Der Tarifabschluss löst neue Konflikte aus. Der Beamtenbund Baden-Württemberg fordert die sofortige Umsetzung der Lohnerhöhung. Selten hat eine Tarifeinigung im öffentlichen Dienst so viel Streit hervorgerufen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Selten hat eine Tarifeinigung im öffentlichen Dienst so viel Streit hervorgerufen. So fordert der Beamtenbund in Baden-Württemberg von der grün-roten Koalition mit noch mehr Nachdruck eine „Eins-zu-eins-Übernahme“. Das heißt: die in Potsdam für alle Länder (außer Hessen) vereinbarten Lohnsteigerungen von 2,1 und 2,3 Prozent über 24 Monate sollen sofort und inhaltsgleich auf die Beamten im Südwesten übertragen werden.

 

„Zwingt mich nicht, nach Karlsruhe zu ziehen“, warnte der Landesbund-Chef Volker Stich die Landesregierung gegenüber der Stuttgarter Zeitung. Denn dies wäre ein besonderes politisches Signal kurz vor der Landtagswahl Mitte März nächsten Jahres. Wenn Grün-Rot das Besoldungsplus um zwölf Monate bis März 2016 verschieben wolle, „hätten wir eine Nullrunde – dann müssen wir wahrscheinlich ran mit einer Verfassungsklage“. Eine gütliche Regelung sei angesichts der Tarifsteigerungen nur noch denkbar, wenn es keine Verzögerung gebe. Alle Regierungen in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) hatten zuvor ihrem Verhandlungsführer, Jens Bullerjahn (SPD), grünes Licht gegeben. Die Arbeitgeber seien sich des Kostenpakets für die Beamten also bewusst gewesen, argumentiert Stich. Die Regierung in Rheinland-Pfalz habe sich bereits auf eine zeit- und inhaltgleiche Übertragung festgelegt.

Hat die Landesregierung bereits einen Plan?

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte jüngst mehrfach angedeutet, dass er sich nach der Tarifeinigung mit dem Beamtenbund und dem Gewerkschaftsbund im Land an einen Tisch setzen wolle. Stich sieht vor allem in der Grünen-Fraktion Widerstand gegen eine „Eins-zu-eins-Übernahme“. Er geht davon aus, dass die Landesregierung bereits einen Plan habe.

Während die Gesamthöhe der in Potsdam vereinbarten Gehaltsstufen im Gewerkschaftslager mit Wohlwollen aufgefasst wurden, konnte trotz intensiver Vorarbeiten eine große Hürde der Tarifrunde nicht beseitigt werden. Denn die Bildungsgewerkschaft GEW akzeptiert lediglich einen Teil des Abkommens und will weiter für eine eigene Entgeltordnung sowie die finanzielle Verbesserung der bundesweit 200 000 angestellten Lehrkräfte kämpfen. Selbst Streiks in einzelnen Ländern wie Berlin und Sachsen werden erwogen.

Die Bildungsgewerkschaft ist auch nicht zufrieden

Die Arbeitgeber hatten lediglich einen Einstieg in die Entgeltordnung mit stufenweisen Anhebungen der Lehrergehälter um jeweils 30 Euro angeboten. Dies wurde vom Beamtenbund akzeptiert – nicht jedoch von der GEW, mit der Verdi wiederum sich solidarisch zeigt. Somit gibt es erstmals zwei voneinander abweichende Vertragsregelungen für die Tarifgemeinschaft des öffentlichen Dienstes. Der GEW-Verhandlungsführer Andreas Gehrke rügte, dass die TdL keine Aufwertung der Lehrkräftebezahlung wolle, sondern an einer Ankopplung an die Landesbeamtengesetze festhalte. „Damit werden Ungerechtigkeiten noch per Tarifvertrag festgeschrieben.“