Beamte bekommen bald mehr Geld. Dass das teure Vorhaben umgesetzt wird, liegt an den Kommunalwahlen im Mai. Die rund 321 000 Beamten und Versorgungsempfänger machen etwa 4,4 Prozent der Wahlberechtigten in Baden-Württemberg aus.

Stuttgart - Des einen Freud, des anderen Leid. Erstmals seit langem werden die Beamten voraussichtlich zur gleichen Zeit eine Gehaltserhöhung erhalten wie die Angestellten im Öffentlichen Dienst. In früheren Jahren wurde die Übertragung oft verzögert, um Geld zu sparen.

 

Vorschlag der Finanzministerin

Die Bezahlung aller Beschäftigten – Beamte, Angestellte und Arbeiter – soll in drei Stufen erhöht werden: rückwirkend zum 1. Januar 2019 und zum 1. Januar 2020 um jeweils 3,2 Prozent, zum 1. Januar 2021 um 1,4 Prozent. Diese Erhöhung muss noch im Kabinett und im Landtag beschlossen werden, weil davon der Landeshaushalt betroffen ist. Sie gilt auch für die Richter, Pensionäre und für Kommunalbeamte.

Auswirkungen auf den Landeshaushalt

Nach Berechnungen des Ministeriums sind für höheren Angestelltengehälter für die Jahre 2019 bis 2021 rund 690 Millionen Euro nötig. Wird der Tarifabschluss zeitgleich und systemgerecht auf die Beamten übertragen, kostet das für die drei Jahre 2,65 Milliarden Euro – macht insgesamt 3,34 Milliarden Euro zusätzlich. Das sind etwa 900 Millionen Euro mehr, als im Haushalt 2019 und in der mittelfristigen Finanzplanung für 2020 und 2021 vorgesehen sind.

Entwicklung der Personalausgaben

Der Haushaltsplan sieht 2019 Ausgaben in Höhe von 52 Milliarden Euro vor, davon 17,4 Milliarden Euro für Personal. Vor zehn Jahren waren es 13,6 Milliarden, 2021 rechnet das Ministerium mit 19,5 Milliarden. Weil in den nächsten Jahren viele Beamte in den Ruhestand gehen, werden die Personalausgaben deutlich steigen. Angesichts der hohen Steuereinnahmen in den vergangenen Jahren ist das derzeit machbar, könnte aber schwierig werden, falls die Einnahmen langsamer steigen – oder wie nach der Finanzkrise 2008 sinken würden.

Politischer Druck

Grüne und CDU stehen unter Druck – und in Konkurrenz. Im Mai sind Kommunal- und Europawahlen, und die rund 321 000 Beamten und Versorgungsempfänger machen etwa 4,4 Prozent der Wahlberechtigten in Baden-Württemberg aus. Innenminister Thomas Strobl (CDU), zuständig auch für die Beamten, hat während der Tarifverhandlungen Finanzministerin Sitzmann (Grüne) aufgefordert, sich für einen guten Abschluss einzusetzen, CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart forderte nach dem Tarifabschluss, die Ergebnisse „systemgerecht“ auf die Beamten zu übertragen. Grünen-Politikerin Sitzmann weiß bestens, wie sich verärgerte Beamte anhören. 2012 wurden sie und Ministerpräsident Winfried Kretschmann anbei einem Beamtentreffen ausgepfiffen, weil das Land die Anpassung verzögerte und Einschnitte bei der Beihilfe vornahm. Inzwischen hat sich das Verhältnis entspannt – und das will niemand gefährden. Denn voraussichtlich im März 2021 ist die nächste Landtagswahl.

Steuerzahlerbund skeptisch

Aus Sicht des Steuerzahlerbundes würde eine verzögerte Anpassung der Beamtenbesoldung wie in früheren Jahren die beamten nicht benachteiligen. Denn mit der Tariferhöhung müssen Angestellte auch höhere Sozialabgaben bezahlen, sofern ihr Gehalt unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt. Bei Beamten sei das nicht der Fall. „Bei einer Eins-zu-eins-Übertragung des Abschlusses auf die Beamtenschaft würde der Netto-Gehaltsunterschied zwischen Beamten und Angestellten größer werden.“ Auch bei den Pensionären wirke sich die Anhebung deutlich stärker aus, weil die Pensionen und damit die Zuwächse deutlich höher sind. Ein Pensionär im höheren Dienst (A 13) bekommt eine Pension von rund 3800 Euro – bei einer Erhöhung um 3,2 Prozent steigt sie um 122 Euro. Ein Rentner aus der gleichen Besoldungsgruppe erhielte bei einer Rentenerhöhung um 3,2 Prozent hingegen nur 61 Euro mehr, weil seine Rente etwa 1900 Euro beträgt.

Verhandlungen

In den nächsten Wochen führt das Finanzministerium mit dem Beamtenbund und den Gewerkschaften Gespräche über die konkrete Umsetzung. Diese wollen außerdem erreichen, dass die wöchentliche Arbeitszeit der Beamten – 41 Stunden – der Arbeitszeit der Angestellten – 39,5 Stunden – angeglichen wird. Zudem sollen die Kürzungen bei der Beihilfe rückgängig gemacht und Mitarbeiter in den unteren Besoldungsgruppen höhergestuft werden.

Schuldenbremse

Im kommenden Jahr tritt die Schuldenbremse in Kraft. Dann darf das Land keine zusätzlichen Kredite mehr aufnehmen – außer im Fall einer schweren wirtschaftlichen Krise oder Naturkatastrophe. Wegen der neu hinzukommenden, noch nicht eingeplanten Personalausgaben werden bei den bevorstehenden Beratungen für den Doppelhaushalt 2020/21 die Spielräume enger. Mehrere Ministerien sehen Bedarf für zusätzliche Stellen – etwa für Schulen, Polizei oder Justiz. Das dürfte allerdings sehr schwierig werden.