Den Projekt an der Ecke Stuttgarter Straße/Kronenstraße in der Münchinger Ortsmitte hat nun offiziell ein neuer Investor übernommen. Die Folge: Die Bürger können wohl erst in rund drei Jahren im neuen Vollsortimenter einkaufen.
Korntal-Münchingen - Das Warten auf einen Vollsortimenter im Ortsteil Münchingen von Korntal-Münchingen sind die Bürger bereits gewohnt. Nun ist zwar der Wechsel des Investors für das Projekt offiziell vollzogen, weil vom Gemeinderat (einstimmig) abgesegnet – dennoch müssen sich die Münchinger weiter gedulden.
Laut der Leonberger Firma Mörk Immobilien, die das Projekt an der Ecke Stuttgarter Straße und Kronenstraße von der IGC Wohnbau aus Ostfildern (Kreis Esslingen) übernommen hat, beginnen die Bauarbeiten, Puffer seien einkalkuliert, „nicht vor Ende 2021, eher Anfang 2022“, wie Mirjam Oberli sagt. Sie ist für das Projekt mit zuständig und rechnet mit einer Bauzeit von zwei Jahren.
Ob dann Rewe als Betreiber kommt wie einst von IGC angestrebt oder Edeka, steht noch nicht fest. Es werde auf jeden Fall ein Vollsortimenter, betont Oberli. Jedoch sei der Umfang der Fläche sehr begrenzt. „Wir müssen schauen, dass wir überhaupt einen Supermarkt bekommen und haben noch keinen Mietvertrag abgeschlossen.“ Dafür hat Mörk bis zum 30. Juni Zeit. Zudem muss das Unternehmen bis dahin einen Kaufvertrag für das Kronenstüble vorlegen. Dieses Grundstück hatte die IGC erworben – als einziger der drei Bewerber im Rennen um den Zuschlag für das Bauprojekt.
Neben dem Vollsortimenter ziehen in den neuen Komplex Ärzte ein. Außerdem würden rund 60 Wohnungen in unterschiedlichen Größen mit begrünten Spielflächen gebaut, sagt Mirjam Oberli – keine Luxuswohnungen, aber Immobilien mit einem guten Qualitätsstandard. Mörk habe an den Plänen für die Gebäude lediglich „kleinere Planungsänderungen“ vorgenommen. Form und Höhe des Komplexes etwa blieben gleich.
Stadtverwaltung spricht von „ambitioniertem Projekt“
Für Stefan Wolf ist es „unser Glück“, dass Mörk wenig ändert. „Das spricht für die Planungen“, sagt der Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung. Und natürlich gehe so nicht noch mehr Zeit verloren. Die Stadtverwaltung bedaure die erneute Verzögerung, sagt Wolf – wenngleich es für sie absehbar gewesen sei, dass es dazu kommen könne. Stefan Wolf spricht auch deshalb von einem „ambitionierten Projekt“ mit einem ursprünglich „ambitionierten Zeitplan“, weil man im Bestand operiere. „Ebenso muss man immer mit einem Investorenwechsel rechnen.“ Wolf versichert, dass sich auf der für einen Vollsortimenter von der Größe her „zeitgemäßen“ Fläche auch einer ansiedelt. Natürlich bleibe ein Restrisiko, bis alle Verträge unterzeichnet seien. Aber: „Wir sind optimistisch.“ Trotz Corona boome die Baubranche, Projekte würden nicht in Frage gestellt. Und der Lebensmitteleinzelhandel sei so oder so gefragt.
Die Verzögerung wirkt sich auch auf die geplante Sanierung der Stuttgarter Straße aus. Man versuche, die Arbeiten im letzten Baudrittel oder in der letzten Bauhälfte anzugehen, damit nach der Eröffnung des Supermarkts freie Fahrt auf der Straße möglich sei, sagt Wolf. Offen sei derweil noch, ob die Straße von der Einmündung zur Hauptstraße an saniert werde oder es erst am Stiegelplatz losgehe.
Ursula Schill kritisiert sowohl die noch fehlende Konkretisierung für die Gestaltung der Straße als auch die weitere Verzögerung der Ansiedlung eines Vollsortimenters. Letzteres nennt die Sprecherin der Agendagruppe Lebenswertes Münchingen eine „mittlere Katastrophe“. Das lange Warten sei für die Bürger ärgerlich und schwer zu vermitteln, sagt Schill – zumal die Einkaufssituation seit der Schließung erst des Edekas und dann des Cap-Markts seit vielen Jahren ungenügend sei. „Manch einer im Ort befürchtet, dass es mit dem Vollsortimenter gar nichts mehr wird“, sagt Ursula Schill. Sie selbst habe die Sorge, dass die neuerliche Verzögerung nicht die letzte sei.
Rund 2000 neue Wohneinheiten entstehen
Ginge es nach ihr, sollte die Verwaltung auch deshalb jetzt zuvörderst die „ganz kurzfristige Entwicklung“ der Stadt und besonders des Münchinger Ortskerns forcieren – „das Stiefkind ohne Aufenthaltsqualität“ – statt Angebote von Planungsbüros für ein Stadtentwicklungskonzept bis 2030 und später einzuholen. Letzteres hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. „Es gibt genug Informationen und Grundlagen für kurzfristiges Handeln. Sie müssen nur mit überschaubarem Aufwand auf den neuesten Stand gebracht werden. Wozu braucht man dafür ein teures Büro?“, so Schill, der auch missfällt, dass all dies allerdings kein Bestandteil des geplanten Konzepts sei.
Stefan Wolf widerspricht. „Kurzfristig läuft in Münchingen so viel wie noch nie“, sagt er und verweist nicht nur auf den Vollsortimenter, sondern auch auf das Sanierungsgebiet Ortskern, massive Investitionen in das Schulareal, Sanierungen von Kitas und des Rathauses oder das neue Geschäftshaus am Stiegelplatz. Es gebe bereits gute Konzepte, und es sei immer klar gewesen, dass sich im Ortskern dringend etwas bewegen solle.
Aktuelle Erkenntnisse, bestehende Konzepte und Fachpläne, so Stefan Wolf, würden freilich als Grundlagen in das von der Verwaltung vorgeschlagene Stadtentwicklungskonzept einbezogen. Es solle die ganze Kommune in den Blick nehmen und ihre mittel- bis langfristige räumliche Entwicklung perspektivisch aufzeigen. „Es geht um die Weichenstellung der Stadt für Jahrzehnte“, sagt Stefan Wolf. In den nächsten fünf Jahren schaffe die Stadt rund 2000 neue Wohneinheiten. Ein deutliches Einwohnerwachstum erfordere, Themen wie Wohnraumversorgung, soziale Infrastruktur oder Verkehr ganzheitlich zu betrachten und Lösungen für künftige Herausforderungen zu suchen. Sollte der Gemeinderat einem Stadtentwicklungskonzept zustimmen, wird es bis zur Fertigstellung zwei Jahre dauern.