Bayerische Kommunen bremsen Neue Hindernisse für die Südbahn

Die Südbahn von Ulm nach Lindau soll elektrifiziert werden. Das will man schon Jahrzehnte. Jetzt könnte man die Finanzierung endlich hinbekommen. Aber manche Kommunen, vor allem in Bayern, legen sich quer.
Ulm - Rund 30 Jahre alt ist die Idee, auf der Südbahn, die Ulm mit Lindau verbindet, einmal die Dieselloks aufs Abstellgleis zu schicken. Das waren Jahrzehnte voller parteipolitischer Zänkereien und oft zerplatzter Hoffnungen auf Finanzierungszusagen. Das hat den Kommunen viel Vertrauen geraubt. Das zeigt sich sehr deutlich jetzt, wo der Baubeginn zur Modernisierung der Gleisstrecke wieder dicht bevorzustehen scheint. 2017, so aktuellste Andeutungen der Deutschen Bahn, könnten die Bagger auffahren, sofern denn bis dahin alle planungsrechtlichen Hürden beseitigt sind. Allerdings gibt es auch immer noch keinen Finanzierungsvertrag zwischen Land und Bund. „Wir stehen mit dem Füllfederhalter in der Hand da und warten, dass der Bund sich bewegt“, sagte am Freitag ein Sprecher des grünen Verkehrsministers Winfried Hermann.
Erst einmal sollen Kammern, Kreise, Städte und Gemeinden im oberschwäbischen „Dieselloch“ (eine Wortschöpfung aus grünen Politikerkreisen) nochmals Verzicht üben, und das im Wege des Sofortvollzugs. Es geht um eine Summe in Höhe von 1,24 Millionen Euro, die von den 24 Mitgliedern des in Ravensburg beheimateten Interessenverbandes Südbahn vorgestreckt wurde, um die Streckenplanung voranzutreiben. Der Grundsatzbeschluss dazu datiert von 2008.
Die Kosten steigen und steigen
Als das Geld damals locker gemacht wurde, beliefern sich die Schätzkosten für die Elektrifizierung auf rund 90 Millionen Euro. Über die Jahre, als der Südbahn allen Erwartungen zum Trotz der Dringlichkeitsstatus im Bundesverkehrswegeplan verwehrt blieb, erhöhte sich die Kostenschätzung auf 180 Millionen Euro. Mittlerweile wird die Aufrichtung von 3000 Oberleitungsmasten, der Neubau von Brücken und Straßenübergängen auf 226 Millionen Euro taxiert. Anlass für Winfried Hermann, dennoch zu versprechen, das Land werde die Hälfte der Gesamtkosten tragen.
Eine Einschränkung gibt es allerdings, sie traf am 16. September per Mail aus Stuttgart beim Geschäftsführer des Interessenverbandes Südbahn, Wilfried Franke, ein. Der Verband, heißt es darin, möge angesichts der Lage auf die Rückerstattung der vorfinanzierten Planungskosten zu Gunsten des Landes verzichten. „Ich halte das Begehren für berechtigt“, sagte Franke am Freitag. Es gebe eine „moralische Verpflichtung“ der Verbandsmitglieder, bei all dem guten Willen des Verkehrsministers und kurz vor „Torschluss“ des ganzen Projektes jetzt noch diesen Beitrag zu liefern.
Schluss mit Solidarität
Doch mit der großen Solidarität ist es erst einmal nichts. Entschlossen sagten die bayerischen Kommunen ihre Mitwirkung ab. Die Stadt Lindau will ihre knapp 50 000 Euro mit der Begründung wieder haben, baden-württembergische Kommunen würden ja auch nicht aufgefordert, etwa die Allgäubahn von Lindau bis Memmingen mit zu finanzieren. Die Gemeinden Wasserburg (7200 Euro) und Bodolz (6750 Euro) schlossen sich an.
Auch im Oberschwäbischen sind die ersten Signale ernüchternd. Der Gemeinderat von Bad Schussenried will auf seine 18 500 Euro nur verzichten, wenn zum nächsten Fahrplanwechsel die Regionalbahn stündlich im Städtchen hält. Der Erbacher Gemeinderat knüpft seinen Verzicht (29 000 Euro) an die Bedingung, nach der Elektrifizierung zum ständigen Interregio-Express-Halt erhoben zu werden. Nur Meckenbeuren (29 000 Euro) hat bisher dem Verzicht vorbehaltlos zugestimmt.
Hoffen auf die Großen
Der Verbandsgeschäftsführer Franke hofft nun auf die Zustimmung der Großzahler. Am Montag tagt der Gemeinderat von Ravensburg zur Sache, dort geht es um 107 000 Euro. Eine Woche später legt die Stadt Friedrichshafen ihre Haltung fest. Mit einem Anteil von 128 000 Euro ist sie der Beitragskönigin unter den Städten. Dem Vernehmen nach werden die Rathausspitzen den Räten empfehlen, für einen Verzicht zu stimmen.
Bis zum 3. Dezember, wenn sich der Südbahn-Interessenverband zur nächsten Sitzung trifft, sollen alle Beschlüsse stehen. Da bereits deutlich wurde, dass die Landesregierung nicht die ganze geforderte Summe bekommt, hofft Verbandschef Franke zumindest auf das Erreichen der Millionengrenze. „Dann wird man sehen, ob das Land damit zufrieden ist“, sagt er. Wie nachhaltig der Verband entzweit und noch arbeitsfähig ist, werde man sehen müssen.
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