BaWü-Ceck Es braucht mehr Klarheit im Umgang mit der AfD

Auch in Baden-Württemberg hat die AfD aktuell Rückenwind. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dp

Befragte im BaWü-Check sind unentschieden, was die AfD angeht. Das hat Gründe, die man abstellen muss.

Entscheider/Institutionen: Annika Grah (ang)

Es ist mehr als ein Jahr her, da gingen an vielen Wochenenden Zehntausende in Deutschland auf die Straße. Das vom Recherchenetzwerk Correctiv aufgedeckte Potsdamer Treffen hatte viele aufgeschreckt – mit Worten wie Remigration und Berichten über Verstrickungen zwischen AfD-Mitgliedern und Rechtsextremen. Wenige Monate später legte die AfD im Südwesten bei Kommunal- und Europawahl kräftig zu.

 

Dann beging Friedrich Merz wenige Wochen vor der Bundestagswahl einen Tabubruch und ließ über seinen Antrag zur Migration mit Hilfe der AfD abstimmen . Kurz darauf, am 23. Februar, verdoppelte die Partei bundesweit ihr Wahlergebnis von 2021. In Baden-Württemberg wurde sie in 31 Wahlkreisen zweitstärkste Kraft.

Selbst das Gutachten des Verfassungsschutzes beeindruckt nicht

Nun, wenige Monate vor der Landtagswahl am 8. März, ist die AfD im Südwesten weiter stark, legt in Umfragen sogar zu. Und das, obwohl inzwischen das Gutachten des Verfassungsschutzes veröffentlicht worden ist, das belegen soll, dass in der Partei die rechtsextremen Kräfte die Oberhand gewonnen haben. Die AfD hat sich zuletzt erfolglos vor Gericht gegen die Einstufung als Verdachtsfall gewehrt.

Im aktuellen BaWü-Check, der Umfrage baden-württembergischer Tageszeitungen, wird das Wählerpotenzial der vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuften Partei auf 23 Prozent geschätzt. Jeder Fünfte fände eine Koalition mit der CDU eine gute Idee. Nur wenig mehr der Befragten sind für ein schwarz-grünes Bündnis. Und selbst wenn die Frage weiter gefasst und neben der Koalition auch die „Zusammenarbeit“ als Option angegeben wird, findet weniger als die Hälfte, dass man das ausschließen sollte.

Auch in Baden-Württemberg sind Rechtsextreme auf dem Vormarsch

Fast ebenso viele der Befragten sehen kein Problem in der Zusammenarbeit mit der Partei, der die Präsidentin des Verfassungsschutzes auch in diesem Bundesland attestiert, dass rechtsextremistische Kräfte in der AfD auf dem Vormarsch sind. Gleichzeitig ist mehr als die Hälfte beunruhigt darüber, dass die Partei bei der Landtagswahl Stimmen dazugewinnen könnte.

Das wirkt alles seltsam unausgegoren. Einerseits sehen viele den Erfolg der AfD mit Sorge , andererseits hält man sie für regierungsfähig oder zumindest der Zusammenarbeit würdig. Das ist kein Wunder angesichts des Schlingerkurses mancher Parteien im Umgang mit der AfD in den vergangenen Monaten. Da ist auf der einen Seite die Brandmauer, die etwa CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel hochhält. Auf der anderen ein Bundeskanzler, der im Januar kurz vor einer Richtungswahl für einen vermeintlichen Geländegewinn die Unterstützung der Rechten akzeptierte.

Es braucht eine klare Haltung

Dabei ginge es auch anders. Das hat Manuel Hagel vorgemacht, der damit ein klares Zeichen setzte. Dabei ging es zwar nicht um das Reizthema Migration, aber ums Gendern. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke wollte Hagel 2023 dazu bringen, in einem Antrag mit der AfD abzustimmen. Hagel entzog sich und brachte seine Fraktion im Landtag dazu, gegen die eigene Position zu stimmen, um nicht mit Stimmen der AfD einen Pyrrhussieg davonzutragen.

Eine solche Klarheit ist geboten im Umgang mit der AfD. Haltung alleine wird es aber nicht richten, wenn die Partei nach wie vor für viele die vermeintlich einfacheren Lösungen anbietet. Da braucht es Überzeugungsarbeit und das Vertrauen, dass die anderen Parteien handlungsfähig sind. Noch haben Grüne und CDU in der Landesregierung die Möglichkeit zu zeigen, dass sie dazu in der Lage sind, auch wenn das im Lichte des aufziehenden Wahlkampfs immer schwerer wird. Vor allem aber muss es im Wahlkampf um eigene Inhalte gehen und nicht um ein „Gegen die anderen“.

Weitere Themen