gibt es Forderungen nach deutlich höheren Quoten und ergänzenden Regelungen. Die drei Fraktionen möchten auch, dass Bauherren der Stadt, der SWSG sowie Wohnungsgenossenschaften den Ankauf von Wohnungen ermöglichen, die Stadt dann länger als sonst üblich für Sozialbindung und günstige Mieten sorgen kann.

SWSG kauft 38 Wohnungen in Möhringen

Ein Beispiel gibt es schon: Die SWSG vermeldete am Dienstag den Kauf von 38 Wohnungen, die die Firma BPD in einem Sim-Projekt auf dem Hansa-Areal in Möhringen bauen will. 21 Wohnungen sollen Sozialwohnungen werden, weitere 17 Wohnungen für mittlere Einkommensbezieher angeboten werden. Über die Modalitäten und die Kaufsumme schweigen sich die Partner aus.

Die Anpassung der Sim-Konditionen ist aber erst einmal vertagt. Weil die drei Fraktionen des ökosozialen Lagers offene Fragen klären lassen wollen und den Verwaltungsvorschlag nachjustieren möchten, wurde in der Gemeinderatssitzung am Donnerstag nicht entschieden. Zu Potte kommen will man im Rathaus nun bis Ende Januar.