Bauprojekte in Stuttgart Specht bremst Radler – Eidechse durchkreuzt Pläne

Der Bau der Downhillstrecke zwischen Degerloch und Stuttgart-Süd wird wegen brütender Vögel verschoben. Im Neckarpark müssen erst Zaun- und Mauereidechsen umgesiedelt werden, bevor es mit der Wohnbebauung losgehen kann.
Stuttgart - Die Kommunikation zwischen Umwelt- und Sportamt ist ausbaufähig: Als Bürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) am Dienstagnachmittag den Sportausschuss informierte, dass endlich mit dem Bau der Downhillstrecke für wagemutige Radfahrer durch den geschützten Dornhaldenwald zwischen Degerloch und Süd begonnen würde, war das Projekt bereits gestoppt. Dass man im Wald Vögel entdeckt hat, die zu brüten gewillt sind, hat man der Beigeordneten dann am folgenden Tag beigebracht. Im direkten Baubereich der etwa einen Kilometer langen Strecke sei mit der Brut von Mittel-, Grau- und Schwarzspecht zu rechnen, hieß es am Freitag in einer Mitteilung an die Ausschussmitglieder. Artenschutzrechtrechtlich handelte es sich um ein Tötungsdelikt, sähe sich der Specht wegen der Lärmbelästigung durch Baumaschinen gezwungen, seine Brut aufzugeben, sagt Ulrich Tammler vom Naturschutzbund (Nabu). Er hat bei einer Begehung vor einer Woche Grau- und Schwarzspechte entdeckt und dies dem Umweltamt gemeldet. Der Vogelkundler zeigte sich überrascht, dass die Strecke noch nicht gar fertig ist. Er war für eine Zählung im Rahmen der Brutvogelkartierung gekommen.
Stadt will Brut und Aufzucht der Spechte abwarten
Hätten die Beamten nur genauer hingehört: Schon Ende Januar, weiß der Ornithologe, streift das Mittelspecht-Männchen mit lauten Quäkrufen durch sein Nahrungsrevier, und intensiviert und kombiniert den Ruf mit auffälligem Flatterflug, sobald sich ein Weibchen nähert. Außerdem ist der Stuttgarter Forst für seine Spechtdichte bekannt.
Tammler hätte es für ungewöhnlich erachtet, wäre noch mit dem Bau der Strecke begonnen worden. Die Forstwirtschaft beschränkt ihre lärmintensiven Arbeiten wie etwa Baumfällungen aus Rücksicht auf die Tiere auf das Winterhalbjahr. Die Behörden tun nicht nur deshalb gut daran, die Spechte brüten zu lassen. Spätestens seit sich die S-21-Vertreter der Bahn in der Auseinandersetzung mit dem Juchtenkäfer blutige Nasen geholt haben, ist Zurückhaltung bei der Konfrontation mit bedrohten Arten angesagt. Deshalb will man sich erst, wenn die Brut und Aufzucht der Spechte im Spätsommer dieses Jahres abgeschlossen ist – der Schwarzspecht kann bis in den Juli hinein seine Jungen versorgen – zurück an die Strecke wagen.
Baubeginn für das Bad ist wohl 2016
Der Sportausschuss war am Freitag zur Sitzung mit dem Bäderausschuss zusammengekommen, um die Ausschreibungsunterlagen für den Architektenwettbewerb zum neuen Sportbad zur Kenntnis zu nehmen. Der erste Wettbewerb 2013 ist Makulatur, weil sich die Stadträte entschieden, den Standort zu wechseln. Nun soll das Bad direkt an der Cannstatter Mercedesstraße entstehen. 2016 könnte mit dem Bau begonnen werden, 2018 Eröffnung gefeiert werden, sofern in den Haushaltsberatungen die rund 27 Millionen Euro (Zuschüsse sind unberücksichtigt) bewilligt werden.
Beim Amt für Stadtplanung ist man guter Hoffnung, den ersten Bebauungsplan für den Neckarpark im Juli auslegen zu können. Für die Quartiere an der Daimlerstraße soll es erste Mietinteressenten geben. Dort wird fürs nächste Frühjahr der erste Spatenstich erwartet, ebenso für den zentralen Quartierspark. Der Startschuss für die Wohnbebauung ist erst in einigen Jahren geplant, auch weil die Stadt erst eine Vielzahl geschützter Zaun- und Mauereidechsen „vergrämen“ muss, die sich auf gut 20 Prozent der 22 Hektar großen Fläche wohlfühlen. Vor allem in der Nähe des Bahndamms und im Schotterbereich alter Güterzuggleise sind sie zu finden. Sie hätten sich „kräftig vermehrt, während der Gemeinderat mit OB Schuster über eine Ikea-Ansiedlung“ debattierte, heißt es im Rathaus. Nun gilt es, ihnen mit sanftem Druck die Baufelder abzuringen und sie in den Grünzug neben den Bahngleisen beim Motorenwerk umzusiedeln. Dies geschieht durch das Auslegen von Folien. Die Eidechsen haben es gerne warm und trocken, die Folien sol-len das Gegenteil bewirken. Nur für den Fall, dass sich die Tiere davon nicht beeindrucken lassen, sind Zäune geplant.
Unsere Empfehlung für Sie

Prozess um WC-Bürstendesign in Stuttgart Verbissener Streit um eine Klobürste
Zwei Firmen streiten sich um das Design einer Klobürste. Jetzt muss sich das Oberlandesgericht Stuttgart mit dem Fall befassen.

Sexualdelikt in Stuttgart Haftbefehl nach Missbrauch einer Fünfjährigen
Wenn Kinder das Opfer von sexuellen Übergriffen werden, ist es meistens nicht der dunkle Unbekannte. Vieles spielt sich im erweiterten Familienkreis ab – wie jetzt in Stuttgart.

Klage gegen Vonovia Amtsgericht Cannstatt gibt Mieterin recht – Wärmezähler sind Pflicht
Eine Mieterin hat vor Gericht eine Klage gegen den Wohnungsbaukonzern abwenden können. Sie hatte die Nebenkosten zu Recht um 15 Prozent gekürzt.

Goldelse Ein Eierlikör erobert Stuttgart
Seit geraumer Zeit macht ein Eierlikör in Stuttgart die Runde. In kleinen Flaschen, cool verpackt und fancy designt macht Goldelse Lust auf ein Getränk, das die meisten von uns gar nicht so auf dem Schirm haben. Wir sind der Sache mal auf den Grund gegangen.

Polizeieinsatz in Stuttgart Darum kreiste bis in die Nacht ein Hubschrauber über der Stadt
Über dem Stuttgarter Westen und dem Süden kreist am späten Freitagabend ein Hubschrauber. Die Polizei sucht nach einem Demenzkranken, der am Nachmittag spurlos aus einer Klinik verschwunden war.

Stuttgart und der Lockdown Die Stadt im Koma
Lockdown bedeutet nicht, in Untätigkeit zu verharren. Eine Wiederbelebungsstrategie für Stuttgart sollte zügig entwickelt werden, findet Lokalchef Jan Sellner.