Der baden-württembergische Beamtenbund hat zu einem konstruktiven Gespräch mit der grün-schwarzen Landesregierung zurückgefunden. Dennoch will Landesbund-Vorsitzende Kai Rosenberger weiterhin für eine Aufwertung der niedrigen Besoldungsgruppen kämpfen – in Karlsruhe.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Der Beamtenbund-Vorsitzende im Land, Kai Rosenberger, ist voll des Lobes: „Wirklich vertrauensvoll und konstruktiv“ sei die Atmosphäre des jüngsten „Kamingesprächs“ am Donnerstagvormittag gewesen. Das Staatsministerium unter neuer Leitung von Florian Stegmann habe wie das Finanzministerium (vertreten durch Ministerialdirektor Jörg Krauss) und das Innenministerium (Reinhard Klee) „großes Interesse an einem fairen Umgang mit den Beamten geäußert“. Daher sollen die noch unter Rosenbergers Vorgänger Volker Stich eingeführten vertraulichen Kamingespräche in Abständen von drei bis vier Monaten fortgesetzt werden.

 

Als Beleg für den guten Willen wertet Rosenberger die Absicht der Landesregierung, dass sie nach dem Verfassungsgerichtsurteil zur abgesenkten Eingangsbesoldung eine Rückzahlung gekürzter Beträge auch für die Jahrgänge 2013 und 2014 vornehmen will, ohne sich auf eine Verjährung zu berufen. Zwingend muss dem Urteil zufolge ohnehin die Eingangsbesoldung für Berufseinsteiger in den Jahren 2015 bis 2017 korrigiert werden. Erst in den letzten Tagen haben die beteiligten Ministerien einen freiwilligen, weitergehenden Ausgleich bis einschließlich 2013 beschlossen – unabhängig davon, ob die Betroffenen Widerspruch eingelegt haben oder nicht.

Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) hatte dies am Mittwoch im Landtag vorgeschlagen und will die Sache bald ins Kabinett bringen. Die Nachzahlungen für alle tangierten Beamten und Richter für die Jahre 2013 bis 2017 würde nach ersten Berechnungen mehr als 210 Millionen Euro kosten, die im Haushaltsvollzug 2019 auszuzahlen wären.

Freiwillige für Musterklagen gefunden

Rosenberger weiß dies zu schätzen – wunschlos glücklich ist er damit aber nicht. Schon Ende September hatte er gegenüber unserer Zeitung eine Verfassungsklage angekündigt, um der Forderung nach Aufwertung der niedrigen Besoldungsgruppen A5 bis A7 Nachdruck zu verleihen. Wissenschaftler bestätigen, dass die Bezahlung in diesen Gruppen bei zwei oder mehr Kindern verfassungswidrig sein könnte – gerade in Großstädten mit hohen Lebenshaltungskosten. Das von Karlsruhe aufgestellte Abstandsgebot von 115 Prozent des sozialhilferechtlichen Existenzminimums werde speziell bei Beschäftigten verletzt, die von 2013 an verbeamtet wurden.

Der Beamtenbund hat vor, das gerichtlich überprüfen zu lassen. Er hat daher Daten „von einer kleinen zweistelligen Anzahl“ Betroffener gesammelt, die schon Widerspruch gegen die Besoldung im Jahr 2018 eingelegt haben und bereit sind, Musterklagen einzureichen. Der Großteil – etwa Wachtmeister oder Strafvollzugsbedienstete – stammt aus dem Justizbereich. Benötigt werden noch Vergleichsdaten vom Statistischen Landesamt. Denn für den Erfolg des Vorgehens kommt es vor allem auf die Besoldungsgruppe, die Erfahrungsstufe, den Familienstand, die Kinderzahl oder auch den Wohnort des Betroffenen an. Wo man sich die größten Aussichten verspricht, will der Beamtenbund klagen. Doch wird sich die Vorbereitung noch ein paar Monate hinziehen.

Keine Belastung der Atmosphäre erwartet

Dass die Gesprächsatmosphäre künftiger Kamingespräche dadurch gestört wird, glaubt der Landesbund-Chef nicht. Einerseits hätten die beteiligten Ministerien ebenso die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Dienstes „im Fokus“, insbesondere was MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) und die unteren Besoldungsgruppen angeht. Andererseits erwartet er Verständnis dafür, dass es das gute Recht einer Gewerkschaft sei, Gesetze überprüfen zu lassen, wenn sie die Beschäftigten verfassungswidrig beschränken.