Das niedrige Zinsniveau ist ein Problem für Bausparkassen: Doch sie sollten die Kunden nicht bedrängen, kommentiert StZ-Wirtschaftsredakteur Michael Heller. Rechthaberei schadet der Branche.

Stuttgart - Auf einmal stehen die Kunden am Pranger. Geht es nach den Bausparkassen, dann sind gegenwärtig gierige Sparer dabei, die Bausparkassen regelrecht auszusaugen. Nach dieser Lesart übertölpeln sie die ach so wehrlosen Institute, drängen ihnen unerwünschte Sparbeiträge auf und kassieren unverschämt hohe Zinsen, weil sie das Kleingedruckte – die Geschäftsbedingungen – genauer gelesen haben als die Verfasser selbst. Das ist, um es freundlich zu sagen, eine sehr eigenwillige Interpretation der Gegebenheiten.

 

In Wahrheit leidet das Bausparen seit geraumer Zeit unter einer nachlassenden Attraktivität, die durch eine politische Vorzugsbehandlung (zum Beispiel Wohn-Riester und vermögenswirksame Leistungen) etwas kaschiert wird. Die günstigen Marktkonditionen entwerten das Versprechen der Bausparkassen, bei einem Darlehen mit niedrigen Zinsen auf der sicheren Seite zu sein. Andere Finanzierungsformen können sich schneller und passgenauer an den Kundenwünschen orientieren als die Bausparkassen, die zudem viele eigene Regeln beachten müssen.

Aus dieser Not heraus haben die Institute in der Vergangenheit Kunden regelrecht umworben, die sparen wollten und mit einem Immobilienerwerb gar nichts im Sinn hatten – zum Beispiel durch den Verzicht auf die üblicherweise fällige Abschlussgebühr. Es ist den Instituten unbenommen, ihre Geschäftspolitik zu ändern. Aber das muss sich im Rahmen der Verträge bewegen. Offensichtlich ist, dass übersparte Verträge, bei denen gar kein Darlehensanspruch mehr besteht, mit dem Gedanken des Bausparens nicht in Übereinstimmung zu bringen sind. Für alle anderen Fälle gilt, dass die Bausparkasse hinnehmen muss, was durch die Vertragsbedingungen nicht ausgeschlossen ist. Die Institute wären gut beraten, hier großzügig zu sein und auf Machtdemonstrationen zu verzichten. Das Bausparen wird gewiss wieder attraktiver, wenn eines Tages die Zinsen steigen. Daraus werden die Institute aber nur dann einen Vorteil ziehen, wenn sie sich als kundenfreundliche Finanzierer präsentieren können.