Das Gesicht des Filderbahnplatzes in Stuttgart-Möhringen wird sich ändern. Mehrere Bauherren planen südlich der Gleise des Möhringer Bahnhofs Wohngebäude. Kann die Stadt darauf Einfluss nehmen?

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Möhringen - Die Bauprojekte am Möhringer Bahnhof werden das Ortsbild verändern. Die Bietigheimer Wohnbau und die Strenger Wohnbau haben das Gelände westlich des Bahnhofsgebäudes gekauft, auf dem derzeit der Holzschuppen mit der Fahrradstation steht. Der Schuppen soll abgerissen werden, an seiner Stelle planen die Bauherren ein Wohnhaus. Auch der Möhringer Musikverein ist von dem Vorhaben betroffen: Er hat einen Container auf dem Areal abgestellt, in dem er beispielsweise Instrumente und Noten untergebracht hat. Mit der Bebauung des Grundstücks müssen die Musiker einen neuen Standort für ihren Container suchen.

 

Die Baugenossenschaft Friedenau hat 2017 das Areal gegenüber dem Bürgerhaus gekauft und möchte dort ein Wohn- und Geschäftshaus errichten. Die Fahrradstation könnte dort ihren neuen Standort finden. Die Friedenau hat angekündigt, den Bezirksbeirat in seiner Sitzung im Oktober über das Bauvorhaben zu informieren.

Baugenossenschaft stellt Pläne freiwillig vor

Bei der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus wirft das die Frage auf, warum die Friedenau kommt und die Bietigheimer Wohnbau nicht. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum über das eine Bauvorhaben berichtet wird und über ein anderes, wenige Meter entfernt, nicht“, ist in einem aktuellen Antrag zu lesen. Und weiter: „Alle Bauvorhaben wirken sich auf das Klima, die Verkehrssituation, das Stadtbild und das soziale Leben im Stadtbezirk Möhringen aus.“ Die Fraktionsgemeinschaft fordert die Stadtverwaltung auf, den Bezirksbeirat künftig „zeitnah bei Einreichen von Planungsunterlagen und bei Planänderungen über Bauvorhaben“ zu informieren und die Meinung der Bezirksbeiräte dazu anzuhören.

„Die Friedenau stellt ihre Planungen freiwillig vor“, betonte Bezirksvorsteherin Evelyn Weis. Da es sich – ebenso wie bei dem Areal westlich des Bahnhofsgebäudes – um ein Privatgrundstück handelt, habe die Stadt kein Recht, Informationen zum Bau zu fordern. „Es gelten die Vorgaben des Bebauungsplans. Die Stadt hat keinen Einfluss auf private Bauvorhaben“, sagte Weis. Und wenn die Bezirksbeiräte bei der freiwilligen Information durch die Friedenau etwas an dem Bauprojekt auszusetzen hätten, müsse die Baugenossenschaft ihre Pläne deswegen nicht abändern.

Bauprojekt stößt nicht nur auf Zustimmung

Der Antrag der SÖS/Linke-plus wurde von den Beiräten der anderen Fraktionen letztlich mehrheitlich abgelehnt, Diskussionsbedarf gab es dennoch. „Die Bauprojekte tangieren den öffentlichen Raum im Bereich des Bahnhofs. Wir begrüßen es, dass die Friedenau ihr Vorhaben im Bezirksbeirat vorstellt“, sagte Dieter Bernhardt (SPD). Deutlichere Worte zum Bau durch die Bietigheimer Wohnbau fand Rüdiger Reinboth: „Das ist ein Beispiel dafür, was passieren kann, wenn die Stadt ein Grundstück in so zentraler Position veräußert. Es ist eine Katastrophe“, sagte der Grünen-Bezirksbeirat.

Wohl aber eine hausgemachte. Denn das Grundstück gehörte einst der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB). Sie hat es an die Bietigheimer Wohnbau verkauft. Diese wiederum bot das Gelände der Stadt an, für 300 000 Euro. 2015 entschied sich der Gemeinderat allerdings gegen einen Rückkauf der Fläche. Damit bleibt das Areal Privatgrundstück und die Stadt hat keine Handhabe. Das bestätigt Ann-Katrin Gehrung von der städtischen Pressestelle. „Wenn es sich um private Bauvorhaben handelt und der geltende Bebauungsplan eingehalten wird, haben wir keine Einflussnahme. Wenn der Bauherr alle Vorgaben erfüllt, bekommt er das ‚Go’ für sein Vorhaben.“ Mitreden könne die Stadt natürlich bei ihren eigenen Grundstücken, oder aber bei besonders großen Bauvorhaben. Am Möhringer Bahnhof möchte die Bietigheimer Wohnbau ein Gebäude mit 22 Wohnungen errichten – das Projekt ist damit nicht groß genug für ein Mitspracherecht der Stadt, sagt Gehrung.

Seit 2017 gibt es einen Gestaltungsbeirat in Stuttgart. „Dieses unabhängige Gremium steht Bauherren beratend zur Seite“, sagt Ann-Katrin Gehrung. „Aber auch das ist freiwillig. Eine Verpflichtung, den Gestaltungsbeirat einzubinden, gibt es nicht.“