Markus Söder macht sich als Gastredner beim Jahresempfang des baden-württembergischen Wirtschaftsrats der CDU in Fellbach beliebt. Er verspricht, sich für gemeinsame Interessen starkzumachen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Es ist auch knapp 250 Kilometer fern der Heimat ein Heimspiel. Der „sympathische Autokrat“ Markus Söder, wie ihn der Comedian Christoph Sonntag im Warm-up ankündigt, fühlt sich in der Alten Kelter in Fellbach vor mehreren Hundert Zuhörern beim Landesempfang des Wirtschaftsrats der CDU sichtlich wohl. Kein Wunder, denn der Parteichef der CSU spricht vornehmlich vor ihm wohlgesinnten Mandatsträgern und Anhängern der Schwesterpartei – und ihnen ein ums andere Mal aus der Seele.

 

Mehr Geltung für die Südschiene

Schon vor der Kür vor geladenen Gästen des Lobby- und Berufsverbands in Fellbach hat sich Söder bei einem Arbeitsgespräch mit Vertretern der Landtagsfraktion der CDU in Stuttgart offenkundig darauf eingeschworen, der Südschiene im Bund wieder mehr Geltung verschaffen zu wollen. Das zumindest deutet der Winnender Abgeordnete und Staatssekretär im baden-württembergischen Justiz- und Migrationsministerium, Siegfried Lorek, an. Auch der Landesvorsitzende des Wirtschaftsrats, Joachim Rudolf, ruft dazu auf, die gegenseitigen Bindungen zu stärken und dem zum Teil „stümperhaften Vorgehen der Bundesregierung“ in der Energiekrise etwas entgegenzusetzen. Nötig seien jetzt schnelle und unbürokratische Wirtschaftshilfen und mehr Verlässlichkeit, so Joachim Rudolf.

Bayerns Ministerpräsident Söder schlägt in die gleiche Kerbe. Die Ampelregierung sei geprägt durch ein „sehr norddeutsches Denken“, das manifestiere sich etwa beim Ausbau neuer Infrastruktur für die Energiewende. Der Süden, betont er hingegen, sei das „industrielle Leistungsherz Deutschlands“ – und das müsse in Berlin endlich wieder mehr wertgeschätzt werden.

Die Bundesregierung aber verstricke sich stattdessen in „Irrungen und Wirrungen alter Ideologien“, sagt Söder und spielt dabei unter anderem auf das Festhalten an der Abschaltung der Atomkraftwerke an. Wer glaube, die Energiekrise mit amerikanischem Flüssiggas „zu horrenden Preisen“ lösen zu können, irre gewaltig. Und ungeprüfte Lieferverträge mit Katar abzuschließen sei zumindest zweifelhaft. Die USA machten hingegen vieles richtig, indem sie der Wirtschaft Anreize setze, befindet Söder, Deutschland hingegen stehe kurz vor einem „Bürokratieinfarkt“. Das Wirtschaftsministerium müsse sich endlich wieder auf die Förderung der Wirtschaft besinnen, statt ein reines Klimaministerium zu sein.

Lernen könne man vom Freistaat Bayern. Forschung und Entwicklung seien dort als ein klarer Investitionsschwerpunkt definiert, sagt Söder und nennt die Einrichtung zahlreicher Lehrstühle für Künstliche Intelligenz und Mittel für den Aufbau einer Super- und Quantencomputer-Infrastruktur als Beispiele. Der Bund hingegen habe seine Gelder in diesen Bereichen eher reduziert und riskiere einen schleichenden Abstieg. „Das dürfen wir nicht zulassen“, sagt er an die Unternehmer gewandt.

„Deutlich freundlicher als bei Markus Lanz“

Auch die Bekräftigung, dass das „Businessmodell Deutschland“ keineswegs ausgedient habe, kommt gut an. Leistung müsse und dürfe sich lohnen. Produktion und Wirtschaftswachstum seien essenziell. „Oder haben Sie je etwas gesehen, das schrumpft und dann besser aussieht als vorher?“, lautet Söders rhetorische Frage, bevor sein zielgruppenkonformes Fazit den letzten donnernden Applaus erntet: „Wir müssen alles unternehmen, um einen qualifizierten Wohlstand in Deutschland zu erhalten – und das geht nur über den Mittelstand.“

„Der Süden steht an Ihrer Seite“, versichert Joachim Rudolf zum Ende der Veranstaltung, die dann mit Netzwerk-Gesprächen bei Wein und Fingerfood ausklingt. Und Markus Söder bedankt sich bei seinem Publikum: „Das war hier deutlich freundlicher als bei Markus Lanz.

Wer ist der Wirtschaftsrat?

Organisation
 Der CDU-nahe Lobby- und Berufsverband ist 1963 zunächst unter dem Namen „Zusammenschluss deutscher Unternehmer“ auf berufsständischer Basis gegründet worden. Anders als etwa die Mittelstands- und Wirtschaftsunion hat der Wirtschaftsrat nicht den Status einer Vereinigung oder Unterorganisation der Union.

Mitglieder
 Laut eigener Darstellung repräsentiert der Landesverband mit seinen 2600 Unternehmern wie kein anderer Verband den mittelständisch geprägten Branchenmix Baden-Württembergs. In 27 Regionen würden pro Jahr rund 300 wirtschaftspolitische Veranstaltungen organisiert.