Weil größere Fahrzeuge wie sogenannte SUVs bei der Ausfahrt in einem gerade erst neu gebauten Parkhaus in Fellbach nicht ohne Blechschaden die Kurve kriegen, muss die Zufahrt jetzt komplett neu gestaltet werden.

Fellbach - Es klingt wie ein Schildbürgerstreich, ist aber bittere Wahrheit. Reinfahren geht problemlos, problemlos rausfahren aber nicht – und wenn, nur mit einem Kleinwagen. Die Spuren der Ein- und Ausfahrt zum neu gebauten Parkhaus an der Ecke Höhen-/Schaflandstraße in Fellbach sind viel zu eng für größere Fahrzeuge, etwa SUVs.

 

Jetzt wird nachgebessert, was gar nicht so einfach, zeitaufwendig und zudem kostspielig ist

Der Radius ist zu klein. Die Autofahrer kriegen beim Ausfahren die Kurve nicht. Oder nur durch anstrengendes Vor- und Zurücksetzen und bleiben schließlich am Sockel in der Mitte hängen, auf dem Ticket-Leser und Schranke stehen. Das tut weder Reifen noch Karosserie gut. Und den Nerven schon gar nicht, weshalb bisher keine Fahrzeuge in dem sechs Etagen hohen Parkhaus eingestellt werden.

Jetzt wird nachgebessert, was gar nicht so einfach, zeitaufwendig und zudem kostspielig ist. Die komplette Ausfahrt muss verändert werden, sodass beide Spuren von aktuell 2,30 Meter auf drei Meter verbreitert werden können. Auf vorhandener Fläche ist das nicht möglich, weshalb die Einfahrtspur nun in einem Bogen von der rechten Hausseite linkskurvig geführt werden soll. Nur so kann die Ausfahrtspur verbreitert werden.

Dazu wird das bereits fertiggestellte Gebäude – eine offene Stahlkonstruktion – an der Seite geöffnet. Es braucht eine neue Statik für das Stahlgestänge. Ebenso muss Erde abgegraben und die Spur bis direkt an die Grenzmauer gelegt werden. Aktuell ist hier ein Abstand von etwa 1,50 Metern. Dazu muss das Gelände entsprechend unterfangen, das Fachwerk des Stahlgerüsts im Eingangsbereich neu konstruiert werden. Das wiederum hat eine neue Baugenehmigung der Stadt Fellbach vorausgesetzt, sie wurde im Februar gestellt und ist vor ein paar Tagen erteilt worden.

Am Sockel sieht man deutliche Reifen-Spuren misslungener Ausfahrt-Versuche

Viele Fachleute waren am Werk. Baubeginn war vor eineinhalb Jahren. Gemerkt haben das Malheur aber nicht etwa Architekten, Konstrukteure oder Arbeiter. Nein, es waren Firmenangehörige von Stihl. Sie hatten beim „Probe-Parken“, als der Sockel betoniert war, mit höherklassigen Karossen prompt die Kurve beim Ausparken nicht bekommen und auf das nicht zu bewältigende Nadelöhr hingewiesen.

Am Sockel sieht man deutliche Reifen-Spuren misslungener Ausfahrt-Versuche. Die Firma Thallos hat das Parkhaus als Projektentwickler gebaut, nachdem der Motorsägenhersteller als Hauptmieter ins ehemalige Lechler-Haus eingezogen ist. Für seine Mitarbeiter braucht Stihl Parkplätze, Thallos hat daraufhin das Parkhaus in Eigenregie geplant und den Bauplatz bei der Stadt gekauft. Stihl ist Alleinmieter des Parkhauses mit 252 Stellplätzen. „Die Spurbreite der Ein- und Ausfahrt in unserem Parkhaus entspricht der Norm, die für Parkhäuser vorgeschrieben ist“, zitiert Werner Braun von Thallos die Garagenverordnung des Landes, in der es im Paragrafen über Zu- und Abfahrten heißt: „Für Fahrbahnen im Bereich von Zu- und Abfahrtssperren genügt eine Breite von 2,3 Meter.“ Soweit der Gesetzestext, an den sich Thallos gehalten hat. Die Realität hat sie jetzt am Schranken-Sockel eingeholt. Prokurist Nicolai Greiner versucht nun, einen ordentlichen „Spurwechsel“ hinzukriegen. Ob ihm das mit 100 000 Euro gelingt, die sein Chef Werner Braun optimistisch rechnend als Kosten in den Raum stellt, ist eher fragwürdig. Er musste schon Mehrkosten in einer ganz anderen Größenordnung schlucken.

Eine Million Euro lässt Werner Braun sich den Spaß kosten

Eigentlich sollten schon seit Ende vergangenen Jahres die Stihl-Mitarbeiter ihre Autos in dem Parkhaus, das, so der Wunsch der Stadt Fellbach, „die Anmutung eines Office-Gebäudes“ haben soll, parken. Aber die Einfahrtsituation ist nicht die einzige Nachbesserung. Auf Wunsch der Stadt wird auch die Fassade viel aufwendiger als geplant. Jetzt kommt eine „schicke Verkleidung dran“, sagt Braun und rechnet vor, dass zu den veranschlagten 300 000 Euro für die Fassade noch mal 700 000 Euro dazu kommen.

Eine Million Euro lässt Werner Braun sich den Spaß kosten, denn die Stadt möchte, dass das Haus an der viel befahrenen Einfallsstraße optisch was hermacht. So wird das Parkhaus am Ende Kosten von vier Millionen Euro verursachen. Für Werner Braun ein Betrag, „der im Rahmen liegt“. Er sieht es gelassen, denn er hat sowohl das Lechler-Haus, mit Synlab, der Post und Stihl als Hauptmieter, als auch das Parkhaus schon längst weiterverkauft, „an einen Fonds aus Süddeutschland“, schmunzelt er. „Fellbach ist ein interessanter Standort“, sagt Braun, dessen Büro in Tübingen ist. Für die Übergangszeit parken die Stihl-Mitarbeiter übrigens auf dem ehemaligen Gelände der Firma Löffelhardt, auch das hat Braun ausgehandelt.

Die Pressestelle der Firma Stihl kommentiert die verkorkste Ausfahrt aus dem Parkhaus nur mit ein paar Zeilen: „Die Fertigstellung des Parkhauses in Fellbach verzögert sich. Grund sind erforderliche Umplanungen, die zum einen bautechnisch notwendig waren, als auch auf spezifische Anforderungen seitens Stihl als künftigen Mieter zurückgehen.“ Sie geht davon aus, dass das Parkhaus bis August 2020 fertiggestellt sein wird.

Dann wird es erneut spannend. Denn die Ein- und Ausfahrt zum Parkhaus muss über die Schaflandstraße erfolgen, also nur wenige Meter nach der Kreuzung mit der Höhenstraße. Beide Straßen haben ein hohes Verkehrsaufkommen. Auch die Post-AG und Synlab nutzen diese Zufahrt zum Gebäude, sie haben regen Zuliefer-verkehr. Dem begegnen die Stihl-Mitarbeiter auf ihrer Fahrt zum Parkhaus, die hinter dem Lechler-Haus herum führt. Für die Stihl-Beschäftigten wurde eigens ein nur wenige Meter vom Parkhaus entfernter fußläufig erreichbarer Personal-eingang auf der Hinterseite des Lechler-Hauses geschaffen.