Ende März werden die letzten Gebäude im Jägerhofquartier, das Areal der ehemaligen Kaserne, fertig. Während es für die Mietwohnungen viele Interessenten gab, bleiben 40 Prozent der Eigentumswohnungen erst einmal leer. Das hat auch Auswirkungen auf andere Projekte der Wohnungsbau Ludwigsburg.

Ludwigsburg : Anna-Sophie Kächele (ask)

Es ist das größte innerstädtische Projekt der Wohnungsbau Ludwigsburg – und „wir haben alles mitgenommen: Corona, den Angriff auf die Ukraine, explodierende Baupreise und Zinsen“, sagt Prokurist Achim Eckstein. Ende März soll nach 4,5 Jahren Bauzeit das Jägerhofquartier in der Ludwigsburger Oststadt fertig gestellt werden.

 

Dem Prokuristen der Wohnungsbau Ludwigsburg (WBL) ist die Erleichterung darüber anzusehen. „Es ist schön, wenn ein Projekt mit so langem Vorlauf fertig wird“, sagt er. Auf dem Areal der ehemaligen Jägerhofkaserne mit seinen historischen Mannschaftsgebäuden aus dem 19. Jahrhundert ist ein Stadtquartier mit 161 Wohnungen entstanden. Davon stehen 50 Wohnungen zum Verkauf – bislang gibt es für 40 Prozent davon jedoch keine Käufer. Welche Konsequenzen hat das für die Wohnungsbau Ludwigsburg und andere Projekte?

Struktur der Kasernengebäude soll weiterhin sichtbar sein

Baubürgermeisterin Andrea Schwarz hat im Mai 2024 bei einem Rundgang von „einem Vorzeigeobjekt“ gesprochen, Achim Eckstein von einer „schönen Mischung aus alt und neu“. Im einstigen Kasernen-Hof stehen sechs neue Wohngebäude, aus den bestehenden Kasernengebäuden wurde das Innenleben entfernt und die alten Klinkerfassaden wurden instandgesetzt. Ganz freilegen lassen sich die roten Backsteine nicht mehr, sie werden jedoch so verputzt, dass die Struktur erkennbar ist.

Das Grundstück der Jägerhofkaserne wurde von ca. 1894 bis 1903 bebaut. /Stadtarchiv Ludwigsburg/Zeller, Erwin, Ludwigsburg

Neben den Wohnungen entsteht in dem Quartier eine Kindertagesstätte mit vier Gruppen, eine kleine Gewerbeeinheit, in der die WBL selbst eineinhalb Erdgeschosse bezieht, eine gemeinschaftliche Tiefgarage und ein Quartierscafé, für das derzeit Gespräche mit Interessenten geführt werden. Die sechs Häuser im Innenhof wurden versetzt angeordnet, sodass „kleine Platzsituationen entstehen und der Blick aus jedem Zimmer in die weitere Umgebung reicht“, erklärt Eckstein. Das Quartier ist autofrei und durch Fernwärme und PV-Anlagen nahezu CO2-neutral. Und dennoch täuschen die Vorteile des Projekts nicht darüber hinweg, dass viele der Eigentumswohnungen erst einmal leer stehen werden. „Die Nachfrage zieht seit Jahresbeginn an“, sagt Eckstein. Pro Quadratmeter kosten die Wohnungen circa 7000 Euro – beispielsweise 386 000 Euro für eine Einzimmerwohnung und knapp 1,5 Millionen Euro für ein Penthouse.

Menschen ziehen nur selten aus Mietwohnungen aus

„Der Neubauwohnungsmarkt ist zum Stillstand gekommen“, sagt Eckstein. 2022 seien die Zinsen von etwa einem auf vier Prozent pro Jahr und die Baupreise um fast 100 Prozent gestiegen. Laut Grundstücksmarktbericht 2024 geht die Preisentwicklung von Eigentumswohnungen seit 2022 zwar nach unten, „das fängt die Entwicklungen aber nicht auf“, sagt Eckstein. Dazu komme eine allgemeine Verunsicherung bei der Bevölkerung, die Menschen würden sich häufig nicht trauen, eine Immobilie zu kaufen.

Diese Unsicherheit bemerkt die WBL auch bei den Mietwohnungen. „Es gibt eine hohe Nachfrage, wir stellen aber im eigenen Bestand fest, dass sich die Leute nicht trauen und es sich häufig nicht leisten können umzuziehen“, sagt Eckstein. Wer ausziehe, sterbe, ziehe in eine andere Stadt oder in ein Pflegeheim. Ende 2024 hatten knapp 1700 Menschen ein Mietinteresse bei der WBL bekundet, davon hatten 77 Prozent einen Wohnberechtigungsschein. „Wir investieren verstärkt in den geförderten Bereich“, sagt Eckstein. Auch im Jägerhofquartier werden von den 161 Wohnungen 70 gefördert. Der Quadratmeterpreis beginnt bei diesen Wohnungen bei 8,40 Euro statt 14,50 Euro.

Allgemeine Verunsicherung in der Bevölkerung

Sind es nur die gestiegenen Kosten und die Unsicherheit durch die politische Situation oder spielt Eigentum für jüngere Generation auch eine kleinere Rolle? „Es gibt die Vermutung, dass die Menschen nicht mehr bereit sind, zehn Jahre auf alles zu verzichten, um den Traum von Eigentum realisieren zu können“, sagt Eckstein. Er habe den Eindruck, dass Eigentum früher tatsächlich einen höheren Stellenwert hatte.

Prokurist Achim Eckstein und Carmen Roller von der Öffentlichkeitsarbeit vor dem zukünftigen Quartierscafé Foto: Anna-Sophie Kächele

Was bedeutet der schleppende Verkauf der Eigentumswohnungen für die Wohnungsbau Ludwigsburg und ihre Projekte? „Unser Zweck ist es, Wohnungen zu bauen, die wir dauerhaft im Bestand haben“, sagt Eckstein. Die Wohnungen, die sie nicht verkaufen könnten, würden sie nun vermieten. „Der Refinanzierungszeitraum wird länger.“

Das könne dazu führen, dass sich andere Projekte zeitlich verzögern. „Das Zeitfenster in Grünbühl hat sich beispielsweise unter anderem deshalb verlängert“, sagt Eckstein. „Am Ende bedeutet das, dass wir Projekte strecken oder uns vielleicht ganz davon verabschieden müssen.“ Der Umbau der Kaserne wird mit Städtebaufördermitteln von insgesamt 4,5 Millionen Euro bezuschusst. Die Stadt Ludwigsburg unterstützt die Maßnahme mit insgesamt 1,8 Millionen Euro.

Ende Juli, pünktlich zum Beginn der Sommerferien, soll im Jägerhofquartier das erste Bewohnerfest stattfinden. Bis dahin soll auch ein Betreiber für das Quartierscafé gefunden sein.

Wohnberechtigungsschein

Voraussetzung
Voraussetzung für einen Wohnberechtigungsschein ist, dass bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Maßgeblich ist das Jahreseinkommen aller Haushaltsangehörigen.

Haushalt
Ein Haushalt mit zwei Personen kann mit einem Haushaltseinkommen von bis zu 57 800 Euro pro Jahr einen Wohnberechtigungsschein für geförderte Mietwohnungen erhalten. Der Schein kann bei der Gemeinde beantragt werden.