Am Ende war es ein richtiger Abstimmungskrimi. Ein Antrag von FDP und Freien Wählern setzt sich durch. Möglich wurde dies auch durch eine semantische Feinheit.

Kreis Ludwigsburg - Pfiffe, Buhrufe und eine Flut von Anträgen: Am Ende war die lang diskutierte Abstimmung über die Ablagerung von Bauschutt des Atomkraftwerks Neckarwestheim auf Kreisdeponien ein wahrer Abstimmungskrimi . Mit 64 von 98 möglichen Stimmen setzten sich die Freien Wähler und die FDP im Ludwigsburger Kreistag am Freitag mit ihrem gemeinsamen Antrag durch, der sich gegen die Einlagerung ausspricht und den Landrat bittet, mit dem Land über einen anderen Einlagerungsort zu verhandeln. Keine Mehrheit bekamen die Anträge der Linkspartei, der SPD sowie der Grünen.

 

Die Gemengelage vor der Abstimmung war diffus: Es lagen insgesamt acht Anträge von fünf Fraktionen vor. Mehrere Fraktionen hatten signalisiert, dass ihre Mitglieder uneinheitlich abstimmen werden. Vor dem Kreishaus demonstrierten die Gegner der Ablagerung von der Interessengemeinschaft Deponien Schwieberdingen-Horrheim, später im Saal waren alle 150 Zuhörerplätze besetzt.

Der Landrat Rainer Haas warb für das Freimess-Verfahren

Der Landrat Rainer Haas warb noch einmal für seine Position. „Ich bin persönlich der Meinung: Wir haben das Maß an Sicherheit, das wir verlangen können“, sagte er mit Blick auf das von der Interessengemeinschaft kritisierte Freimessverfahren, bei dem schwach strahlender Bauschutt nach mehreren streng kontrollierten Mess- und Rechenverfahren zu regulärem Schutt deklariert wird. Auch auf den Kreisdeponien werde man zusätzlich Sickerwasser und Oberflächenradioaktivität kontrollieren, sagte Haas.

Hans Schmid von der CDU wies darauf hin, dass der Kreistag in dieser Entscheidung „eindeutig nicht zuständig“ sei. Gemäß dem Kreislaufwirtschaftsgesetzt ist jeder Landkreis verpflichtet, regulären Abfall, der auf seiner Gemarkung anfällt, auch zu entsorgen.Schmid führte weiter aus, dass die CDU keinem Antrag zustimmen werde, „der den Landrat zum Rechtsbruch auffordert.“ Er spielte damit auf einen Antrag der Linken an, der die Verweigerung der Deponierung zum Ziel hatte. Auch die SPD hatte einen Antrag eingereicht, in dem gefordert war, dass vorläufig keine Abfälle aus dem Rückbau von Atomkraftwerken auf Kreisdeponien eingelagert werden.

Anträge von SPD, Grünen und Linken abgelehnt

Die Grünen beschritten einen anderen Weg: Ihr Antrag zielte darauf, noch einmal zu prüfen, ob die Ablagerung „unumgänglich“ ist und forderte für den Fall, dass es so ist, zusätzliche Kontrollmaßnahmen, um die Ablagerung „so sicher wie möglich zu machen“, wie Peter-Michael Valet sagte. Auch hier war die Mehrheit dagegen.

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Am Ende machte der Antrag von FDP und Freien Wählern das Rennen. „Wenn sich das Hauptorgan der betroffenen Gebietskörperschaft nicht in dieser elementaren Frage äußert, ließe das Rückschlüsse auf ein von uns nicht geteiltes Demokratieverständnis zu“, warb der FDP-Fraktionschef Volker Godel für den Antrag. Der Fraktionschef der Freien Wähler, Rainer Gessler, stellte klar, dass für seine Fraktion die Einlagerung im Salzbergwerk Bad Friedrichshall der beste Entsorgungsweg sei.

Eine semantische Feinheit macht die Zustimmung leichter

Die Zustimmung wurde den anderen Fraktionen auch durch eine semantische Feinheit erleichtert: Es war nun nicht mehr die Rede davon, dass der Kreistag die Deponierung ablehnt, wie es beispielsweise der Landrat des Neckar-Odenwaldkreises, Achim Brötel, mehrmals öffentlich getan hat. Im neu formulierten Antrag hieß es, der Kreistag „spricht sich gegen eine Einlagerung“ aus. Der Schwieberdinger Bürgermeister Nico Lauxmann (CDU) freute sich nach der Abstimmung: „Heute ist ein guter Tag für den Landkreis Ludwigsburg und für meine Gemeinde.“ Auch die Interessengemeinschaft war „erleichtert“, wie Erwin Wild sagte. „Das ist ein Teilerfolg, aber durch ist das Thema damit noch nicht.“